Retzow: Bürgermeister tritt zurück

Zwanzig Jahre lang ist Heinrich Stumpp schon ehrenamtlicher Bürgermeister von Retzow. Zum Jahresende aber hört der 82-Jährige, der zu den dienstältesten ehrenamtlichen Bürgermeistern des Landkreises zählt, auf. Aus gesundheitlichen Gründen, wie er sagt. „Es hat mir immer viel Spaß gemacht. Es war eine sehr schöne Zeit. Ich habe viel erlebt und eine Menge Menschen kennengelernt.“ Dabei wollte Heinrich Stumpp ursprünglich gar nicht Bürgermeister werden, er war im Jahre 2000 irgendwie reingerutscht in dieses Amt. Immerhin saß er zu dem Zeitpunkt schon in der Gemeindevertretung. Doch es fand sich niemand für das offene Ehrenamtsstelle. „Ich hatte damals als Gemeindevertreter nur 29 Stimmen bekommen, andere Abgeordnete hatten doppelt so viele. Letztendlich wurde ich aber von der Gemeindevertretung gewählt.“ Grünes Licht von der Familie: Von der Familie gab es zuvor grünes Licht, und dann war da auch noch die Ankündigung des damaligen Amtsdirektors, wie sich Stumpp erinnert. Der habe nämlich gesagt: Wenn sich niemand findet, dann wird den Retzowern irgendjemand kommissarisch vor die Nase gesetzt, der die Aufgabe macht. „Doch ich dachte mir dann, wenn ein Fremder eingesetzt wird, dann wird der sich nicht so kümmern“, blickt der Bürgermeister zurück. Aber dass er sich kümmern kann, das bewies Heinrich Stumpp in der Folge vielfach. Auch wenn ihm das nicht jeder zugetraut hatte, wie er heute sagt. Die erste Herausforderung sollte nicht lange auf sich warten lassen. Zum Jahreswechsel 2000/2001 brannte nämlich die Kita im Ort ab. Kita machte ihm Sorgen: „Wir haben die Kita aber in der Folge vollständig sanieren können. Die Versicherung hatte den Schaden bezahlt“, sagt Stumpp. Allerdings hatte er in der Zeit große Angst, ob die Kita wirklich langfristig Bestand haben wird. Denn viele Eltern brachten ihre Kinder während der Sanierung woanders hin, unter anderem nach Pessin und Selbelang. „Die Frage war, ob die Kinder auch wieder zurückkommen. Aber das hatte sich dann wieder eingepegelt. Die Kita ist der Stolz der gesamten Gemeinde. Wir haben eine gute Leiterin und auch die Erzieherinnen sind super.“ Heinrich Stumpp stammt ursprünglich gar nicht aus Retzow. Geboren in der Nähe von Odessa, ist er nach dem Krieg erst nach Belzig und dann 1946 nach Retzow gekommen. Gelernt hat er Mitte der 50er-Jahre den Beruf des Wagenbau- und Hufschmieds. Danach arbeitete er in einem Metallbetrieb in Nauen. In Retzow war er unter anderem bis 1989 Hausmeister der damals noch existierenden Schule, die Anfang der 90er-Jahre aufgelöst wurde. Danach war er Gemeindearbeiter und in dem Zuge auch für den Kindergarten zuständig. Suche nach Investor: Nach seiner Wahl zum Bürgermeister wuchs Heinrich Stumpp immer mehr in sein Amt hinein. Er knüpfte Kontakte, versuchte in dem Zuge auch Problemfälle zu lösen. Eines davon war die alte Schule mitten im Ort. Dass 1997 eine Eigentümergemeinschaft das Haus von der Gemeinde erworben hat, bedeutete aber leider nicht, dass umgehend die Sanierung begann. Im Gegenteil: Das Haus verfiel immer mehr. Umso glücklicher war der Bürgermeister, dass sich dann 2016 mit Georg Linkert 2016 jemand gefunden hat, der das Haus instand setzt und einer neuen Nutzung zuführen will – in kleinen Schritten, aber stetig. „Noch einen Winter hätte das Gebäude nicht überstanden“, ist sich Stumpp sicher, der sich immer noch ärgert, dass die Eigentümer davor nichts getan haben. Der neue Besitzer hingegen sei gegenüber der Gemeinde hilfsbereit, bringe sich ein. Wieder ein Arzt im Dorf: „Ein Herzensanliegen von mir war immer gewesen, wieder einen Arzt nach Retzow zu bekommen“, sagt der Bürgermeister. Ende 2013 gelang das dann auch. Er konnte den Mediziner Robby Zschoyan davon überzeugen, einmal in der Woche eine Sprechstunde abzuhalten. Stumpp hatte zuvor organisiert, dass das Ärztehaus am Ortseingang von Retzow entsprechend umgebaut wird, auch mit Hilfe von Fördermitteln. „Ein Handwerker aus Retzow hat die Arbeiten zu einem guten Preis durchgeführt“, sagt Heinrich Stumpp. Seit Frühjahr 2017 ist nun der Allgemeinmediziner Matthias Redsch von der Medizinischen Dienstleistungsgesellschaft Nauen (MDZ) mittwochs in Retzow. „Wenn es mir gesundheitlich noch möglich gewesen wäre, dann hätte ich auch noch um einen Orthopäden und Augenarzt gekämpft“, sagt der scheidende Bürgermeister. Erste Gespräche seien in der Vergangenheit bereits erfolgt. Kompromisse erzielen: Bei den Kommunalwahlen hatte Heinrich Stumpp von Mal zu Mal immer mehr Stimmen von den Dorfbewohnern bekommen. „Ich war respektiert und anerkannt worden“, sagt er über seine Zeit als Gemeindeoberhaupt. Dabei sei ihm immer klar gewesen, dass er allein nichts ausrichten kann, nur mit Hilfe der Gemeindevertreter und der übrigen Dorfbewohner. Seine Erfahrung: „Man muss sich immer in der Mitte des Weges treffen und Kompromisse erzielen, sonst bekommt man nichts durch.“ Sich bei Abstimmungen zu enthalten, sei indes nie sein Ding gewesen. „Man muss eine Meinung haben.“ Mit der Amtsverwaltung und den Gemeindevertretern habe es zudem eine gute Zusammenarbeit gegeben, hebt er hervor. Abschließend sagt Heinrich Stumpp: „Mit dem, was ich geschafft habe, bin ich zufrieden, aber es hätte auch mehr sein können.“ Schade findet er, dass es nicht mit einem Dorfgemeinschaftshaus geklappt hat – mit einem Raum für etwa 100 Personen. Erste Pläne lagen zwar schon vor, aber dabei blieb es dann. „Wir haben zwar einen großen Raum in der Kita, aber ältere Mitbürger kommen da nicht hoch“, sagt er. Dafür freut er sich, dass viele Jugendliche bei der Feuerwehr mitmachen und dass es im Ort seit langer Zeit auch ein Seniorenheim gibt. Von Andreas Kaatz