Trotz Corona-Krise: Pflegekräfte aus Bosnien landen in Schönefeld

Admir Haseljic ist aufgeregt aber glücklich. Zusammen mit vier Kollegen ist der 36-Jährige aus dem bosnischen Jajce am Dienstag auf dem Flughafen Schönefeld gelandet. In der kommenden Woche hat Haseljic seinen ersten Arbeitstag in der Seniorenresidenz Am Schlosspark in Dahme, Landkreis Teltow-Fläming. Der gelernte Krankenpfleger Haseljic ist einer von vier neuen Mitarbeiter des Berliner Pflegedienstleisters ProCurand. Das Unternehmen hat ihn und seine Kollegen eigens in Bosnien angeworben. Die Arbeitsverträge waren seit Monaten unterschrieben, der Flug gebucht. Ursprünglich sollten sie am 3. April in Deutschland landen. Dann kam die Corona-Pandemie. Kurz vor dem Start wurde der bosnische Luftraum gesperrt: Es folgte eine wochenlange Odyssee durch den deutsch-bosnischen Behördendschungel. Mehrfach musste der Charterflug verschoben werden. Mal fehlte einer bosnischen Behörde ein Papier, dann wurde kurz vor dem Start der Luftraum des Balkanlandes in der Corona-Krise gesperrt. Am Ende organisierte ProCurand einen Bustransfer ins Nachbarland Kroatien und ließ die neuen Mitarbeiter von Zagreb ausfliegen. War es den Aufwand wert? Das tägliche MAZ Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Brandenburg täglich gegen 17 Uhr im E-Mail-Postfach „Es ist sehr schwer, in Deutschland noch Pflegekräfte zu finden. Das Angebot reicht nicht aus, um den Bedarf zu decken“, sagt Christian Deckert, Geschäftsbereichsleiter Personal bei der ProCurand Unternehmensgruppe. Deckert hat den gesamten Einstellungsprozess der bosnischen Pfleger begleitet, vom Vorstellungsgespräch bis zur Einreise. Große Konkurrenz um Pflegepersonal: Der Wettbewerb um gut ausgebildetes Personal ist groß. Krankenhäuser, Pflegeheime, Tagespflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste konkurrieren um Mitarbeiter. Allein ProCurand bietet auf seiner Website über 160 offene Stellen an, bis auf wenige Ausnahmen alle im Pflegebereich. Insbesondere auf dem Land sei es problematisch, Personal zu finden. In Bosnien hingegen sei es schwer, als gelernter Pfleger einen guten Job zu finden, sagt Admir Haseljic. Die Bezahlung sei schlecht, Weiterbildungsmöglichkeiten gebe es keine. „In Bosnien gibt es für mich keine berufliche Perspektive.“ Dass er dafür jetzt in einer südbrandenburgischen Kleinstadt wohnt, stört ihn nicht. „Dahme gefällt mir. Ein kleiner, ruhiger Ort – ich kann mir gut vorstellen, dort zu leben.“ Brandenburg hat die meisten Pflegebedürftigen: In der Bundesrepublik werden in den nächsten zehn Jahren rund 130.000 zusätzliche Pflegekräfte in der Langzeitpflege gebraucht. In Brandenburg ist der Bedarf an Pflegekräften besonders hoch: Laut einer Studie der AOK vom April 2019 ist Brandenburg das Bundesland mit den meisten Pflegebedürftigen. 6,7 Prozent der gesetzlich Versicherten waren 2017 auf Pflege angewiesen, Tendenz steigend. Der Anteil der Pflegepatienten werde sich der Studie zu Folge bis zum Jahr 2050 fast verdoppeln. Der Fachkräftemangel hat ernste Folgen für die Patienten: Viele bekommen keinen Platz in einer Pflegeeinrichtung ihrer Wahl, sei es in der Gegend, in der sie jahrelang gewohnt haben oder in der Nähe von Verwandten. „In all unseren Häusern führen wir derzeit Wartelisten für die Aufnahme neuer Patienten“, erklärt Deckert. ProCurand sucht neue Mitarbeiter gezielt im Ausland: Mit Social-Media-Kampagnen und Zeitungsannoncen sucht ProCurand im europäischen Ausland gezielt nach neuen Mitarbeitern. „Wir betreiben großen Aufwand, um neues Personal zu gewinnen“, sagt Christian Deckert. 2020 will das Unternehmen etwa 100 neue Mitarbeiter im Ausland rekrutieren. Für das Vorstellungsgespräch mit Admir Haseljic im November ist er mit Kolleginnen aus den betreffenden Einrichtungen extra nach Bosnien gereist. Lesen Sie auch: Corona und Seniorenheime: Wie das Virus das Leben verändert hat Die größte Hürde für Admir Haseljic ist die Anerkennung seines bosnischen Berufsabschlusses. Dafür muss er eine sogenannte Kenntnisprüfung bestehen und ein B2-Sprachzertifikat erlangen. Hat er beides, sollte die Anerkennung laut Gesetz nicht länger als vier Monate dauern. Doch die Behörden kämen nicht hinterher, sagt Christian Deckert. „In Berlin warten die Leute teilweise länger als ein Jahr auf ihren Bescheid.“ Lesen Sie auch: Kliniken suchen zur Verstärkung Ärzte unter Flüchtlingen – Tausende melden sich Corona: Notbetreuung für Senioren Diakonie reduziert die Kontakte in der Pflege Von Feliks Todtmann

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