Dahme-Spreewald: Fürstenwalder Stefan Wichary soll Saß-Nachfolger als Beigeordneter werden

Im Dezember kassierte Stephan Loge eine herbe Schlappe: Der Kreistag ließ seinen Top-Kandidaten für den freien Beigeordneten-Posten, Thomas Drescher, in zwei Abstimmungen durchfallen. Nun will der Landrat am 17. Februar einen neuen Versuch wagen – mit einem anderen Kandidaten. Diesmal wird er Stefan Wichary ins Rennen schicken. Der ist –anders als Thomas Drescher – in der Region bislang unbekannt. Das kann, wie man am Abstimmungsergebnis beim jüngsten Versucht sieht, durchaus ein Vorteil sein. Wichary, 41 Jahre alt, ist wie Drescher ein erfahrener Verwaltungsmann. Er stammt aus Fürstenwalde, studierte Jura, arbeitete anschließend mehrere Jahre lang an verschiedenen Hochschulen als Honorardozent und begann 2012 eine Karriere in der Bundesfinanzverwaltung, die ihn zeitweilig ins Finanzministerium und nach Brüssel führte. 2018 kehrte er aber wieder zurück in seine Heimatstadt Fürstenwalde, wo er seither als Erster Beigeordneter unter anderem für öffentliche Ordnung, Familie, Kitas und Sport zuständig ist. Ein Bereich, der ähnlich geschnitten ist wie die Beigeordneten-Stelle, die nach dem Ausscheiden von Carsten Saß im Lübbener Landratsamt besetzt werden muss. Erfahrung als Beigeordneter und im Krisenstab: Die Stelle in Lübben sei daher reizvoll, sagt Stefan Wichary, zumal er auch Teil des Corona-Krisenstabs sei und deshalb enge Kontakte mit der Kreisverwaltung und dem Gesundheitsamt des Landkreises Oder-Spree pflege. „Als ich die Ausschreibung gesehen habe, habe ich mich sofort beworben“, sagt Wichary und betont, dass es seine einzige Bewerbung war. Das ist erwähnenswert, weil man Wicharys Bewerbung – auch wenn er so nicht formulieren will – durchaus als eine Flucht nach zwei Jahren im Fürstenwalder Rathaus begreifen kann. Die politische Situation in Fürstenwalde ist vergleichbar mit der in Königs Wusterhausen. Auch dort ist sind die politischen Verhältnisse völlig eskaliert, es gibt heftige Auseinandersetzungen zwischen der Mehrheit der Stadtverordneten und dem Bürgermeister. Allerdings sind in Fürstenwalde auch noch die Rathausmitarbeiter involviert, die sich zu einem Großteil öffentlich gegen den Bürgermeister stellen, während der Bürgermeister im Gegenzug öffentlich gegen seine Rathausbelegschaft feuert. Zerwürfnis mit Fürstenwalder Bürgermeister: „Als der Bürgermeister ohne Verwaltungs- und Führungserfahrung ins Amt gewählt wurde, bin ich von verschiedenen Seiten angesprochen worden, ob ich mich nicht als Beigeordneter bewerben will“, erzählt Wichary. Er selbst sei parteipolitisch ungebunden und habe damals mit Ruhe und Sachverstand eine moderierende Rolle einnehmen wollen. „Das hat eine Zeit lang auch funktioniert, ich konnte mir Respekt und Vertrauen auf allen Seiten erarbeiten“, so Wichary. Ab Herbst vorigen Jahres sei die Situation aber völlig eskaliert. Es kam auch zu öffentlichen Auseinandersetzungen zwischen Bürgermeister und Beigeordnetem, das Verhältnis gilt als hoffnungslos zerstört. „Für viele in der Fürstenwalder Kommunalpolitik wird meine Bewerbung deshalb nicht überraschend kommen“, sagt Wichary. In den kommenden Tagen will er sich nun den interessierten Kreistagsfraktionen vorstellen. Am 17. Februar muss er die Mehrheit der Kreistagsmitglieder von sich überzeugen. Beigeordneter auf acht Jahre gewählt: Als Beigeordneter wäre Wichary dann auch einer der Stellvertreter des Landrats. Deshalb muss ein Beigeordneter – anders als ein Dezernent – auf acht Jahre gewählt werden. Carsten Saß hatte das Amt des Beigeordneten und Sozialdezernenten für 16 Jahre inne. Für eine erneute Wiederwahl stand er aber aus persönlichen Gründen nicht mehr zur Verfügung. Da der Kreistag Thomas Drescher wohl vor allem aus politischem Kalkül durchfallen ließ, ist der Posten aktuell unbesetzt. Das ist vor allem deshalb misslich, weil damit mitten in der Pandemie der Gesundheitsdezernent fehlt. Von Oliver Fischer