Heideseer Kieze in der Coronakrise: Politiker bitten Land um Hilfe

Es gibt wahrscheinlich keine Gemeinde in Deutschland, in der Kinder- und Jugenderholung und -bildung einen solchen Raum einnimmt, wie in Heidesee. Neun entsprechende Einrichtungen liegen im Gemeindegebiet, mit rund 2500 Betten und mehr als 200 000 Übernachtungen pro Jahr rangiert die Gemeinde im Landesranking der Tourismusziele auf Rang zwölf. Allein die beiden Kieze zählen pro Jahr rund 110 000 Übernachtungen, das Jugendbildungszentrum Blossin ist mit 56 000 Übernachtungen nicht viel kleiner. Das heißt aber auch: diese Einrichtungen sind das gesellschaftliche Herz von Heidesee. Dass die aktuellen Corona-Krise sämtliche touristischen Aktivitäten eingefroren hat, ist deshalb für die Gemeinde schon dramatisch genug. Hinzu kommt aber, dass die Heideseer Einrichtungen noch stärker von der Krise getroffen werden als etwa Hotelketten: Denn wie werden alle von Vereinen getragen, die keine Gewinne und damit auch keine nennenswerten Rücklagen erwirtschaften dürfen. Auch bei den Hilfsprogrammen, die für die Wirtschaft aufgelegt worden sind, werden die besonderen Bedingungen von Vereinen kaum berücksichtigt. „Der Rettungsschirm ist an diesen Vereinen weitgehend vorbeigegangen“, sagt Heidesees Bürgermeister Björn Langner (BfB). Die Folge: alle Einrichtungen sind in ihrer Existenz bedroht. 80.000 Stornierungen, 4,3 Millionen Euro Umsatzeinbußen: Wie dramatisch die Lage ist, zeigen Zahlen, die Christine Schilling, Geschäftsführerin des Kiez Hölzerner See, zusammengetragen hat. Demnach sind allein den Kiezen bis zum 7. April 81.000 Stornierungen für dieses Jahr ins Haus geflattert. Den Umsatzverlust aller Einrichtungen in Heidesee schätzt sie auf 4,3 Millionen Euro. Es stehe auch nicht zu erwarten, dass das Geschäft im Sommer wieder blüht. Rechnungen müssen aber trotzdem bezahlt werden, auch langfristig. Von den knapp 140 Vollzeitstellen – dahinter stehen deutlich mehr Mitarbeiter – sind zwei Drittel aktuell in Kurzarbeit. Aber schon wegen der Stornierungen liegt viel Arbeit an, die getan und bezahlt werden muss. „An uns hängen zudem ja auch die Bäcker, Fleischer und Handwerker der Region, die wir alle momentan nicht beauftragen können. Es ist ein Riesenschlag für die Gemeinde Heidesee, wenn neun solcher Einrichtungen gleichzeitig zur Handlungsunfähigkeit gezwungen sind“, so Christine Schilling. Langner und Scheetz fordern spezielle Hilfsprogramme: Langner und der Königs Wusterhausener Landtagsabgeordnete Ludwig Scheetz (SPD) haben deshalb Anfang der Woche gemeinsam einen Brief an die Landesregierung geschrieben und mit drastischen Worten darauf hingewiesen, dass die Kinder- und Jugendeinrichtungen momentan besondere Hilfen brauchen. „Die aktuelle Situation stürzt diese und viele weitere Einrichtungen in eine schwere Krise“, schreiben Langner und Scheetz. „Ohne Unterstützung der öffentlichen Hand wird das Überleben nicht möglich sein.“ Es sei enorm wichtig, dass Bund und Länder auch an gemeinnützige Trägervereine von Bildungsstätten, Jugendherbergen und Kinder-Erholungszentren denken und spezielle Unterstützungsprogramme auflegen. So müssten etwa die Stornokosten aller Klassen- und Kitagruppenfahrten von Sozial- und Schulbehörden übernommen werden. „Zusätzlich müssten die Einrichtungen unter die Rettungsschirme von Bund und Ländern fallen“, heißt es in dem Brief. Kreis greift Kiezen mit Kredit unter die Arme: „Es ist ein Versuch. Wir müssen es wenigstens probieren“, sagt Björn Langer. „Das ist das mindeste, was ich als Bürgermeister tun kann.“ Zumindest für die Kieze scheint sich tatsächlich auch erste Hilfe anzubahnen. Der Kreistag hat am Mittwoch – allerdings in nicht öffentlicher Sitzung – ein eigenes Hilfsprogramm für die Kieze aufgelegt. „Den Kiezen wird geholfen“, sagt Landrat Stephan Loge. Über Details wurde allerdings vorerst Stillschweigen vereinbart. Lesen Sie auch: Der Tourismus in Dahme-Spreewald in der Corona-Krise Kiez Frauensee gibt vorübergehend alle Tiere ab Von Oliver Fischer

Kieze und Jugendeinrichtungen in Heidesee - Wegen Coronakrise: Politiker bitten Land um Hilfe