Königs Wusterhausen: Beschluss zur Waldrodung für Wohnungsbau vertagt

Es ist eine Gretchenfrage nicht nur in Königs Wusterhausen. Wie viel Grün darf für den Neubau von Wohnungen geopfert werden? Die Stadtpolitiker ringen mit sich und haben ihre Entscheidung zu einem umstrittenen Vorhaben in Zeesen abermals vertagt. In der Schütte-Lanz-Straße sollen in der Nachbarschaft der Kronenhöfe bis zu 100 Wohnungen sowie Betreuungsangebote für Senioren entstehen. Das Rathaus sieht dafür einen großen Bedarf, will deshalb Baurecht schaffen für eine rund 2,6 Hektar große Fläche, die bisher als Waldgebiet ausgewiesen ist. Zwei Drittel davon sollen bebaut werden. Der Investor übernimmt die Planung. Doch Anwohner und Naturschützer wollen den Wald erhalten, sind strikt gegen eine Rodung. Im jüngsten Stadtrat meldeten sich Vertreter einer Anwohner-Initiative zu Wort. „Ich fühle mich betrogen“, sagte Sprecher Peter Berg. Er habe das benachbarte Grundstück vor Jahren gekauft und bebaut im Vertrauen darauf, dass der Wald bleibt. Er warf der Stadtverwaltung vor, die Argumente des Investors übernommen zu haben. Ein weiterer Anwohner beklagte, dass alternative Standorte nicht geprüft worden seien. Zu den Stadtverordneten sagte er: „Sie sind für die Interessen der Bürger da, nicht für die des Investors.“ Das sagt die Investorin: Aber auch Architektin Claudia Bley von der Projektgesellschaft ergriff das Wort. Sie erinnerte daran, dass Stadtpolitiker die Senioren-Wohnanlage einst einstimmig befürwortet hätten. Das Quartier werde auf Vorschlag der Stadt errichtet. Auch sie verwies auf einen erheblichen Bedarf in Königs Wusterhausen. Bley sprach von einer „Demagogie-Kampagne“ gegen das Vorhaben. Für und Wider im Stadtrat: In der Aussprache zum Beschlussantrag für den Abwägungs- und Satzungsbeschluss zur B-Plan-Änderung gab es Für und Wider. Priska Wollein (UBL/UFL) forderte den Erhalt des Waldes. „Als hätten wir nicht genügend Flächen für altersgerechtes Wohnen“, sagte sie. Teresa Nordhaus (Bündnisgrüne) sagte: „Wir brauchen diesen Wald, er ist für das Klima wichtig.“ Die Vorsitzende des Seniorenbeirates, Renate Grupe, sprach sich hingegen für den Neubau aus. Der Beirat unterstütze das Vorhaben. „Der Bedarf an solchen Wohnungen ist wesentlich höher als der Bestand“, sagte sie. Die Lage sei wegen der Nähe zum Stadtzentrum sehr gut. Die Mehrheit des Jugendbeirates steht nach den Worten des Vorsitzenden Lambert Wolff der Waldrodung „sehr negativ gegenüber“, allerdings sehe er auch die Notwendigkeit für Seniorenwohnungen. Empfehlung des Ausschusses: So hin- und hergerissen sind offenbar auch die Stadtpolitiker. Im Votum des Stadtentwicklungsausschusses kommt das zum Ausdruck. Er befürwortete das Vorhaben grundsätzlich mit fünf zu drei Stimmen und einer Enthaltung, empfahl aber eine Vertagung des Beschlusses. Im Ortsbeirat und im Ausschuss solle noch einmal darüber gesprochen werden. Vorsitzender Tobias Schröter (SPD) verwies in der SVV außerdem auf die Empfehlung, an einem Runden Tisch mit allen Beteiligten einen Interessenausgleich anzustreben. So wurde es dann mehrheitlich im jüngsten Stadtrat beschlossen. Der fraktionslose Stadtverordnete Stefan Lummitzsch mahnte in der Diskussion grundsätzlich an, vor künftigen Bauplanungen für Wohnungen oder Kitas zu ermitteln, „wie viel wir wo brauchen“. Das fehle bisher bei solchen Entscheidungen. Von Frank Pawlowski