Viele Störche treffen später im Osthavelland ein

Die Störche lassen sich in diesem Jahr ein wenig mehr Zeit mit ihrer Rückkehr ins Osthavelland als sonst. Gerade einmal neun Paare fanden sich bis zum Sonntagabend auf ihren Nestern ein. Im vorigen Jahr sah es hingegen ganz anders aus. „Zu dem Zeitpunkt hatten bereits 23 Storchenpaare ihren Horst besetzt“, sagt Claudia Jörg, Storchenbeauftragte des Naturschutzbundes (Nabu) fürs östliche Havelland. Die Gründe für den zeitlichen Verzug könnten ihrer Ansicht nach fast 2000 Kilometer weiter südöstlich zu finden sein. Denn ein Großteil der hiesigen Störche nutzt nach bisherigen Erkenntnissen eher die Ostroute nach und von Afrika. Im Bereich des Marmarameeres nahe dem Bosporus mussten diesmal aber viele Störche eine Zwangspause einlegen. Denn in der Gegend war das Wetter Ende März bewölkt und stürmisch. Sechs Tage Zwangsaufenthalt: Die längere Rast betraf auch drei Störche, die der Nabu mit Sendern versehen hat, und vermutlich auch viele havelländische Störche. „Die Vögel sind Gleitflieger und brauchen entsprechende Winde, auf gar keinen Fall aber Regen. Das ist für sie zu gefährlich“, sagt Claudia Jörg. Einer der Nabu-Störche konnte sich dann nach sechs Tagen Zwangsaufenthalt am 30. März wieder in die Lüfte erheben, wie aus dem entsprechenden Nabu-Blog hervor geht. Kurz nach der Ankunft paaren sich die Partner häufig und klappern dabei ausgiebig. Sieht man einen Storch nach der Paarungsphase ausdauernd auf dem Nest liegen, kann man davon ausgehen, dass Eier gelegt werden beziehungsweise gebrütet wird. Durchschnittlich werden vier Eier in einem Abstand von etwa 48 Stunden gelegt. Nach gut einem Monat schlüpft das erste Küken. Etwa 25 Tage werden die Küken nun von einem Elterntier abwechselnd bewacht und gegen Witterungsbedingungen und tierische Feinde geschützt. Etwa 54 bis 68 Tage nach dem Ausschlüpfen sind die Jungstörche flügge. Der erste Storch, der – aus den warmen Gefilden kommend – in diesem Jahr wieder das Osthavelland erreicht hatte, war ein Ketziner Storch. Er landete bereits am 28. Februar auf dem Horst in der Baustraße. „Das ist außerordentlich früh“, meint die Storchenbeauftragte. Wahrscheinlich handle es sich – dem Aussehen des Schnabels nach – um ein Weibchen. Das Männchen sei dann am 12. März gefolgt. Und die beiden Vögel vergeudeten auch keine Zeit. Es dauert nicht lange, und es lagen Eier im Horst. Eier aus dem Nest geworfen Doch das Glück war nicht von Dauer. „Leider wurden die Eier vor ein paar Tagen aus dem Nest geworfen“, sagt Claudia Jörg. Vermutlich von den Vögeln selbst, denn die Eier lagen samt Eigelb unterhalb des Horstes, wurden also nicht von einem anderen Tier gefressen. „Es kommt aber durchaus öfter vor, dass die Eier aus dem Nest geworfen werden“, sagt Claudia Jörg. Dieses Verhalten könne damit zu tun haben, dass die Futtersituation noch nicht gut ist. So fehle es derzeit an Insekten, aber auch die Amphibien halten sich noch zurück, ebenso wie die Regenwürmer. Immer viel Nachwuchs: Allerdings geht Claudia Jörg davon aus, dass die Ketziner Störche höchstwahrscheinlich noch einmal Eier legen werden. Schließlich haben sie einen Ruf zu verteidigen. Das Nest in der Baustraße gehört zu denen, die seit vielen Jahren mit großer Regelmäßigkeit Nachwuchs hervorbringen. Daran änderte sich auch nichts, nachdem vor Kurzem der Storchenmast einige Meter versetzt worden ist. Auffällig ist zudem, dass die meisten Storchenpaare, die bereits eingetroffen sind, ebenfalls auf viel Nachwuchs zurück blicken können. So haben die Adebare in Brädikow, die am 17. und 22. März zurückgekehrt sind, im Vorjahr vier Jungvögel groß gezogen. Beringung ist hilfreich: Das Etziner Paar kam auf drei und das Gutenpaarener auf zwei Tiere, die flügge geworden sind. Die Lietzower und die Tietzower konnten sich im Vorjahr über zwei beziehungsweise einen Jungvogel freuen. Und das Storchenpaar am Bahnhof Friesack, das Mitte März sein Nest bezogen hat, brütete drei Eier erfolgreich aus. Für Claudia Jörg ist es auch immer interessant, wenn sie auf Störche trifft, die beringt worden sind. So trägt beispielsweise das Weibchen, das Ende Februar in Ketzin/Havel eingetroffen ist, einen Ring der Beringungszentrale Radolfzell. Damit handle es sich bei ihr eindeutig um einen so genannten „Westzieher“. Die meisten Störche hierzulande kommen indes über die Ostroute. Herkunft feststellbar: „Heute werden im Osthavelland keine Störche mehr beringt. Aber wir können erfahren, wo die Störche, die unsere Region besuchen, geboren wurden, wann sie als Nestling beringt wurden und gegebenenfalls, wo sie noch beobachtet wurden“, sagt sie. Und so kann festgestellt werden, dass die meisten Störche, die hier brüten, in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen zur Welt gekommen sind. Einige wenige stammen aus Polen und einer sogar aus Schweden. Verbleib ist ungewiss: Ein paar von diesen Störchen blieben zur Brutzeit unter anderem in Pessin, Schönwalde-Dorf, Ketzin/Havel, Bredow und Hoppenrade. Wie Claudia Jörg sagt, sei der älteste der über einen Ring identifizierten Störche – ein Weibchen – 1998 in Albertsheim im Havelland geboren worden. Dann sichtete man das Tier 2001 in Stendal, bevor es 2005 in Linum brütete. 2013 und 2014 wurde es in Ribbeck gesehen, wo es 2015 in einen Kampf mit einer Nebenbuhlerin verwickelt worden ist und verletzt wurde. Zuletzt hatte man die Störchin in Nennhausen gesichtet. „Es ist nicht bekannt, ob sie noch lebt“, sagt Claudia Jörg. Von Andreas Kaatz

Havelland - Ankunft der Störche verzögert sich