Märkischer Lamahof: Lamas und Alpakas fehlt in Coronakrise der Auslauf

Ali sucht Streit. Der kleine Alpakahengst mit dem hellbraunen Lockenschopf auf dem Kopf nimmt Anlauf und stürzt sich auf sein Opfer. Der Angegriffene, Lamamännchen Figaro, ergreift panisch die Flucht. Ein paar Meter weiter streiten sich die Lamajungs Figaro und Raban. Die beiden Hengste bäumen sich auf und prallen mit ihren wolligen Oberkörpern gegeneinander. Figaro schnaubt und spuckt vor Wut. „Die streiten sich gerade oft“, erklärt die Inhaberin des Märkischen Lamahofs in Schenkendorf, Anita Selig-Smith, „den Tieren ist langweilig, ihnen fehlt einfach der Auslauf“. Normalerweise laufen ihre Tiere zwei- bis dreimal die Woche Touren, insgesamt bis zu 20 Kilometer, im Sommer wie im Winter. Keine Lamawanderungen mehr in der Coronakrise: Ob Familienwochenende, Wandertag oder Betriebsausflug: Seit Beginn der Coronapandemie machen die Menschen keine Lamaausflüge mehr. Selig-Smiths 50 Lamas und Alpakas verbringen den Großteil der Zeit jetzt in ihrem Gehege in Mittenwalder Ortsteil Schenkendorf, nahe des Stadtrands von Königs Wusterhausen. Ihre letzte Wanderung ist jetzt knapp zwei Wochen her. „Ich darf zur Zeit keine öffentlichen Wanderungen mehr anbieten“, sagt Selig-Smith. Kleine Privattouren für einzelne Familien, die in einem Haushalt leben und in denen niemand zur Risikogruppe gehört, wären im Prinzip noch möglich, wie lange noch, kann im Moment niemand sagen. Vereinzelte Anfragen für Touren bekommt sie nach wie vor. „Das ist mir im Moment jedoch zu heikel.“ Horde Jugendlicher ohne Auslauf: Stattdessen versucht sie so oft es geht, die Tiere selbst auszuführen. Doch ihre Zeit ist knapp. Seit Schulen und Kitas geschlossen haben, muss sich die 43-Jährige zu Hause um ihre beiden Töchter kümmern. Mehrmals am Tag geht Anita Selig-Smith auf die Weide zu ihren Lamas und Alpakas, Füttern und Ausmisten. „Die Tiere hören ja nicht plötzlich auf zu fressen.“ Lesen Sie auch: Die wichtigsten Corona-Infos für LDS im Überblick Die Lamas und Alpakas teilen sich die knapp sechs Hektar große Weide, strikt getrennt nach Geschlechtern. Allerdings grasen die Stuten in Sicht- und Riechweite der Hengste, was die ohnehin angespannte Situation verkompliziert, vor allem für die Männchen, wie Anita Selig-Smith sagt: „Die sind wie eine Horde hormongesteuerter junger Männer, die den ganzen Tag in einem Zimmer verbringen müssen. Irgendwann fangen die Reibereien an.“ Alpakas geben auf der Weide den Ton an: Die Rollenverteilung bei Lamas und Alpakas ist eher traditionell: Weil die Stuten sich um die Aufzucht der Jungen kümmern, sind es vor allem die Männchen, die mit Anita Selig-Smith auf Touren gehen – normalerweise. Jetzt langweilen sie sich und lassen ihre überschüssige Energie aneinander aus. Oft ist dabei klar, wer angefangen hat: Die Alpakas geben auf der Weide den Ton an. Lamas und Alpakas sind zwar eng miteinander verwandt, vom Charakter her unterschieden sie sich jedoch stark. „Im Allgemeinen sind Lamas ruhiger und zurückhaltender, während Alpakas forscher und dominanter auftreten“, erklärt Selig-Smith, „und das, obwohl sie wesentlich kleiner als Lamas sind“. Futter und Unterhalt der Tiere kosten viel Geld: Die Gründe liegen dafür in der Domestizierung. Die sogenannten Neuweltkamele sind uralte Haustierrassen. Vor etwa 5000 Jahren begannen Menschen in Südamerika damit, sie zu züchten, Lamas als Lasttiere, Alpakas vornehmlich als Wolllieferanten. „Die Lamas sollten folgsam, arbeitswillig und belastbar sein, das spielte bei der Alpakazucht kaum eine Rolle“, sagt Selig-Smith. Über die Jahrtausende bildeten die beiden Arten ihre verschiedenen Gemüter aus. Wie viele Unternehmen, steht der Lamahof in Schenkendorf aktuell vor einer ungewissen Zukunft. Selig-Smiths Ausgaben für Futter und Tierararztbesuche laufen auch während der Coronakrise weiter. Einnahmen aus den Wanderungen hat sie im Moment jedoch keine. Noch kann sie die Kosten für Futter und Unterhalt der Tiere von ihren Rücklagen decken, doch in ein paar Monatensieht das womöglich bereits anders aus. „Ich habe mir alles selbst aufgebaut, in dem Hof stecken elf Jahre harte Arbeit“, sagt die Lamahirtin. Seit 1996 züchtet Selig-Smith Lamas und Alpakas, seit 2009 führt sie den Hof in Schenkendorf. Neben ihren Touren verkauft sie in ihrem Hofladen, verkauft Seife und Socken aus Alpakawolle. Doch das ist allenfalls ein Zuverdienst. „Ohne die Touren müsste ich die männlichen Tiere verkaufen.“ Lesen Sie auch: Sechs neue Infektionen – Grenzschließungen belasten Betriebe Coronakrise: Bestatter aus Eichwalde bietet digitalen Abschied an Coronakrise: Filmcaterer bekocht Zeuthen Von Feliks Todtmann

Coronakrise - Märkischer Lamahof: Den Tieren fehlt der Auslauf