Falkenseer Künstlerin gibt ausrangierten Möbel modernen Chic

„Möbel und Farbe, alte Möbelstücke neu inszeniert – das ist die kleine Schwester der Restaurierungswerkstatt Paul Bell in Falkensee“, sagt Sabine Ostermann. In der neuen Abteilung stehen ausrangierte Möbel frisch gestrichen als gelungene Objekte für eine Stilrichtung, die als Upcycling für Aufsehen sorgt. Das ehemalige Heizwerk am Falkenseer Gutspark ist längst Werkstatt und Atelier geworden. Im Lager stapeln sich die schlichten oder verschnörkelten Hinterlassenschaften, die zu schade zum Wegwerfen sind, über die der Zeitgeschmack aber hinweg gegangen ist. Farben aus England geben neuen Glanz: Sabine Ostermann, Künstlerin, Geschichtslehrerin und Witwe des Werkstattgründers Paul Bell hatte die zündende Idee: mit schönen, sanften Farben aus England den Möbel ein zweites Leben einhauchen. Der Werkstattleiter Gregor Chmielewski bedauerte zwar ein bisschen, dass das schöne Holz unter der Farbe zu verschwinden drohte. Die Künstlerin und der Restaurator fanden aber einen dekorativen Kompromiss: Einfach einen Teil farbig bemalen, einen anderen Teil als Originaloberfläche in Naturholz belassen. Das war die perfekte Lösung auch im Sinne der Denkmalpflege. Man sieht, wie Kommode und Truhe einst ausgesehen haben. Stylische Möbelunikate: Rausgekommen sind stylische Möbelunikate für den jungen Haushalt und für Leute, die sich Fröhlichkeit in ihrem Zuhause wünschen. Wunderschön etwa ein kleiner Thron in sanftem Blau mit Ornamenten im Schlagmetallmantel. Vor ein paar Monaten war er noch ein ganz normaler düsterer Stuhl aus Uromas Wohnstube gewesen. „Am liebsten habe ich meine Pippi-Langstrumpf-Stühle“, sagt Sabine Ostermann. Nicht nur Kleinmöbel und Einzelstücke sind zu haben, es gibt Tisch und Stühle in warmem Gelb begleitet von vergnügtem Pink, oder ganze Serien von Stühlen mit farblich passenden edlen Polstern. Die Möbel erinnern an die Einrichtungen der schicken Cafés in Berlin-Mitte und Prenzlauer Berg. Restaurierungswerkstatt mit Tradition: Alles stammt aus dem schier unerschöpflichen Lager Paul Bells, der 1993 in Falkensee die Restaurierungswerkstatt für Möbel und Holzobjekte gegründet hatte und viele restauratorische Spuren in der Region hinterlassen hat. So kann Sabine Ostermann auf ein riesiges Repertoire an Beschlägen und Holzornamenten zurückgreifen und sie neu zu überraschenden Ensembles zusammenstellen. Die Werkstatt befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Produktionsgenossenschaft Handwerk hinter der Seegefelder Kirche. Das alte Heizhaus der Anlage wurde vor Jahren von Paul Bell und Sabine Ostermann zu einem besonderen Wohn- und Atelierhaus umgebaut. Auch nach dem Tod von Paul Bell wird die Werkstatt weitergeführt. Vom schlichten Stuhl bis zum aufwendigen Sekretär mit Geheimfach arbeitet der Restaurator Gregor Chmielewski im Auftrag der Kunden alles auf. Absolutes Highlight der Werkstatt-Geschichte ist die Restaurierung der Ladeneinrichtung des Biobackhauses in Falkensee und der Altstädtischen Apotheke in Rathenow. Da gibt es sogar eine Biedermeier- und eine Jugendstil-Version. Beim dem Stichwort bekommt Gregor Chmielewski leuchtende Augen. „Biedermeier und Klassizismus machen sehr viel Spaß mit Mahagonifurnier oder Nussbaumwurzelholz. Da ist oft viel kaputt, man hat viel Arbeit und man sieht, was man geschaffen hat.“ Er ist seit 2014 dabei und führt die Werkstatt nach dem Tod des Gründers 2018. „Gucken kommen, lohnt sich immer und einen Espresso gibt es auch, hätte der Rheinländer Paul Bell gesagt“, zitiert Sabine Ostermann, geöffnet ist die Werkstatt von 9 bis 17 Uhr, wie im Einzelhandel. Gregor Chmielewski macht Kostenvoranschläge, holt die Möbel zur Aufarbeitung nach Auftrag ab und liefert sie wieder aus. Das Einzugsgebiet reicht von Rathenow bis Berlin. Neben der Arbeit an den Möbeln findet die Künstlerin Sabine Ostermann, die in Mainz bildende Kunst studiert hat, immer wieder Zeit und Anregungen, sich ihrem grafischen Werk zu widmen. Restaurierungswerkstatt am Heizhaus, Bahnhofstraße 49b, 14612 Falkensee, www.Paul-Bell.de, info@paul-bell.de. Von Judith Meisner