Arbeiten in der Waldstatt in Großwudicke statt in der Uni in Rotterdam

Eigentlich lebt Christian Handke unter der Woche in Rotterdam, wo er seit 13 Jahren an der Erasmus Universität Kulturökonomik lehrt. Da aber das, was einst Alltag war, seit fast einem Jahr aufgrund der globalen Krise in weite Ferne gerückt ist, sitzt der Doktor der Volkswirtschaft nun in der Waldstatt in Großwudicke statt vor seinen Studenten im Hörsaal in Rotterdam zu stehen. Der 49-Jährige ist heilfroh, dass er von einem Arbeitsplatz im Grünen aus mit seinen Studenten in Kontakt treten kann. Zu verdanken hat er diese Möglichkeit zum einen Florian Kunz, der die Waldstatt in Kooperation mit seiner Schwester Ulrike Lierse und dem Unternehmen Webprojekte Lierse gründete, und zum anderen seiner Frau. Die verguckte sich nämlich 2015 in einen alten Hof in Großwudicke und beschloss, das Zuhause in Berlin um eine Bleibe auf dem Land zu erweitern. Inzwischen hat sich auch Christian Handke in den kleinen Ort verguckt. „Ich bin wirklich froh, dass meine Frau sich diesen Wunsch erfüllt hat“, gesteht der Wahlhavelländer. Die Wohnung in Berlin hat das Paar behalten und pendelt zwischen Metropole und ländlicher Idylle. Dank der guten Bahnanbindung sei das problemlos machbar. Zur Zeit sind Christian Handke und seine Frau aber coronabedingt im Homeoffice. Da das zu zweit und mit zwei Kindern kaum machbar ist, weicht Handke auf einen Arbeitsplatz in der Waldstatt aus. Von hier hält er nun seine Vorlesungen, denen Studenten in Lateinamerika, Europa oder Asien folgen. Aufgrund der Corona-Krise kehrten viele in ihre Heimatländer zurück und befinden sich nun in unterschiedlichen Zeitzonen, was eine echte Herausforderung in Sachen Zeitmanagement mit sich bringt. „Es ist gar nicht so einfach einen Zeitpunkt zu finden, an dem alle wach sind. Insofern ist es ein echter Pluspunkt, dass man mit einem persönlichen Zugangscode die Waldstatt rund um die Uhr nutzen kann“, so Handke. Natürlich vermisse er dennoch den persönlichen Kontakt zu seinen Studenten. Aber das Arbeiten hier sei allemal besser, als zu Hause zu sitzen. „Hier trifft man andere Menschen, kann sich austauschen und bekommt etwas vom Leben im Ort mit. Es ist ruhig, aber nicht zu ruhig. Ich finde diese Initiative absolut unterstützenswert und bin froh, dass ich dabei sein kann“, betont Handke. Tägliche Ersparnis: vier Stunden Fahrzeit: Froh, dabei zu sein, sind auch Mirko Wodtke und Mike Großmann. Die beiden hatten Ende des Jahres vom neuen Coworking-Space erfahren, noch am selben Tag Kontakt zu Ulrike Lierse aufgenommen und sich online einen Arbeitsplatz gebucht. Seit 4. Januar fahren die beiden Rathenower nun nach Großwudicke zum Arbeiten statt in den Zug nach Berlin zu steigen. Mike Großmann spart so jeden Tag vier Stunden Fahrzeit, Mirko Wodtke drei. Die beiden Freunde sind in der IT-Branche tätig und haben gemeinsam das große Büro in der Waldstatt gemietet. Sie freuen sich über die gewonnene Zeit und sind begeistert vom Arbeiten im Grünen. „Es ist die perfekte Mischung aus Homeoffice und Büro“, schwärmt Mike Großmann. Ein wichtiger Pluspunkt für ihn ist die gute Anbindung. „Jetzt kann ich auch mal schnell die Kinder aus der Kita abholen oder andere Erledigungen machen. Das war vorher undenkbar“, so der Rathenower. Umweltbewusst im Grünen arbeiten: Mirko Wodke genießt ebenfalls den Blick ins Grüne und freut sich, dass er sich hier zusammen mit einem guten Freund ein Büro teilen kann. „Man hat Ruhe und zugleich die Gelegenheit, sich auszutauschen und mit anderen über Probleme zu sprechen. Das hilft dabei, selbst auf die Lösung zu kommen“, verrät Wodke mit einem Lächeln. Was den beiden auch gefällt: Das Konzept der Waldstatt – arbeiten im Grünen – wird sogar in der Küche umgesetzt. Hier gibt es natürlich Kaffee. Der wird aber nicht aus Pads oder Kapseln gepresst, die die Umwelt belasten. Und statt Wasser aus Plastikflaschen können die Coworker gefiltertes Leitungswasser trinken. Anker in Großwudicke geworfen: Für Christian Handke kommt noch ein weiterer Pluspunkt dazu: „Meine Frau meinte, dass man hier eine unheimlich hohe Lebensqualität hat. Davon bin ich inzwischen auch überzeugt.“ Handke genießt so oft es geht mit seiner Familie das Leben im Westhavelland. Bevor die Corona-Krise den Alltag einschränkte, gehörten Spaziergänge im Optikpark, das Baden in der Havel und Treffen mit Freunden auf dem eigenen Hof dazu. „Wir fühlen uns hier sehr wohl und haben auf jeden Fall einen Anker geworfen. Die Waldstatt ist ein absoluter Pluspunkt, der das Leben auf dem Land mit viel Platz und eigenem Garten noch attraktiver macht“, sagt Christian Handke. Von Christin Schmidt