Klietz: Flugabwehrgruppen trainieren den Ernstfall

Auf dem Klietzer Truppenübungsplatz herrschte in dieser Woche Ausnahmezustand. Das Areal wurde mit Mittelstreckenraketen und Marschflugkörpern angegriffen, Terroristen verübten Attentate, es gab Tote und Verletzte. Ein Glück, dass das beschriebene Szenario nur Teil einer Übung war. Seit Montag sind die zwei Flugabwehrgruppen 21 und 24 aus Mecklenburg/Vorpommern auf dem Gelände, um den Ernstfall zu trainieren. Rund 650 Soldaten mit über 300 Fahrzeugen haben auf dem Areal Stellung bezogen. Ihr Auftrag: Sie sollen ein fiktives Land vor Angriffen aus der Luft beschützen. Wirksame Verteidigungswaffe: Zu diesem Zweck haben die Soldaten aus dem Norden eine der wirkungsvollsten Verteidigungswaffen überhaupt im Gepäck – das Flugabwehrraketensystem Patriot. Die vom Boden abgefeuerten Lenkflugkörper, so der Fachbegriff, sind in der Lage, Flugzeuge, Marschflugkörper und Raketen im Anflug zu zerstören. Oberstleutnant Siegfried Kraus ist Kommandeur der Flugabwehrraketengruppe 21 aus Sanitz, einer von drei Patriot-Gruppen der Bundeswehr. Die Gruppe ist Teil der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) der Nato. Dieser multinationale Verbund, man könnte ihn als schnelle Eingreiftruppe bezeichnen, soll in Krisenfällen innerhalb von fünf bis sieben Tagen einsatzbereit sein. „Unser Auftrag ist rein defensiver Natur“, erklärt Oberstleutnant Kraus. Ziel sei es, Bündnispartnern, die bedroht werden, zur Seite zu stehen. Dazu sei es nötig, in kürzester Zeit eine kampfbereite Truppe auf die Beine zu stellen. In Klietz trainieren die Soldaten nicht nur den Umgang mit dem hochtechnisierten Waffensystem. Vielmehr wird ein Komplett-Szenario durchgespielt, das eine Staffel der Flugabwehrraketengruppe 21 über Monate hinweg minutiös durchgeplant hat. Begonnen hat die Übung am Montag mit der Verlegung des Verbandes an den Einsatzort. Auf dem Klietzer Gelände haben sich die vier Einsatzstaffeln, zu denen jeweils 90 Soldaten gehören, verteilt. Und mussten gleich die ersten simulierten Angriffe aus der Luft abwehren. Idealer Trainingsort: „Der Klietzer Platz eignet sich wegen seiner Größe hervorragend für eine Übung dieser Art“, sagt Siegfried Kraus. Es sei möglich, innerhalb der Platzgrenzen verschiedene Stellungen zu beziehen und sich so auf ändernde Bedrohungslagen einzustellen. Gefahr droht den Soldaten in einem solchen Krisenszenario nicht nur aus der Luft. Am Mittwoch etwa fand ein terroristischer Angriff auf eine der Staffeln statt. Es gab Handgranatenwürfe, Feuergefechte und Verletzte. Auch deren Versorgung gehört zur Übung. „Wir haben eigene Sanitäter dabei“, sagt der Oberstleutnant. Und auch bei der Versorgung der Soldaten sei man autark. Eine Küchencrew mit Feldküche garantiert, dass den Einsatzkräften die Energie nicht ausgeht. „Im Grunde geht hier ein großes, durchchoreografiertes Schauspiel über die Bühne“, sagt Major Christian Mondok. Der entscheidende Unterschied zum Theater sei allerdings, dass die Darsteller nicht wissen, welche Szene als nächstes folgt. „Nichts ist so schädlich wie Routine“: Major Mondok hat, um im Bild zu bleiben, mit seinem Team das Drehbuch zur Übung geschrieben. Und in Klietz ist er der Regisseur. „Ziel ist es, die Soldaten immer wieder aufs Neue zu fordern“, sagt er. Nichts sei so schädlich wie Routine. Deshalb würden im Rahmen einer solchen Übung auch Situationen trainiert, die nicht auf dem alltäglichen Lehrplan stehen. „Training ist das A und O“, fügt Oberstleutnant Kraus hinzu. „Wer nicht besser werden will, hat aufgehört, gut zu sein.“ Von Markus Kniebeler

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