Apotheken setzen auf Abstand und Kundennähe zugleich

Auf dem Boden sind Markierungen angebracht, Pfeile zeigen, in welcher Richtung der Kunde gehen soll. Kreuze auf dem Fußboden weisen darauf hin, wo der Kunde warten soll, damit der nötige Abstand gewährt ist. Im Angesicht der Corona-Krise haben die Apotheken in Falkensee aufgerüstet. Von Plexiglasscheiben an den Verkaufstresen bis hin zu Bodenleitsystemen hat sich das Aussehen in den Apotheken verändert. Durchsichtige Schutzwände: Die durchsichtigen Schutzwände zwischen Kunden und Personal soll als Schutz vor Tröpfcheninfektion dienen und damit das Ansteckungsrisiko minimieren. „Wir haben uns an unseren italienischen Kollegen orientiert“, berichten die Apotheker Hansjörg Fabritz und Ute Weber-Fabritz, Inhaber der Regenbogen-Apotheke in Falkensee. Gearbeitet wird hier hinter Plexiglas, mit Handschuhen und Mundschutz. Zudem haben sie einen Parcours aufgebaut und leiten die Kunden so durch die Apotheke, höchstens fünf Kunden sollen sich gleichzeitig in dem Verkaufsraum aufhalten. „Der Ansturm war schon eine Herausforderung, wir sind förmlich überrannt worden“, erzählt die Apothekerin. Viele Menschen haben sich zu ihren alltäglichen Medikamenten mit Vitaminen und Erkältungsmitteln auf Vorrat eingedeckt. Das sei aber nicht nötig. „Als Apotheke haben wir einen Versorgungsauftrag. Wir sind an sechs Tagen in der Woche plus Notdienst für die Menschen da“, so Weber-Fabritz. Sturm auf Schmerzmittel: Aktuell gäbe es nur Engpässe bei der Lieferung von Desinfektionsmittel, Mund-Nase-Schutzmasken und Paracetamol. Bei dem Schmerzmittel sei es aufgrund einer Fakemeldung zu Hamsterkäufen gekommen. „Wir haben selbst für unser Personal kaum noch Mund-Nase-Schutzmasken, aber wir behelfen uns dann mit selbstgenähten, waschbaren Schutzmasken aus Baumwolle, die eine Näherin für uns anfertigt.“ Der Lieferservice wurde ausgeweitet, so dass ältere Kunden nicht unbedingt in die Apotheke kommen müssen. Die Arzneimittel können per Bestellzettel, App, Mail oder Telefon bestellt werden. Auch Angst zu spüren: Grundsätzlich laufe zwar alles relativ gesittet ab, aber die Angst und die Verunsicherung seien spürbar. „Einige Kunden sind unbedarft, andere wenige verhalten sich allerdings so, als ob es bei ihnen der Ernst der Lage noch nicht angekommen ist“, sagt Ute Weber-Fabritz. Ähnlich ist die Lage bei der Post-Apotheke Falkensee, auch dort sind die Schutzwände aus Plexiglas auf den Verkaufstischen zum Schutz von Mitarbeitern und Kunden installiert. Die Kunden seien ängstlich und unsicher. Das Verständnis sei zwischenzeitlich bei den Kunden eingetreten, der Abstand wird gehalten, Hände werden desinfiziert und viele zahlen von sich aus bargeldlos. „Der Großhandel teilt die Mengen der Bestellungen zu, so dass die bestellten Medikamente zum Teil nicht umfänglich geliefert werden“, erklärt PTA Beatrice Kosakow. „Derzeit ist der Impfstoff gegen Pneumokokken nicht zu bekommen, Paracetamol wurde ebenfalls vom Großhandel kontingentiert. Vitamin C und Zink als Kombipräparat sind ausverkauft.“ Erst ab Mai könne man wieder Einmalhandschuhe anbieten. „Unseren Lieferservice halten wir aufrecht, statt dreimal täglich liefern wir allerdings zur Zeit nur vormittags aus, bei Notfällen natürlich immer“, so Kosakow. „Viele Menschen bedanken sich bei uns für unsere Arbeit und wir sehen mit Freude, dass die Nachbarn helfen und für ihre älteren Mitmenschen Medikamente hier abholen.“ Brigitte König ist Filialleitung der Stadtapotheke in der Bahnhofstraße von Falkensee. Dort werden die Kunden mit einem Leitsystem von roten Kreuzen und Haltelinien auf dem Boden ebenfalls durch die Apotheke gelotst. „Das Verhalten unserer Kundschaft ist sehr angenehm, es gibt nur wenige Ausnahmen, die das nicht verstehen“, berichtet Brigitte König. Engpass bei Medikamenten: Man habe sich mit Beginn der Corona-Krise gut eingedeckt, jedoch aufgrund der hohen Nachfrage könne vom Großhandel nicht mehr so schnell wie gewohnt geliefert werden. Viele Kunden haben sich bei ihren Ärzten Rezepte ausstellen lassen damit sie ihre Standardmedikation für zwei Monate zu Hause haben. „Ibuprofen, Paracetamol und einige Antibiotika sind schwer zu bekommen, wobei der Engpass bei den Antibiotika schon vor Corona bestand.“ Mundschutzmasken sind Mangelware: Auch sind Mundschutzmasken, Einmalhandschuhe und Desinfektionsmittel Mangelware. Man könne zwar Desinfektionsmittel selbst herstellen, doch seien die entsprechenden Rohstoffe sowie die Flaschen zur Abfüllung kaum lieferbar. „Normalerweise liefern wir für jeden Kunden auf Wunsch auch nach Hause, doch zur Zeit liefern wir nur gezielt für kranke und ältere Menschen aus”, so Brigitte König. Ärger mit Notbetreuung: Allerdings gibt eine Sache die Brigitte König verärgert: „Eine unserer Mitarbeiterinnen hat einen Antrag auf Notbetreuung für ihr Kind beim Amt in Potsdam gestellt. Dieser wurde nicht zeitnah bearbeitet so dass die Mitarbeiterin zwei Tage zuhause bleiben musste, da das Kind nicht betreut war.” So etwas mache den Arbeitsalltag nicht leichter. Hilfe von Studenten: Sowohl die Stadtapotheke als auch die Post-Apotheke sowie die Regenbogen-Apotheke seien nach eigenen Aussagen personell gut aufgestellt, zum Glück habe man keinen Ausfall wegen Krankheit. Das Regenbogen-Team wird derzeit von zwei Pharmaziestudenten aus Greifswald tatkräftig unterstützt, so können die angehenden Apotheker während der Schließung der Uni praktische Erfahrung sammeln. Eine Erleichterung für die Apotheker ist, dass einige Krankenkassen die Rabattverträge wegen der Coronakrise vorerst ausgesetzt haben, so dass sie gleiche Wirkstoffe verschiedener Hersteller an ihre Kunden abgeben können. Von Hannelore Berg

Falkensee - Apotheken setzen auf Abstand und Kundennähe zugleich