Premnitz: Hohmann steht für Arbeitskampf 1992 gegen die Treuhand

Premnitz spielt eine wichtige Rolle in der neuen Ausstellung „Mensch Brandenburg!“, die am Sonntag in Potsdam eröffnet wird. Das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte nimmt das 30-jährige Bestehen nach der Neugründung des Landes Brandenburg zum Anlass für eine Betrachtung unter dem Motto „30 Jahre, 30 Orte, 30 Geschichten“. Es soll betrachtet werden, was das Land in den letzten 30 Jahren geprägt hat und was es heute ausmacht. Weil nach 1990 in den neuen Bundesländern das wenig segensreiche Wirken der Treuhandgesellschaft, die „Volkseigene Betriebe“ der DDR in privatwirtschaftliche Eigentumsverhältnisse überführen sollte, eine große Bedeutung hatte, ist ihr einer der 30 Schwerpunkte gewidmet worden. Dazu wiederum ist von den Machern der Ausstellung der damalige Textilstandort Premnitz als Beispiel ausgewählt worden, dessen Abwicklung die Treuhand beschlossen hatte. Dagegen wehrten sich die Beschäftigten 1992 mit einem denkwürdigen Arbeitskampf. Zum Prinzip der Ausstellung gehört auch, in allen 30 Segmenten jeweils eine Person ins Zentrum zu stellen, die bei den ausgewählten historischen Ereignissen eine tragende Rolle gespielt hat. Beim Premnitzer Arbeitskampf war das zweifellos Mathias Hohmann, der damals als Betriebsratsvorsitzender der Märkischen Faser AG an der Spitze der Bewegung stand, die möglichst viele Arbeitsplätze des Chemiefaserwerkes erhalten wollte. Das große Werk, das in seinen besten Zeiten 6.500 Beschäftigte hatte, war durch die Treuhandanstalt 1990 in die Märkische Faser AG umgewandelt worden. 1992 wurde die Gesellschaft an einen privaten „Investor“ übertragen, der eigentlich nur die Grundstücke verkaufen wollte. Am 24. September jenes Jahres kam der Schock: Alle damals noch 2.155 Beschäftigten sollten entlassen werden. Doch die Chemiefaserwerkerinnen und -werker wehrten sich. Sie verbarrikadierten das Tor mit großen Faserballen und organisierten Protestveranstaltungen. Mathias Hohmann kam es dabei zu, für sie zu sprechen. 73 Tage dauerte die Werksbesetzung. Viele bekannte Politiker kamen und sprachen zu den Premnitzern. Der damalige Ministerpräsident Manfred Stolpe und Sozialministerin Regine Hildebrandt (beide SPD) sind allen am besten in Erinnerung geblieben. Nach einem Kompromiss wurde die Werksbesetzung schließlich beendet. Bezeichnet als „Der Kämpfer“ ist Mathias Hohmann von den Ausstellungsmachern hervorgehoben worden. Als Schlosser im Werk sei er 1990 in den Betriebsrat gewählt worden. Bei den Massenkündigungen und der bevorstehenden Abwicklung habe er sich als „starker Streikführer“ hervorgetan. Tausende Menschen kamen: „Es war für mich nicht absehbar, dass die Premnitzer so mitziehen und zu Tausenden zum Werkstor geströmt sind“, wird Mathias Hohmann in der Ausstellung zitiert. Er sehe es noch immer vor sich, wie die vielen Menschen auf ihn zu kamen, um zu erfahren, was nun passieren sollte. In einem aktuellen Interview, das der Ausstellung als kurzes Video beigefügt ist, wird Mathias Hohmann darüber befragt, was er über den 30. Geburtstages des Landes denkt. Wenn er Brandenburg mit einem Bild beschreiben müsste, soll er sagen, welches wäre das? „Ich sitze in meinem Kajak, schaue über die Havel, über Wiesen und Felder und sehe am Horizont die modernen Industrieanlagen vom Chemie-Standort Premnitz“, antwortet er. König von Brandenburg: Und auf die abschließende Frage, warum gerade dem Land Brandenburg sein Herz gehört, teilt er vielschichtig mit: „Hier kannste auch als Einäugiger König sein.“ Von Bernd Geske