Eichwalde: Saskia Sellnau leitet seit einem Jahr den Gemischten Chor

Saskia Sellnau schaut freundlich in die Runde. Sie begrüßt jeden neu Hinzugekommenen auf dem Bildschirm, lässt ein wenig Zeit für Gespräche. Es sind viele ältere Sängerinnen und Sänger. Saskia Sellnau ist mit 39 Jahren die Jüngste. Sie leitet seit knapp einem Jahr den Gemischten Chor Eichwalde, dem sie bereits mit 13 Jahren beigetreten ist. Seit mehr als 26 Jahren gehört sie schon zum Chor: „Mit zwei befreundeten Sängerinnen bin ich 1994 irgendwie hier reingerutscht. Dann saß ich in der Chorprobe. Es machte mir einfach Spaß und ich dachte, hier gehe ich nicht mehr raus“, erinnert sich die junge Frau. Hat sie sich vorstellen können, dass sie eben diesen Chor einmal leiten würde? „In keinster Weise. Ich bin eher introvertiert“, sagt sie und lächelt. Damals dirigierte Marlis Krägel den Chor. Als die Leiterin einer kleinen Chorgruppe aufhörte, bat Krägel Saskia Sellnau, diese Aufgabe zu übernehmen. „Die erste Probe war für mich fürchterlich. Ich wusste nicht, wie ich den Chor zum Singen bringe und wie ich meine musikalischen Vorstellungen vermittle.“ Die damals 28-Jährige belegte Kurse und Seminare und entwickelte ihre „Technik“. Parallel spielte sie im Instrumentalensemble mit, das 2008 anlässlich der Festivitäten des 80. Chorjubiläums ins Leben gerufen worden war. „Während der Feier damals hat es allen so gut gefallen, dass wir weitermachen wollten. Aus den einst sieben Mitgliedern sind heute 20 geworden“, stellt Saskia Sellnau zufrieden fest. Je mehr Musiker es wurden, um so lauter wurde der Ruf nach einem Dirigenten, einer Dirigentin. Wieder fragte man sie. Saskia Sellnau hörte 2011 auf, als Orchestermitglied Querflöte zu spielen und übernahm das Dirigat. Gelernt, wie sich Online-Singen gut organisieren lässt: Nachdem die Sängerinnen und Sänger vor einem Jahr ohne Leiter waren, kam man wieder auf die engagierte junge Frau zu. Da sie schon vorher ab und an für die Stimmgruppenproben zuständig war, traute sie sich das zu und übernahm den Gemischten Chor. „Den kleinen Chor, dessen Mitglieder auch im großen sind, habe ich mittlerweile aufgegeben, sonst hätten wir zwei Chöre mit demselben Klang“, begründet die Leiterin ihre Entscheidung. Rückblickend auf ihr erstes Jahr beim Gemischten Chor Eichwalde meint sie: „Ich hatte so viel vor, war so motiviert und dann kam nach nur neun Proben Corona. Der Chor hatte sich gerade an mich gewöhnt.“ Online-Proben seien kein Ersatz für Präsenzproben, aber es sei besser als nur Hausaufgaben, die Saskia Sellnau auch per Mail herumschickt. „Man kann online nicht gleichzeitig singen. Das liegt an der Latenz. Die Töne kommen nicht gleichzeitig an. Das ist das Problem. Deshalb bin ich Alleinunterhalter, singe was vor, stelle alle auf stumm und jeder singt für sich“, erläutert die Chorleiterin. Natürlich fehle der gemeinsame Chorklang. Deshalb bat die aktive Frau jeden, selbstständig ein geprobtes Lied aufzunehmen, und schnitt die Stimmen zusammen. Dabei und bei den Bildschirmproben kommt ihr unter anderem ein Seminar des Landesmusikrates zum Online-Singen zugute. Studiert hat sie aber nicht Musik, sondern Japanologie: Nachdem der Chor in kleinen Besetzungen in der Patronatskirche im Sommer proben durfte – Vereinsvorsitzender Stephan Reimann hatte ein Hygienekonzept entworfen – und eine Firma einen Gastzugang ermöglichte, mit dem die Probe für Abwesende online übertragen wurde, kam erneut ein Lockdown. „Mein Ziel ist es, den Chorklang über Corona hinüberzuretten und vor allem die Gemeinschaft zusammenzuhalten. Da muss das Künstlerische auch mal hintenanstehen“, stellt Saskia Sellnau klar. Die junge Frau lebt seit ihrem dritten Lebensjahr in Eichwalde. Mit acht Jahren begann sie Blockflöte zu spielen und mit 14 wechselte sie zur Querflöte. Sie hatte Unterricht an einer Berliner Musikschule, spielte in einem Flötenquartett und gibt auch heute ab und an Konzerte. Unter anderem sang sie im Chor des Eichwalder Gymnasiums. Die Leidenschaft für Musik spielte und spielt eine wichtige Rolle in Saskia Sellnaus Leben. Doch das Singen und Flöten sollten ein Hobby bleiben, deshalb entschied sich Saskia Sellnau, Japanologie zu studieren, da sie auch Sprachen liebt. Interessierte können mitmachen: „Ich bin mit dem Chor erwachsen geworden und schätze sehr die Gemeinschaft der Leute, die ist mir sehr wichtig“, stellt sie rückblickend fest. Für die Zukunft wünscht sie sich weitere Sängerinnen und Sänger für den Gemischten Chor. So lange warten, bis die Proben montags in der Alten Feuerwache wieder möglich sind, möchte sie aber nicht. „Wer Lust hat, unkonventionell allein zu Hause zu singen, ist bei unseren Online-Proben ist herzlich willkommen“, lädt sie deshalb Interessierte ein. Die Online-Chorprobe beginnt montags um 18.30 Uhr, die Online-Orchesterprobe beginnt dienstags um 16.30 Uhr. Kontakt und weitere Informationen zum Chor gibt es unter https://choreichwalde.de. Von Heidrun Voigt