20-jährige Straßenwärterin tourt durchs Havelland – Paulina Block arbeitet in einer Männerdomäne

Manchmal klingelt bei ihr auch schon mal um zwei Uhr der Wecker. So wie vor Kurzem, als der Deutsche Wetterdienst 20 Zentimeter nächtlichen Neuschnee und Temperaturen um die minus zehn Grad Celsius voraussagte. Für Paulina Block hieß das: Viel Arbeit in ihrer Schicht auf der B 5 zwischen Nauen und der Stadtgrenze Berlin. „Es war mal wieder ein richtiger Winter und wir hatten gut zu tun“, erzählt die Straßenwärterin von Bredow über ihren ersten großen Winter-Einsatz. Es war der erste Winter nach Abschluss ihrer dreijährigen Lehre zur Straßenmeisterin, und gleich ein spannender Winter mit viel Schnee, wie sie es sagt. Für die 20 Jahre alte Frau bedeutete dies: Rein in die orangene Hose und die dicke Jacke. Kurz vor drei Uhr morgens stieg sie dann in ihren 18-Tonner MAN TGS mit der Schneeräumvorrichtung und fuhr ihn unter die Salz-Silos zum Beladen. Steffen Kerger, Schichtleiter der Straßenmeisterei Nauen, die ihren Sitz in Bredow hat, setzte Paulina Bock gleich auf der vierspurigen Hauptstrecke B 5 ein. Der Beruf des Straßenwärters hat eine bis ins 18. Jahrhundert zurückliegende Geschichte. Schon in dieser Zeit sorgten Straßenwärter dafür, dass die damaligen Chausseen in einem guten, befahrbaren Zustand waren. Aber wie kommt eine Frau auf die Idee, diesen Beruf zu ergreifen? „Ich wollte mit Männern arbeiten, wollte nicht ins Büro und wollte draußen tätig sein“, sagt die 20-Jährige, der die Freude über ihre Berufswahl anzusehen ist. Einzige Frau unter 21 Männern: Der Berufsorientierungstag für Schüler der 8. Klasse der Krause Tschetschog Oberschule aus Bad Belzig in der dortigen Verkehrsmeisterei entfachte das Feuer in ihr für diesen Beruf. „Danach wusste ich genau, was ich werden will“, erzählt Paulina Block, die als einzige Frau unter 21 Männern im letzten Ausbildungsjahrgang aus den Händen von Guido Beermann, Verkehrsminister des Landes Brandenburg, bei einer Feierstunde im Industriemuseum in Brandenburg an der Havel ihren Fachbrief erhielt. Drei Jahre einer abwechslungsreichen Lehrzeit lagen hinter ihr im Landesbetrieb Straßenwesen, viele Kilometer auf den Straßen Brandenburgs war sie unterwegs und lernte alles über Arbeitsstellen- und Verkehrssicherung, Vermessungstechnik sowie Bau- und Instandsetzungsarbeiten kennen. Auch die Grünpflege und das Anbringen sowie Instandhalten von Verkehrszeichen waren Bestandteil ihrer Ausbildung. Konzentration hinterm Lenkrad muss hoch sein: Der schulische Teil fand im Oberstufenzentrum Havelland in Friesack statt, den betrieblichen übernahm das Berufsförderungswerk des Bauindustrieverbandes Brandenburg in Brandenburg an der Havel. Und im letzten Abschnitt, ihr persönlicher Höhepunkt der Ausbildung, bekam sie den Führschein für den 18-Tonner-Lkw, auf den sie sich besonders freute. Dichtes Schneetreiben, geschlossene Schneedecke, der Scheibenwischer vertreibt die Flocken – so fand sie an jenem frostigen Wintermorgen die B 5 vor. „Mit zwei Lkw versetzt zueinander haben wir dann den Schnee zur Seite geschoben“, erzählt Paulina Block. „Die Konzentration hinterm Lenkrad bei dieser Arbeit muss hoch sein, der Abstand zum Nachbarfahrzeug und der fließende Verkehr fordern die ganze Aufmerksamkeit“, sagt Schichtleiter Steffen Kerger aus Wustermark, der die Leistung der noch jungen Kollegin schätzt. Sie hat auch eine Bitte an Auto- und Lkw-Fahrer: Über Funk verständigte sie sich an jenem Morgen mit ihrem Kollegen Kerger im zweiten Schneeräumer: stimmt der Abstand? Wieviel Salzlösung ist noch im Tank? Fünfmal geht es in einer Schicht von Nauen bis an die Stadtgrenze Berlins und wieder zurück. „Gerade die kleinen Steigungen sind es, die wir besonders bearbeiten“, sagt Paulina Bock. Der Logistikverkehr rund um die Güterverteilzentren Brieselang, Wustermark und Ketzin musste an diesem Morgen durchkommen. Das war ihr Anspruch. Erst in der vergangenen Woche wurde ein Fahrzeug der Autobahnmeisterei Werder in der Nähe der Ausfahrt Falkensee von einem Lkw-Fahrer übersehen und angefahren – spielt Angst in ihrem Beruf eine Rolle. „Nein“, sagt sie kurz, aber sie hätte da eine Bitte an die Verkehrsteilnehmer: „Wenn die gelben Lichter der Fahrzeuge der Straßenmeisterei an sind, dann sollten die Autofahrer rücksichtsvoller fahren“. Beseitigung der größten Winterschäden: Über den Standstreifen rechts zu überholen, wenn sie und ihre Kollegen mit zwei Schneeräumern auf der B 5 parallel unterwegs sind, so ihre erste Erfahrung im Schneewinter 2021, „würde gar nicht gehen“. Das wäre dann für alle Verkehrsteilnehmer gefährlich. Die Sonne scheint, der Schnee ist geschmolzen. Bis zum 28. Februar müssen sie nun die Baumfällungen erledigt haben, so die Straßenmeisterin, die in einer Dienstwohnung auf dem Gelände der Straßenmeisterei Nauen wohnt. Noch gilt es im Winterdienst die größten Winterschäden zu beseitigen. Dafür hat sie den Pflug abgestellt und den Aufleger für die Salzlösung abgenommen und durch einen Ladekipper ersetzt. Um fünf Uhr klingelt jetzt erst der Wecker für die Frühschicht. Aber vielleicht kommt der Winter noch mal zurück. Von Ulrich Hansbuer