Arbeiten im Grünen: In Großwudicke entsteht ein Coworking Space

Hippe Start-Ups und Digitalunternehmen findet man in Berlin zu Hauf. Auf dem platten Land sind sie dagegen eine Seltenheit. Das könnte sich bald ändern, denn in Großwudicke entsteht gerade ein Coworking Space, also ein Bürogebäude, das sich Freiberufler und Arbeitnehmer verschiedener Branchen teilen und das insbesondere junge, kreative Unternehmen anlockt. Die Idee dazu hatte Florian Kunz, der zusammen mit seiner Schwester Ulrike Lierse, seinem Schwager Jan Lierse und dessen Schwester Antje Lierse das Familienunternehmen Webprojekte Lierse in Großwudicke betreibt. Vor einem Jahr zogen sie in das Gebäude, in dem zu DDR-Zeiten die Bäuerliche Handelsgenossenschaft (BHG) ihren Sitz hatte. Nun soll der Flachbau umgewandelt werden in die Waldstatt – so der Name des neuen Coworking Space. „Wir haben in Großwudicke viel Wald. Es gibt die Kita Waldstatt, das Waldstadion und nun auch die Waldstatt“, erklärt Florian Kunz. Coworking im ländlichen Raum: Der 29-Jährige hat gerade sein Betriebswirtschaftsstudium abgeschlossen. In seiner Masterarbeit beschäftigte er sich mit Coworking Spaces im ländlichen Raum. Das Ergebnis: Diese neue Arbeitsform hat längst nicht nur in Großstädten Potential. „Es kann auf jeden Fall auch im ländlichen Bereich funktionieren. Wichtig dabei ist die Verknüpfung mit der Region. Die Menschen vor Ort müssen eingebunden werden, sie müssen wissen, was dort passiert“, erklärt Kunz. Um den Traum vom eigenen Coworking Space im Grünen zu verwirklichen, gründete er mit Unterstützung der Potsdamer Gründungswerkstatt Enterprise das Einzelunternehmen Waldstatt, das am 1. September offiziell an den Start geht. Einen Monat später, am 1. Oktober sollen die ersten Mieter einziehen. Ein sozialer Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft: Die Arbeiten laufen bereits auf Hochtouren. Die Wände für die vier Einzelbüros, den Meetingraum und den Coworking-Bereich mit bis zu zehn Arbeitsplätzen stehen schon. Zudem sollen eine Leseecke sowie eine Gemeinschaftsküche und ein Bad entstehen. Zukunftsmusik ist noch die Terrasse, die, wenn alles gut läuft, im nächsten Jahr angebaut wird. Neben dem geschäftlichen Bereich soll der soziale Aspekt nicht zu kurz kommen. Deshalb wird in die Waldstatt ein sozialer Treffpunkt integriert. Eröffnungswoche ab 9. Oktober: Unter dem Motto „Die Waldstatt – Sozial im Grünen“ können sich in einem Raum im vorderen Bereich Mitglieder der örtlichen Vereine, der Feuerwehr, des Seniorenbeirats und die Landfrauen treffen und gemeinsam Veranstaltungen organisieren. Die Partnerschaft für Demokratie Westhavelland und Nauen unterstützt die Idee mit 3000 Euro für die Ausstattung. Am 9. Oktober soll der soziale Treffpunkt eröffnet werden. Bis zum 14. Oktober sind verschiedene Veranstaltungen geplant, zu den alle Dorfbewohner eingeladen sind. 250 Megabit-Leitung inklusive: Die temporär mietbaren Räume in der Waldstatt sind natürlich digital ausgestattet. Zum Paket gehören eine 250 Megabit-Leitung, eine eigene Geschäftsadresse, Wasser und Kaffee sowie der Blick ins Grüne und der Austausch mit anderen kreativen Köpfen. Drucker, Aktenvernichter und dergleichen sind ebenfalls vorhanden. „Wir wollen soweit wie möglich Ressourcen teilen. Das ganze Projekt ist auf Nachhaltigkeit ausgelegt“, erläutert Florian Kunz. Das Gebäude mietet das Unternehmen und genießt für das Vorhaben die volle Unterstützung des Vermieters. Der hatte bereits eine ähnliche Idee, konnte diese aber aus verschiedenen Gründen nie umsetzen. Dass sich nun junge Leute aus der Region daran wagen, wisse er zu schätzen, so Ulrike Lierse. Großwudicke ist ein idealer Standort: Zielgruppe der Waldstatt sind Freiberufler und Arbeitnehmer aus der Region, die nicht jeden Tag ins Büro in die Stadt fahren wollen und für die das Homeoffice kein idealer Ort zum Arbeiten ist. Aber auch Großstädter, die gern im Grünen arbeiten, sind willkommen. Ulrike Lierse ist sich sicher, Großwudicke ist ein idealer Standort, weil hier die nötige Infrastruktur vorhanden ist: „Wir haben eine Bahnanbindung, es gibt eine Kita und die Grundschule. Im Gebäude selbst befindet sich sogar ein Friseur“, so Lierse. Sie und ihre Mitstreiter sind alle in Großwudicke aufgewachsen und nach Ausbildung, Studium und ein paar Jahren Berufserfahrung in die Heimat zurückgekehrt, um diese nun voranzubringen. Von Christin Schmidt