Dahme-Spreewald: Corona hat die Integration von Flüchtlingen zurückgeworfen

Die Integration von Flüchtlingen und Migranten ist in den vergangenen Jahren im Landkreis Dahme-Spreewald mit einem Aufwand betrieben worden, wie in kaum einem anderen Landkreis in Brandenburg. Die Corona-Zeit hat aber auch auf diesem Gebiet ihre Spuren hinterlassen, wie aus dem aktuellen Integrationsbericht hervorgeht, der dieser Tage veröffentlicht wurde. Der Bericht zeichnet ein durchwachsenes Bild des Corona-Jahres. „Es war ein Jahr mit vielen Herausforderungen“, fasst die Integrationsbeauftragte des Landkreises, Antje Jahn, zusammen. Vieles habe man neu- und umdenken müssen, und nicht für jedes Problem habe man bisher eine Lösung gefunden. Dabei gibt es durchaus gute Nachrichten. So konnten gerade wegen der Corona-Krise deutlich mehr Geflüchtete in Arbeit vermittelt werden als erwartet. Der Grund: Die Logistik-Branche hatte einen enormen Fachkräftebedarf. So bekamen auch Geflüchtete einen Job, die normalerweise keine Chance gehabt hätten. Zudem sei auch die coronabedingte Arbeitslosigkeit niedrig gewesen, weil eben viele Migranten in der Logistik-Branche tätig sind. Knapper Markt ermöglicht Aufstieg in besser bezahlte Jobs: Der Bedarf nach einfachen Tätigkeiten sei aber auch in anderen Branchen hoch. Deshalb gelinge vielen Geflüchteten trotz Corona zunehmend der Aufstieg von der Zeitarbeit in Festanstellungen, heißt es im Bericht. Sie arbeiten etwa bei Reinigungsfirmen, und wechseln von dort aus weiter in besser bezahlte Jobs. Ein zweites erfreuliches Ergebnis sei der Ausbildungsmarkt. 28 Migranten, die der Landkreis 2016 und 2017 in Ausbildung vermittelt hat, werden bis Ende Januar ihre Lehre abgeschlossen haben. Die meisten davon haben ihren Gesellen- oder Facharbeiterbrief bereits in der Tasche. „Wir sehen auch, dass viele Firmen dem inzwischen positiv gegenüberstehen, auch viele Handwerker wollen Migranten ausbilden“, sagt Antje Jahn. Das scheitere dann aber oft am fehlenden Wohnraum. „Das ist eines unserer größten Problem“, so die Beauftragte. „Wenn jemand in Luckau eine Lehre machen will aber in Schönefeld wohnt, dann funktioniert das nicht, weil es im gesamten Landkreis kaum kleine Wohnungen gibt, die sich ein Azubi leisten kann.“ Wenn es denn aber gelingt – etwa dadurch, dass die Unternehmer selbst Wohnungen zur Verfügung stellen – sei die Erfolgschance inzwischen hoch. Bei den jetzt fertigen Gesellen etwa sei zu erwarten, dass alle eine Aufenthaltserlaubnis über das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz erhalten. Größte Probleme beim Spracherwerb: Als deutlich komplizierter stellte sich im vorigen Jahr hingegen alles dar, was mit Spracherwerb zu tun hatte. „Vor allem die Kinder in den Unterkünften haben gelitten“, sagt Antje Jahn. Wegen Corona konnten sie weder in die Kita noch in die Schule gehen. Sie blieben in ihren Zimmern und ihren Familien, andere soziale Kontakte und damit der Zugang zur deutschen Sprache fehlten. Da die meisten auch keine Computer haben, war Online-Schooling auch kaum möglich. Der Landkreis habe versucht, Abhilfe zu schaffen, sagt Antje Jahn. Bislang scheiterten diese Versuche aber, weil es entweder keinen Platz in den Unterkünften für separate Computerräume gab, oder es nicht möglich war, schnell und unkompliziert an die nötigen Rechner zu kommen. Auch bei den Erwachsene sei Spracherwerb das größte Problem gewesen. Alle Sprachkurse wurden im April für mehrere Monate gestoppt. Versuche, die Kurse als Video-Konferenzen anzubieten, scheiterten, weil den Migranten oft die nötige technische Ausrüstung fehlte oder weil Online-Sprachkurse überhaupt erst ab einem hohen Sprachniveau funktionieren. Insgesamt seien deshalb deutlich weniger Teilnehmer geschult worden als geplant. Da auch ehrenamtliche Helfer nicht mehr in die Heime kamen, sei ein Austausch auf Deutsch für viele quasi unmöglich gewesen. „Und wenn man beim Sprechen niemanden hat, der korrigieren oder nachjustieren kann, dann ist das Lernen schwierig“, so Antje Jahn. Ohne Kontakte ist Integration kaum möglich: Damit seien zahlreiche Kinder und Erwachsene in ihrer sozialen und sprachlichen Integration wieder zurückgeworfen worden, heißt es im Bericht. Das Fazit: Ohne soziale Kontakte, ohne persönliche Gespräche, Präsenz-Sprachkurse, Kita-Kontakte oder Schulfreundschaften sei eine gelingende Integration kaum möglich. Ob es in diesem Jahr anders wird, lässt sich kaum vorhersagen. Aktuell sind die Schulen weiterhin zu, die Sprachkurse sind wieder eingestellt, Beratungsangebote gibt es nur eingeschränkt. Immerhin: Die Zahl derer, die aktuell neu im Landkreis aufgenommen und damit auch integriert werden müssen, ist derzeit überschaubar. Im vergangenen Jahr waren es rund 220 Personen. Das ist nur gut die Hälfte der normalen Zuweisung aus der Zeit vor 2015. Von Oliver Fischer