Glasfront am BER ist für viele Vögel tödlich

Der kleine Eisvogel hat es nicht geschafft: Er liegt tot auf dem Boden. Wie ihm geht es vielen anderen Vögeln, die seit Errichtung des BER immer wieder gegen die große Glasfront des Hauptgebäudes fliegen – und den Aufprall oftmals nicht überleben. „Uns erreichen Zuschriften, die über das Maß des Tolerierbaren hinausgehen“, sagt Claudia Wegworth. Die Vogelschutzexpertin des BUND Berlin beobachtet die Situation am BER schon länger, seit der Eröffnung des Flughafens war sie selbst mehrfach vor Ort. Und sie sammelt Fotos und Hinweise von toten oder verletzten Vögeln. So auch das Bild des Eisvogels, das ihr vom Schriftsteller und Journalisten David Wagner zugespielt wurde. Zuvor hatte der Berliner Kurier darüber berichtet. Vögel können Glas nicht erkennen: „Vögel können Glas nicht sehen“, erklärt Wegworth. Entweder würden sie durch das Glas hindurchsehen – und ein Ziel dahinter anpeilen. Oder aber durch die Spiegelung annehmen, dass sich dahinter eine Landschaft befinde. „Und am Flughafen ist ziemlich viel Glas“, sagt sie. Zwar sei der BER nicht das einzige Gebäude mit einer großen Glasfront. Die Schätzungen, wie viele Vögel bundesweit durch Glasfassaden sterben, würden weit auseinander gehen. Doch selbst die vorsichtigste Schätzung gehe von 18 Millionen toten Vögeln im Jahr aus. „Das ist ein grundsätzliches Problem“, sagt Wegworth. Glasfront nicht nur am BER tödlich: Das sieht auch Manuela Brecht vom Nabu Brandenburg so. Allerdings sei der BER ein prominentes Beispiel für dieses Problem. Die Naturschutzreferentin wird sogar noch deutlicher: „Das ist ein Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz.“ Es sei zwingend notwendig, nun zu handeln. Ihre Forderung: Das Anbringen von wirksamen Folien künftig direkt in die Bauordnung einarbeiten. „Wir haben einfach gemerkt, dass Freiwilligkeit nichts bringt“. Lesen Sie auch: Nabu: Immer weniger Störche in Brandenburg Beide sind sich einig, dass der BER kein Einzelfall ist – allerdings kritisiert Wegworth, dass man im Falle des neu gebauten Flughafens hätte eingreifen können. „Dieses Gebäude ist seit 14 Jahren im Bau, innerhalb der Bauzeit hätte man umdenken können.“ Denn spätestens seit 2012 sei das Problem bekannt gewesen. „Da gab es bereits einen Massenanflug.“ Auch geschützte Vogelarten betroffen: Und seit dem vergangenen Oktober häuften sich dann die Indizien: Da ging der BER in Betrieb – und mit ihm kamen Menschen, die BUND und Nabu auf das Problem hinwiesen. Wegworth selbst zählte mehrfach Anprallspuren und Federreste. Ein guter Teil der verletzten und verendeten Vögel seien Haustauben, sagt sie. Die seien zwar nicht geschützt – ihre Spuren allerdings ein „Alarmzeichen“. Denn nicht nur Tauben sind betroffen. Ob Singdrossel oder Waldkauz: „Darunter waren auch eindeutig geschützte Arten,“ So auch der Eisvogel. Und Wegworth sieht noch ein weiteres Problem: „Kleinere Vögel wie Amseln oder Rotkehlchen hinterlassen nicht viel“, sagt sie. Durch die fehlenden Spuren fallen sie also eventuell durchs Raster. Wegworth fordert deshalb ein „systematisches Monitoring“. Der BUND habe zusammen mit dem Nabu bereits dem BER ein solches Angebot gemacht. Flughafen BER kennt das Problem: Beim Flughafen ist das Thema bekannt. „Die Flughafengesellschaft nimmt das Problem sehr ernst“, sagt der Pressesprecher Jan-Peter Haack. Allerdings betont auch er, dass dies ein generelles Problem sei, das nicht nur am Flughafen auftrete. Der habe wiederum „zahlreiche Lösungsansätze“ bereits umgesetzt. Haack verweist dabei auf Spikes und Bleche, die im Vorhinein Vögel am Nisten und Aufhalten hindern sollen. Durch die Eröffnung des Terminals seien Kollisionen sowieso verhindert worden, da der laufende Betrieb mit seinen Geräuschen die Tiere abschrecke. Claudia Wegworth sieht das jedoch anders. Der BER ging im Oktober in Betrieb – und viele Vögel zogen gen Süden. „Das Problem ist im Frühjahr wieder da, wenn die Zugvögel zurückkommen.“ Sie fordert, dass der BER nun nachrüstet: Durch Muster auf den Glasscheiben etwas, die die Vögel erkennen können. Dabei würden die bekannten schwarzen Vogel-Aufkleber allerdings wenig bringen. „Damit die helfen, müsste schon alles damit dicht sein“, sagt sie. Vielmehr müsse es ein durchgängiges Muster geben – und zwar von außen. Denn wird es von innen angebracht, kann die Spiegelung weiterhin bestehen. Vogelschutz in Bauordnung aufnehmen: Jan-Peter Haack vom BER verweist darauf, dass dies bereits getan werde – auch außen. „Wir befinden uns bereits in der Testphase mit Folien für die Glasfassaden“. Darauf seien geometrische Formen abgebildet, durch die Vögel das Gebäude erkennen könnten. „Bisher verlaufen die Tests erfolgreich und die beklebten Stellen werden besser von Vögeln erkannt“, so der Pressesprecher. Bei einem erfolgreichen Verlauf werde dann sukzessive nachgerüstet. Dafür habe man sich bereits von Experten beraten lassen, sagt er. Claudia Wegworth und Manuela Brecht hoffen jedoch weiterhin, sich ein ausführlicheres Bild vom Flughafen machen zu können. Bisher konnten sie nur Bereiche dokumentieren, die für alle Besucher sichtbar sind – jedoch nicht darüber hinaus. Für das systematische Erfassen und für das Beraten von Maßnahmen stünden BUND und Nabu weiterhin bereit. Doch noch sei der BER auf das Angebot nicht eingegangen. Von Johanna Apel

Glasfront am BER ist für viele Vögel tödlich - Flughafen will nachbessern