Brief an den Innenminister: Milower Musiker kritisiert Silvesterparty in Berlin

Wer Hartmut Hübener kennt, weiß der Sänger und Keyboarder der Milower Partyband Die Dandys ist ein freundlicher und ruhiger Mann, den so schnell nichts aus der Fassung bringt. Dennoch hat er sich nun öffentlich Luft gemacht. Der Milower hat kein Verständnis dafür, dass es am Brandenburger Tor in Berlin trotz Corona am Silvesterabend ein Bühnenprogramm geben soll. „Ich bin kein Typ, der sich über Dinge aufregt, aber das geht zu weit. Ich konnte es erst gar nicht glauben, dass man eine solche Veranstaltung organisiert. Ich dachte, es kann sich nur um einen Irrtum handeln. Aber offenbar meint man es wirklich ernst“, so der Musiker. Obwohl in diesem Jahr aufgrund der Corona-Krise keine großen Partys stattfinden dürfen, treten am 31. Dezember vor dem Brandenburger Tor diverse Künstler auf, allerdings ohne Publikum. Das Ganze ist als digitale Party angekündigt, die nur im Fernsehen oder Internet verfolgt werden kann. Letzte Bandprobe vor fast einem Jahr: Hartmut Hübener wird sich das Spektakel nicht anschauen. Nach fast einem Jahr ohne Auftritte macht ihn eine solche Aktion einfach nur wütend. „Das ist eine Klatsche für jeden Musiker und Kulturschaffenden, dem es momentan nicht erlaubt ist aufzutreten “, macht Hartmut Hübener in einem Post auf Facebook deutlich. Vor 25 Jahren hat der Milower zusammen mit seiner Frau Antje die Party- und Schlagerband Die Dandys gründete. Die letzte gemeinsame Bandprobe fand Anfang des Jahres statt. Seither mussten sie einen Auftritt nach dem anderen absagen. Das einzige, was ihnen zur Zeit bleibt, ist die Hoffnung auf bessere Zeiten. Um den Menschen in ihrer Heimat wenigstens ein bisschen Kultur zu bieten, hatten sie sich vor einigen Wochen überlegt, zu Weihnachten kleine Konzerte im Freien zu geben. Am Ende entschieden sie sich dagegen, weil sie befürchteten, dass die Menschen nicht nur ihre Fenster öffnen um zuzuhören, sondern sich auch zum Ort des Geschehens begeben, um live dabei zu sein. Brief an das Innenministerium: „Ich frage mich nun, welche Sonderrechte gibt es für die Veranstaltung in Berlin? Wie will man verhindern, dass keine Zuschauer erscheinen? Und wieviel Polizei muss einsatzbereit sein, wenn sich dann doch halb Berlin zum Brandenburger Tor aufmacht?“, fragt der Milower. Er hat kein Verständnis dafür, dass eine solche Veranstaltung in der Krise organisiert wird, nur um Fernsehzuschauern eine neue Silvestershow bieten zu können. Am Montag hat Hübener seinen Frust auch dem Innenministerium schriftlich mitgeteilt. Unter anderem wirft er in seinem Schreiben die Frage auf, ob es Sinn macht, für eine Fernsehproduktion solch ein Risiko einzugehen? Eine Antwort kam prompt und zwar mit dem Hinweis, dass für dieses Anliegen die Berliner Senatsverwaltung für Inneres zuständig ist. Hübener schickte also eine weitere E-Mail und bekam wieder umgehend Antwort. Dieses Mal hieß es, der Senator für Kultur und Europa, Klaus Lederer, sei der richtige Ansprechpartner und man habe ihm das Schreiben bereits weitergeleitet. Auf eine Antwort von Lederer wartet der Milower aber noch. Radiosender um Unterstützung gebeten: Nicht nur der Sicherheitsaspekt bereitet Hartmut Hübener Sorgen: „Man veranstaltet ein Silvesterprogramm mit Prominenz, die mitunter keine finanziellen Schwierigkeiten hat, was ihnen grundsätzlich auch gegönnt sei. Aber wo bleiben die Künstler aus der Heimat, aus Berlin und Brandenburg?“, fragt der Musiker, der zuletzt am Rosenmontag auf einer Bühne stehen durfte. Zuvor hatte sich Hübener bereits schriftlich an den Radiosender Antenne Brandenburg gewandt und gefragt, ob es in dieser schweren Zeit nicht möglich wäre, mehr Lieder regionaler Künstler zu spielen. So könnten diese zumindest einige Einnahmen generieren. Breite Unterstützung auf Facebook: „Ich bekam bis heute nicht mal eine Antwort. Mehr Abwertung und Erniedrigung ist kaum möglich. Antenne Brandenburg, soll eigentlich unser Heimatsender sein. Sie sollten sich schämen, so mit ihren Künstlern umzugehen“, sagt Hartmut Hübener. Er weiß, Radiosender in anderen Bundesländern sind durchaus bereit regionale Künstler zu unterstützen und widmen ihnen sogar ganze Sendungen – und das nicht nur in Krisenzeiten. Was Hartmut Hübener bleibt, ist die Gewissheit, dass er mit seiner Meinung nicht allein ist. Zahlreiche Nutzer haben seinen Facebook-Post kommentiert und alle geben ihm recht. Unter anderem hat sich Frank Schilling, Moderator von BB-Radio, zu Wort gemeldet: „Ich finde es unmöglich, was da passiert.“ Von Christin Schmidt