Neuer Besitzer für Paretzer Bockwindmühle

Wäre der Anlass nicht so traurig gewesen, Noah Amadeus hätte sich darüber sicher gefreut, Besitzer einer Bockwindmühle zu sein. Nach dem plötzlichen Tod seiner Vaters und Paretzer Mühlenbesitzers Wilfried Schwetzke im Januar trat der 18-Jährige als einer von zwei Söhnen von „Mühlen-Willi“ das Erbe an und hat nun eine neue Lebensaufgabe angenommen: „Ich möchte die Mühle natürlich erhalten, weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich machen und hier in Paretz auch wohnen“, sagt Noah Schwetzke. Wohl wissend, dass er nun verantwortlich ist für die einzige Mühle im Osthavelland. Lehre als Holzmechaniker begonnen: Der junge Potsdamer ist gerade dabei, einen Beruf zu erlernen. Und der ist nicht alltäglich: „Ich habe mich für eine Lehre als Holzmechaniker entschieden und mache das in der Schiffbau-Versuchsanstalt in Potsdam-Marquardt, erklärt Noah. Mit den handwerklichen Kenntnissen könne er später wenigstens teilweise auch Reparaturen an der Mühle selbst machen. Einen ersten Überblick hat er sich bereits verschafft und eine Liste aufgestellt. „Wann ich die abarbeiten kann, hängt von der Zeit und vom Geld ab. Ich hoffe, es finden sich Sponsoren, die helfen. Oder es gibt vielleicht die Möglichkeit, Fördermittel zu bekommen“, so der Mühlenbesitzer. Zuerst müsse im unteren Bereich der Mühle – um den Bock – der Putz erneuert werden. Außerdem stehen an: die Restaurierung oder Erneuerung des großen Kammrades, die Neueinrichtung der Presse (Bremse), der Kauf und die künstlerische Gestaltung der Segeltücher, die Zentrierung des Mahlganges und der Bau eines neuen Esels (bewegliche Lagerung des Bollspiels) sowie die Überdachung der Außentreppe. Mühle wurde 1978 gekauft: Ein potenzieller Unterstützer ist sicher der Verein „Freunde der Paretzer Mühle“, der 2003 gegründet wurde und dem 40 Mitglieder aus der Region Berlin-Brandenburg, darunter zwei Paretzer, angehören. Schon Vater Wilfried Schwetzke, der die Paretzer Mühle 1978 gekauft und nach und nach saniert hatte, bekam Hilfe vom Mühlenverein. Auch der Verein „Historisches Paretz“ freut sich darüber, dass die Mühle erhalten bleibt. Die heutige Paretzer Bockwindmühle ist um 1800 in Etzin errichtet worden. Nachdem die ursprüngliche Paretzer Mühle 1893 abgebrannt war, hatte Müller Otto Grünefeld die Mühle in Etzin ab- und in Paretz wieder aufbauen lassen. Bis 1958 lief der Mühlenbetrieb. Rund um die Mühle sind Raritäten aus zwei Jahrhunderten ausgestellt: Ein Bügeleisen, auf das zum Erhitzen ein Gasbrenner geschraubt wurde, oder eine Pfanne mit Rührwerk im Deckel zum Rösten von Kaffee-Bohnen. Es gibt eine Kinderwindmühle, in die man reinklettern kann. Unterm Dach der Mühle steht ein Himmelbett für ein Pärchen. Ein Stockwerk tiefer, dort sich wo früher die Mehlsäcke befanden, sind rustikale Übernachtungsmöglichkeiten für die Mitglieder des Mühlenvereins geschaffen worden. Neben den zwei Backöfen findet man auf dem Areal ein Bienenwagen und zwei Eisenbahnwaggons sowie ein Laufrad aus Holz. „Mühlen-Willi“, wie er liebevoll in Paretz und im Freundeskreis genannt wurde, ist es zu verdanken, dass das technische Denkmal bis heute erhalten wurde und die viele Gäste an offenen Mühlentagen von dem einstigen Handwerk des Müllers erfahren konnten. „Das soll auch so weitergehen“, sagt Noah Schwetzke. Tage der offenen Tür, Mühlentage oder Besichtigungen auch Terminvereinbarung will der junge Mann veranstalten – wenn die Corona-Bestimmungen es zulassen. „Es gab schon einige Anfragen, besonders von Kitas, die zur Mühle kommen wollten, aber im Moment habe ich dafür keine Zeit“, so Noah. Von Jens Wegener