Dauercamper im Oster-Urlaub im Havelland

Seit vier Jahren hat Jürgen Liebchen seinen Campingwagen auf dem Platz „Am Havelkanal“ stehen. „Nicht Mallorca – nein, jetzt freue ich mich auf meine Oster-Urlaub in Zeestow“, sagt der Berliner und packt seine Taschen aus. Dauercamper dürfen zu Ostern ins Grüne, während sonstige touristische Reisen laut Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburgs Corona bedingt verboten sind. Steuerberater für Corona-Hilfen nötig: Das bedeutet für Campingplatz-Inhaber Michael Gaedicke aber: „60 von den 120 Plätze bleiben zu Ostern leer.“ Erst am Wochenende war wieder sein Steuerberater da und hat den Berg von Formularen für die „angeblich unbürokratische Corona-Hilfe“, so Gaedicke, ausgefüllt. Seinen Verlust bezeichnet er seit Beginn der Krise mit über 100 000 Euro. Die November- und Dezember-Hilfen hätten sie jetzt bekommen, „aber das reicht nicht. Versicherungen, Strom und Banken wollen weiter alle bedient werden.“ Denn gerade die Kurz-Camper, die sonst wie Zugvögel auf der Durchreise von Skandinavien in den Süden unweit der Autobahn Station machen, würden das Geld bringen. Treffpunkt bleibt geschlossen: Außerdem ist seine Lokalität „Zum Campingstübchen“ seit November geschlossen, auch die hätte vor Corona zum guten Umsatz beigetragen. „Selbst die Dauercamper dürfen ihr Bier nicht bei uns kaufen“, so die Campingplatz-Betreiber Michael und Volker Gaedicke. Es lief richtig gut für die beiden, dass „Campingstübchen“ mit selbst gebackenem Kuchen war zu einem beliebten Treffpunkt in Zeestow geworden, nach den ersten zwei Jahren waren sie auch wirtschaftlich zufrieden. Mitarbeiter in Kurzarbeit: Dann musste Familie Gaedicke von ihren vier Angestellten einen im letzten Jahr in Kurzarbeit schicken, ansonsten wurde in der „mauen Zeit“ die Sanitäranlagen im Herren-Bereich saniert: „Eigentlich wollten wir auch die Damen-Duschen schon fertig haben.“ Auch in Ketzin auf dem Campingplatz „An der Havel“ laufen die Vorbereitungen für die Saison. Betreiber Michael Görsch ist mit dem Frühjahrsputz beschäftigt, säubert den Rasen. Die ersten Dauercamper, zumeist aus Berlin, richten sich am Palmsonntag auf den Oster-Urlaub im Havelland ein. Campingstühle und Tische werden aus den Unterkünften geholt, der Wagen geschrubbt. „Meine Dauercamper aus Thüringen und Sachsen werden aber wohl zu Hause bleiben“, erzählt Görsch. Im Sommer boomte das Geschäft: Im letzten Sommer konnte der Ketziner Betreiber durch einen dauerhaft ausgebuchten Platz viel Umsatz, der durch den ersten Oster-Lockdown fehlte, wieder wett machen. „Die Campingplätze in Deutschland haben im letzten Jahr drei Prozent mehr verdient“, sagt Görsch, der hofft, dass er von Mai bis Oktober wieder eine gute Saison abhalten kann und optimistisch bleibt: „Dann werden auch die 50 Freiplätze und der schöne Zeltbereich wieder genutzt.“ Mit den Vorausbuchungen ist er zufrieden. Waren im vorigen Jahr zu Ostern die Sanitäranlagen noch Corona bedingt geschlossen, so wollen die Campingplatz-Betreiber im Havelland Duschen und Toiletten in diesem Jahr offenlassen. Ausgangssperre gilt auch für Camper: „Noch haben wir nichts gehört, dass wir dort den Betrieb einschränken müssen“, sagen Görsch und Gaedicke übereinstimmend. Denn nicht alle Dauercamper hätten auch Vorrichtungen in ihren Wohnwagen und Caravans für die große Toilette. Betraf das Reise-Verbot im letzten Jahr zu Ostern auch noch die Dauercamper, sind Verordnungen in diese Richtung bisher nicht vorgesehen. „Die Ausgangssperren werden wir auf dem Campingplatz aber auch einhalten,“ sagt Gaedicke. Das Land will über Ostern nächtliche Ausgangssperren verhängen. Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen muss der Start in die Saison voraussichtlich auf den 19. April verschoben werden, erzählt Görsch, der eigentlich über Ostern sehr gut gebucht war: „Das muss ich nun im Laufe des Jahres wieder aufholen.“ Dauercamper seit 16 Jahren: Seit 16 Jahren verbringen Michael und Sabine Jende als Dauercamper ihr Leben auf dem Platz in Zeestow. „Wir sind hier auch gemeldet“, sagt Familienoberhaupt Michael. Die Natur und die Atmosphäre auf dem Platz wären einzigartig, Ostern könne kommen, die Eier hängen schon am Baum: „Wir wollen nicht zurück nach Hause nach Berlin-Reinickendorf.“ Und sein Nachbar Jürgen Liebchen, der überzeugte Jahrescamper, freut sich, dass er Ostern in seinem Zweitwohnsitz im Grünen in Zeestow verbringen kann und packt seine mitgebrachten Sachen weiter aus. Von Ulrich Hansbuer