Bestatter in Rathenow berichten über Corona

Eigentlich sorgen der Winter jedes Jahr für mehr Sterbefälle, als die übrigen Monate. In diesem Jahr verzeichnen die Bestattungshäuser in Rathenow und Premnitz besonders viele Aufträge. So auch das Bestattungshaus Schnee, das in Rathenow und Premnitz Filialen hat. Allerdings hat der Anstieg der Sterbefälle im Januar nicht ausschließlich mit Corona zu tun. „Es steht zwar öfters auf dem Totenschein der Hinweis ,mit oder an Corona verstorben’. Das macht aber jetzt nicht die Mehrzahl der Fälle aus. In den Monaten Dezember bis Februar haben wir immer mit mehr Bestattungen zu tun", erzählt Inhaber Uwe Schnee. Termine für Urnenbestattungen später als sonst: Viel mehr belasten die Bestattungshäuser in Rathenow und Premnitz die Arbeitsabläufe und das Organisatorische. So dauert es bei Urnenbeisetzungen etwas länger, bis man einen Bestattungstermin bekommt. „In der Regel warten die Angehörigen etwa 14 Tage auf einen Bestattungstermin. Da aber zurzeit die Krematorien stark ausgelastet sind, kann es drei bis vier Wochen bis zur Bestattung dauern. Bei Erdbestattungen bleibt es bei den vorgeschriebenen zehn Tagen bis zur Bestattung“, erzählt Mitarbeiterin Denis Mai. Aber auch bei Erdbestattungen läuft nicht alles wie immer ab. „Wir machen keine Aufbahrungen am offenen Sarg mehr. So schützen wir nicht nur unsere Mitarbeiter, sondern auch die trauernden Angehörigen. Diese würden sonst mit großer Wahrscheinlichkeit die Nähe zu dem Verstorbenen suchen“, erklärt Uwe Schnee. Corona: erschwerte Arbeitsbedingungen: Die Corona-Bestimmungen in den Einrichtungen und Ämtern machen den Bestattern die Arbeit nicht gerade leichter. „Auf den Standesämtern muss man sich vorher anmelden. Da kann man nicht mal einfach so vorbeigehen und etwas abgeben. Auch die Abholung von Verstorbenen aus Krankenhäusern und Pflegeheimen gestaltet sich durch die Corona-Bestimmungen schwieriger. Man muss immer vorher alles telefonisch genau besprechen“, so Denis Mai. Da es für Bestattungen auf Friedhöfen von Ort zu Ort unterschiedliche Bestimmungen gibt, müssen sich die Bestatter stets neu einstellen, auch die trauernden Angehörigen verstehen es oft nicht. „So dürfen die Trauerhallen in Premnitz und Milow zum Beispiel nicht genutzt werden. In Rathenow dürfen zehn Personen mit Mindestabstand in der Trauerhalle Abschied von dem Verstorbenen nehmen. Für die Angehörigen sind die Unterschiede besonders schwierig zu verstehen“, so Uwe Schnee. Trauernde müssen auf Nähe verzichten: „Trauernde suchen ja oft die Nähe und Geborgenheit. Da fällt es den Trauernden schwer, den Mindestabstand einzuhalten und auf Drücken und Umarmungen zu verzichten. Sie zeigen aber dafür Verständnis, wie es sich auf den Bestattungen zeigt“, so Uwe Schnee weiter. Natürlich schützen sich die Bestatter und ihre Mitarbeiter auch selbst. „Wenn wir jemanden abholen, der mit oder an Corona verstorben ist, tragen wir natürlich Schutzanzüge“, so Denis Mai. Auch im Bestattungshaus Neumann, ebenfalls mit Filialen in Rathenow und Premnitz, ist die Wahrnehmung ähnlich. „Die meisten Sterbefälle, die wir zurzeit mit positivem Corona-Test haben, sind vor allem alte und schwerkranke Menschen. Das ist aber auch ohne Corona in den Wintermonaten von November bis März so“, erklärt Anja Jann, Juniorchefin im Bestattungshaus Neumann. Auch hier gibt es längere Wartezeiten für eine Urnenbeisetzung. „Die Krematorien haben mehr zu tun. Das liegt nach Aussagen unseres Krematoriums aber nicht nur an Corona-Verstorbenen. Viele Bestatter in den Grenzgebieten, die früher ihre Verstorbenen zum Beispiel nach Polen gebracht haben, fahren jetzt Krematorien in Deutschland an. Das hatte ich auch nicht so gedacht“, erzählt Anja Jann. Keine Möglichkeit, den Toten zu sehen: Auch das Abschiednehmen für die Angehörigen sei eingeschränkt. „Wer zum Beispiel mit Corona im Krankenhaus positiv getestet wurde, durfte dort keinen Besuch empfangen. Wenn der Patient dann im Krankenhaus auch noch verstirbt, wird er dort eingepackt. Auch wir dürfen den Verstorbenen dann nicht mehr anfassen.“ Somit habe der Hinterbliebene keine Chance mehr, den verstorbenen Angehörigen nochmals zu sehen. „Aufbahrungen sind bei uns natürlich auch nicht möglich. Das ist für die Familie des Verstorbenen schon sehr bitter“, erzählt Anja Jann. FFP3-Masken vorgeschrieben: Auch das Betreten von Pflegeheimen und Krankenhäusern erfordert für das Bestattungshaus Neumann besondere Vorkehrungen. Grund sind die hohen Fallzahlen insbesondere in Altenheimen. „In einigen Krankenhäusern und Pflegeheimen reichen die FFP2-Masken nicht mehr aus. Wir müssen dort FFP3-Masken und besondere Schutzkleidung tragen", so Anja Jann. Ein Problem beim ersten Lockdown war für das Bestattungshaus Neumann die Beschaffung von Schutz- und Hygienemitteln. „Bestattungshäuser sind nicht systemrelevant. Wir hatten plötzlich zu wenig Schutzkleidung, Handschuhe und Desinfektionsmittel. Im Sommer, als sich alles beruhigt hatte, haben wir dann ordentlich Vorrat angelegt. So sind wir jetzt gut gewappnet“, erzählt Anja Jann. Bleibt zu hoffen, dass sich die Lage in den Frühjahrs- und Sommermonaten entspannt und Hinterbliebene wieder einen würdevollen Abschied von ihren Lieben nehmen können. Von Jürgen Ohlwein