Falkenseer entsetzt: Illegale Bauschuttentsorgung am Neuen See sorgt für Ärger

Dieser Osterspaziergang endete mit Wut und Ärger. In Richtung Neuer See, aus Falkensee kommend, flanierte Enrico Berg mit seine Ehefrau auf der großen Wiesenfläche zwischen Spandauer Straße und See entlang, als er plötzlich regelrecht über einen riesigen Müllberg am Wegrand stolperte. Bei genauerem Hinsehen entpuppte sich der Müll als offensichtlicher Bauschutt: Unter anderem zahlreiche Gipskartonagen, Aluständerwerk und Eimer mit Fliesenkleber machten die Spaziergänger aus. Von seinem Fund berichtete er daraufhin in einer regionalen Facebook-Gruppe. Unter dem Bild des Müllbergs entspann sich schnell eine rege Diskussion, deren Tenor eindeutig war: Von Unverständnis bis hin zu Wut reichten die Meinungen über das Handeln der Müllsünder. Die illegal entsorgten Abfälle würden dort schon länger liegen, hieß es. Andere Facebook-Nutzer berichteten, dass auch sie während ihres Osterspaziergangs entsetzt gewesen seien, wie viel Müll in der Landschaft hinterlassen werde. Eine MAZ-Anfrage bei der Stadtverwaltung Falkensee ergab unterdessen, dass der illegale Müllberg in unmittelbarer Nähe des Neuen und des Falkenhagener Sees bereits bekannt sei. Doch: „Das Grundstück, auf welchem sich der Abfall, bei dem es sich offensichtlich um Bauschutt handelt, befindet, ist in Privatbesitz. Aus diesem Grund sind uns leider die Hände gebunden“, erklärte Bürgermeister Heiko Müller (SPD). Der Grundstücksbesitzer sei von der Stadt über den Vorgang bereits informiert worden, habe sich jedoch bei der Verwaltung bislang noch nicht zurückgemeldet, wusste Müller zu berichten. Über die Dreistigkeit der Übeltäter ist der Bürgermeister entsetzt. „Der Müll in dieser Größenordnung ist ja nicht von selbst dort hingekommen und wurde auch nicht mit einer Tasche hingetragen. Das muss schon mit einem Hänger oder Ähnlichem dort hingebracht und abgekippt worden sein“, ärgert er sich auch über das Vorgehen der bislang unbekannten Müllsünder. Dabei steht die illegale Deponie am Neuen See symptomatisch für das Müllproblem, das nicht nur in Falkensee immer wieder auftritt: Abfälle, in vielen Fällen Bauschuttreste, werden ebenso gedankenlos wie illegal in der Natur entsorgt, mutmaßlich, um die Kosten für eine ordnungsgemäße Entsorgung zu vermeiden. Auftraggeber ist haftbar, wenn er Sorgfaltspflichten nicht erfüllt: Auch in der Gartenstadt ist dieses Phänomen seit Jahren ein Dauerthema. Heiko Müller findet dafür klare Worte und weist nicht nur auf die Umweltschäden für Natur, Tier und Mensch hin: „Wird ein Handwerker beauftragt, eine Bauleistung zu erbringen, bei der Bauschutt anfällt, ist der Auftraggeber der Verursacher für den Bauschutt und damit Abfallerzeuger im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Wird der Bauschutt durch den Handwerker nicht regelgerecht entsorgt, so kann der Auftraggeber dafür haftbar sein, wenn er Sorgfaltspflichten nicht erfüllt“, weist er auf die rechtliche Situation hin. Der Auftraggeber sei dazu verpflichtet, im Rahmen der Beauftragung sicherzustellen, dass der Handwerker den Bauschutt an einen Entsorger liefert, der entsorgen kann und auch darf. So könne zum Beispiel „eine Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb für die jeweiligen Entsorgungsgüter verlangt werden“, sagt Müller. „Dabei bleibt die Verantwortung für die korrekte Entsorgung aber auch nach Vergabe an Dritte weiterhin beim Abfallerzeuger, also beim Auftraggeber.“ Bürgermeister Heiko Müller warnt vor „hohem persönlichen Risiko“: Bei Verstößen gegen diese Regelung handle es sich um Straftaten nach § 326 Strafgesetzbuch (StGB), die gar mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden. Müller weist darauf hin, dass gerade bei Handwerkern und Baudienstleistern ohne regionalen Betriebssitz Entsorgungswege und Zertifizierungen durch den Auftraggeber besonders sorgfältig geprüft werden sollten. „Gerade bei den oft durch Falkensee ziehenden Baudienstleistern mit einem Betriebssitz im Ausland kann und darf man nicht voraussetzen, dass die strengen Regelungen im Zusammenhang mit der Entsorgung von Bauabfällen und Bauschutt umfassend bekannt sind“, erklärt der Bürgermeister und warnt: „Wer sich seiner Verantwortung für die regelgerechte Entsorgung nicht bewusst ist, geht unter Umständen ein großes persönliches Risiko ein.“ Schandfleck liegt auf Privatgrundstück – Stadt kann daher nicht tätig werden: Was nun mit dem Schandfleck am See passiert, ist vorerst unklar. Für dessen Beseitigung ist tatsächlich der Grundstückseigentümer verantwortlich. „Wir dürfen da tatsächlich nicht ran. Erst wenn eine erkennbare Gefahr von dem Müll ausgeht, können wir tätig werden“, sagt er. Da sich der Fundort in unmittelbarer Nähe eines Wassereinzugsgebietes befinde, könnten Schadstoffe jedoch schnell im Grundwasser landen, sodass ein schnelles Handeln notwendig werde. Das Ordnungsamt der Stadt sei in unmittelbarer Nähe auch nicht täglich unterwegs, sodass es beim Auffinden solcher Gefahrenstellen auf Meldungen von Bürgern angewiesen sei, sagt Müller. Der Bereich rund um den Neuen und den Falkenhagener See habe jedoch insofern eine Sonderposition, als dass dort regelmäßig ein Sicherheitsdienst unterwegs sei. Nicht, um Müllsünder aufzuspüren, sondern, um vor Ort für Sicherheit und Ordnung und die Einhaltung des Verbots von offenen Feuern und Grillstellen zu sorgen. „In vergangenen Jahren gab es dort massive Verstöße, daher setzt die Stadt Falkensee seit Erlass des Verbots rund um den See einen Sicherheitsdienst ein.“ Der melde der Stadt auch Vandalismusschäden und Müllberge. „Seit Ostern sind die Mitarbeiter wieder im Dienst“, sagt Müller. Von der illegalen Müllentsorgung hat das den oder die Übeltäter aber offensichtlich nicht abgehalten. Von Nadine Bieneck