Golfhotel wegen Corona im Ausnahmezustand

In dem Filmklassiker „The Shining“ verliert ein Hoteldirektor, der mit seiner Familie in seiner von der Außenwelt abgeschnittenen Herberge ausharrt, langsam den Verstand. So weit ist es bei Bernd Eulitz glücklicherweise noch nicht gekommen. Aber der Direktor des Golfresorts Semlin hätte guten Grund, die Nerven zu verlieren. Vollbremsung Mitte März: Denn das größte Hotel im Westhavelland ist seit dem 18. März geschlossen. Die 72 Zimmer hat seitdem kein Gast betreten, die rund 50 Mitarbeiter befinden sich in Kurzarbeit. Nur einige Techniker kommen regelmäßig vorbei, um die Anlagen zu warten. Das Golfhotel samt Restaurantbetrieb ist seit dem 18. März geschlossen. Auch der Golfplatz darf seitdem nicht mehr genutzt werden. Es handelt sich um eine Sportstätte. Diese müssen laut Verfügung des Landes geschlossen bleiben. Die Greenkeeper allerdings kümmern sich weiter um die Pflege der Anlage. Die Grüns werden gewässert und gemäht, die gesamte Anlage wird in Ordnung gehalten. Aber Bernd Eulitz hält die Stellung. Er eilt durch die leeren Flure, um nach dem Rechten zu sehen. Alle Telefone sind auf sein Handy umgeleitet. Der Hoteldirektor ist in diesen Tagen vor allem als Rezeptionist gefragt. Er nimmt die Post in Empfang, erklärt Golfspielern, dass die Anlage geschlossen ist, nimmt Stornierungen entgegen und kümmert sich darum, dass Anzahlungen zurückerstattet werden. Horrender Umsatzverlust: Und er macht sich Gedanken über die Zukunft. 500000 Euro Umsatzverlust bis Ende April sind sicher. Und auch wenn der Hotelbetrieb dann wieder starten sollte, wird es eine ganze Weile dauern, bis das normale Geschäftsniveau wieder erreicht ist. Für das, was dem Hotel Mitte März geschehen ist, gibt es nur eine Beschreibung: Vollbremsung. Tagungen mussten abgesagt, Familienfeiern verschoben, der Golfplatz geschlossen, Hotelgäste nach Hause geschickt werden. Innerhalb kürzester Zeit wurde rege Betriebsamkeit durch gespentische Stille ersetzt. Kein Housekeeping mehr, kein Restaurantbetrieb, kein gar nichts. Dabei waren die Kühlräume der Küche bereits für den Frühjahrsansturm gefüllt. „Wir haben die Sachen unter den Mitarbeitern verteilt. Als kleinen Trost“, sagt Eulitz. „Die haben es jetzt schwer genug.“ Stillstand in der Boomphase: Die Coronakrise habe das Hotel in einer absoluten Boomphase erwischt, sagt Eulitz. Vor Ostern ziehe das Geschäft traditionell an. Aber in diesem Jahr sei die Nachfrage besonders groß gewesen. „Wir waren ausgebucht. Das wäre der beste März aller Zeiten geworden.“ Nun ist es der ruhigste Monat seit der Eröffnung des Hotels. Die Stornierungen bis Ende April sind erledigt. Hin und wieder ruft jemand an und will wissen, wie es danach weiter geht. „Es kann reserviert werden“, sagt der Direktor. „Wir nehmen jede Buchung entgegen – aber natürlich unter Vorbehalt.“ Denn noch wisse niemand, wann der Betrieb wieder starten dürfe. Hilfen beantragt: Um über die Durststrecke zu kommen, hat die Geschäftsführung nicht nur Kurzarbeit für die Mitarbeiter, sondern auch die von Bund und Land aufgelegten Soforthilfen und Sonderkredite beantragt. „Wir warten auf die Bewilligung“, so Eulitz. „Es wäre schön, wenn wir bald Bescheid bekämen. Das würde uns einige Sorgen nehmen.“ Aber er habe Verständnis dafür, dass die Bewilligung bei der Flut der Anträge nicht von heute auf morgen da sein könne. Hoffnung auf den Mai: „Keine Frage, die Situation ist existenzbedrohend“, sagt Eulitz. Die Hoffnung sei nun auf einer Wiederöffnung im Mai gerichtet, „Ich bin optimistisch, dass wir die Situation dann meistern.“ Die Mitarbeiter, mit denen er in ständigem Kontakt stehe, seien motiviert. „Sobald wir grünes Licht bekommen, legen wir los.“ Und möglicherweise bekomme man im Sommer Buchungen von einheimischen Gästen, die ihren Urlaub nach dieser Krise lieber in der Heimat verbringen wollen. Bis dann wird der Direktor das Hotel hüten. „Seltsam ist das schon, so allein zu sein in diesem riesigen Haus“, sagt er. Vor allem abends, wenn er sich in seine Hotelwohnung zurückzieht, kommt er ins Grübeln. Immerhin gibt es einen Sicherheitsdienst, der die Anlage rund um die Uhr bewacht. Und irgendwann – hoffentlich bald – wird er aus dem Restaurant wieder die Gläser klingen hören. Von Markus Kniebeler

Rathenow - Golfhotel im Ausnahmezustand