Winter am BER: So werden Flugzeuge in Schönefeld enteist

Es ist rot, das Gemisch aus Glykol und heißem Wasser, das die Maschine von ihrer Eisdecke befreit. Gegen die 60 Grad heiße Flüssigkeit hat das Eis keine Chance. Binnen weniger Minuten ist es geschmolzen. „Und dann kommt die grüne Flüssigkeit“, sagt Sabine Deckwerth. Die Pressesprecherin des BER gewährt Einblicke in die Prozedur, der sich derzeit jedes Flugzeug stellen muss: die Enteisung. Und die hat eine ganz klare Reihenfolge: Erst rot, dann grün. Sobald die rote Flüssigkeit die Maschine vom Eis befreit hat, sorgt eine grüne Mischung aus Seife und Lauge dafür, dass das auch so bleibt. Deckwerth erklärt den Vorgang so: Die grüne Flüssigkeit bedeckt die enteisten Flächen – und verhärtet zunächst. Setzt sich das Flugzeug in Bewegung und bekommt Gegenwind, bricht sie nach und nach ab. Dadurch kann aber gleichzeitig kein neues Eis entstehen – und die Maschine sicher abheben, so Deckwerth. Erst rot, dann grün: 20 Minuten dauert es etwa, bis ein Flugzeug komplett enteist ist. „Elefanten“ am Flughafen BER: Der Winter hat Einzug in Brandenburg gehalten – und diesmal richtig. Der Schnee fällt und fällt, die Temperaturen sind eisig – und die Straßen rutschig und glatt. Was für Auto und Bahn gilt, muss auch am Flughafen „Willy Brandt“ bedacht werden: Der Verkehr kann nur fließen, wenn alles sicher ist. Und dafür, erklärt Deckwerth, kommen die sogenannten „Elefanten“ ins Spiel. Die Maschinen der Firma Vestergaard mit dem Namen „Elephant“ können bis zu 20 Meter in die Höhe ausgefahren werden. Dabei verteilen sie über das ganze Flugzeug die rote und grüne Flüssigkeit mit ihren beweglichen „Rüsseln“ – ganz so, wie es sich für einen Elefanten eben gehört. Schnee und Eis müssen entfernt werden: 24 dieser Elefanten sind derzeit am BER im Einsatz. „Bei diesen Witterungsverhältnissen enteisen wir jede Maschine“, sagt Sabine Deckwerth. Das passiert übrigens, wenn die Passagiere schon im Flugzeug sind. Wie die Flughafensprecherin erklärt, gehen die Passagiere zunächst an Bord, dann wird die Maschine weggeschoben – und danach erst enteist. Doch die Elefanten sind in diesen Tagen nicht die einzigen Maschinen, die derzeit im Einsatz sind. 40 Spezialfahrzeuge des BER sorgen in diesen Tagen dafür, dass Maschinen sicher landen und abheben. Sie streuen, räumen und schaufeln das Rollfeld frei, befreien Start- und Landebahn vom Eis. „Wenn man sich vorstellt, mit welcher Geschwindigkeit Flugzeuge ankommen, müssen sie ja sicher bremsen können“, sagt Deckwerth. Nur 80 Flugzeuge täglich am BER: Für den BER ist es der erste Winter, eine Feuerprobe in Schnee und Eis. Trotz der schwierigen Wetterverhältnisse gebe es derzeit nur „minimale“ Verspätungen, sagt Deckwerth. Durch die Coronakrise sei der Betrieb ohnehin heruntergefahren: Starten und landen normalerweise etwa 800 Flugzeuge an einem Tag, sind es derzeit nur 80 Maschinen. Lesen Sie auch: Die ersten 100 Tage BER im Überblick Die wohl prominenteste Verspätung der vergangenen Tage sei jedoch nicht der Enteisung geschuldet gewesen, sagt Sabine Deckwerth. Dass der FC Bayern München nach seinem Hertha-Spiel am BER festsaß, lag demnach also nicht an der Arbeit der Elefanten. „Die Enteisung ging sogar schneller als geplant“, versichert Deckwerth. FC Bayern München saß fest: Nach 16 Minuten sei das Flugzeug, dass die Bayern am Freitagabend nach Doha bringen sollte, enteist gewesen. Um 23.59 habe der BER das Flugzeug freigegeben. „Aus Sicht des Flughafens war die Maschine startklar“, sagt Deckwerth. Doch dann fehlte die Starterlaubnis. Die werde jedoch von der Flugsicherung erteilt – und die braucht wiederum eine Erlaubnis der Landesregierung, wenn die Anfrage nach 0 Uhr kommt, weil dann das Nachtflugverbot gilt. Die Anfrage kam um 0.03 Uhr, das Ministerium lehnte ab. Auch in den kommenden Tagen soll es klirrekalt werden – und die Straßen glatt. Bis die Temperaturen steigen, werden sie also noch eine Weile zum Einsatz kommen, die Elefanten vom BER. Von Johanna Apel