Millionenprojekt in Vorbereitung: Rathenower Wehranlage wird saniert

Als im vergangenen Winter auf den Flächen neben dem Hinterarchenwehr Bäume gefällt und Sträucher beseitigt wurden, da war das der Auftakt zu einem der umfangreichsten Bauvorhaben in der Stadt Rathenow überhaupt. Wie schon vor Jahren vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Spree-Havel (WSA) angekündigt, soll die alte Wehranlage an den Hinterarchen abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Ab Havelkilometer 103 durchfließt die Havel das Rathenower Stadtgebiet. Sie teilt sich in mehrere Arme: die Rathenower Havel, die Vorderarchen, die Hinterarchen, den Schleusenkanal an der Hauptschleuse und den Stadtkanal sowie den Durchlass an „Hellers Loch”. Die Havelarme vereinen sich im Süden der Stadt wieder zu einem Hauptfluss. In den Havelarmen befinden sich Wehre und Schleusen. Sie zusammen bilden die Staustufe Rathenow. Wer aber erwartet hatte, dass unmittelbar nach den Rodungsarbeiten die Bagger anrollen würden, der täuschte sich. An sichtbaren Arbeiten ist auf dem Gelände seit dem vergangenen Winter nicht viel passiert. Das heißt allerdings nicht, dass an dem Vorhaben nicht gearbeitet worden wäre. Nur spielten sich die Vorbereitungen nicht auf der Baustelle, sondern in den Büros des Amtes und der planenden Ingenieure ab. Planungsauftrag an Ingenieurgemeinschaft: Nach Auskunft von WSA-Mitarbeiterin Heike Püschel, die das Vorhaben leitet, wurde im vergangenen Jahr der Planungsauftrag vergeben. Drei zu einer Gemeinschaft zusammengeführte Ingenieurbüros sind damit befasst, ein Konzept für die Sanierung der Staustufe Rathenow zu erstellen. In diesem Jahr soll der Bauauftrag vergeben werden. Mit dem Beginn der Wehrerneuerung ist nach Auskunft Püschels erst im kommenden Jahr zu rechnen. Vor dem Abriss des Wehrs muss im Oberwasser eine Spundwand errichtet werden, die den Pegel so weit sinken lässt, dass große Teile der Wehranlage abgerissen werden können. Um an die Fundamente heranzukommen, wird in einem zweiten Schritt auch im Unterwasser eine Spundwand vor das Wehr gesetzt. Dann wird der Kasten zwischen den beiden Spundwänden leer gepumpt. So kommen die Arbeiter an die alten Fundamente heran und können nach deren Abriss mit den Gründungsarbeiten für das neue Wehr beginnen. Zwei bis drei Jahre Bauzeit: Zwei bis drei Jahre haben die Planer für Abriss und Neubau der Wehranlage an den Hinterarchen veranschlagt. In dieser Zeit sollen auch ein Fischpass installiert und die Brücke über das Wehr erneuert werden. Sobald das neue Hinterarchenwehr funktionsfähig ist, wird das Vorderarchenwehr für die Stauregulierung der Havel nicht mehr benötigt und kann – in Teilen – zurückgebaut werden. Vor die Brücke über das Wehr wird deshalb im Oberwasser ein Damm errichtet. Ein regulierbarer Durchlass in diesem Damm soll verhindern, dass die Vorderarche nicht zu einem stehenden Gewässer verkommt, sondern weiterhin durchströmt wird. Fertigstellung frühestens 2026: Für die Arbeiten am Vorderarchenwehr sind noch einmal rund zwei Jahre veranschlagt. Die Gesamtsanierung der Wehranlagen an den Rathenower Archen, in die der Bund rund zwölf Millionen Euro investiert, wird also frühestens im Jahr 2026 abgeschlossen werden. Dass die Corona-Pandemie nicht zu einer Beschleunigung des äußerst komplexen Bauvorhabens beigetragen hat, liegt auf der Hand. Wichtige Planungsrunden konnten wegen der Kontaktbeschränkungen nicht wie vorgesehen stattfinden, Termine mussten verschoben, Fristen verlängert werden. Ohne diese Beeinträchtigungen wäre laut Püschel wohl noch in diesem Jahr mit dem Abriss begonnen worden. Vorarbeiten in diesem Jahr: Komplett brach liegen wird das Gelände rund um das Hinterarchenwehr in diesem Jahr aber nicht. Die Kabel, die über das Wehr laufen, werden in Leerrohre verlegt, die bereits im vergangenen Jahr unter dem Havelarm installiert wurden. Außerdem wird im Oberwasser – nämlich dort, wo der Fischpass realisiert werden soll – eine Schiffsanlegestelle abgebaut und rund 100 Meter flussaufwärts neu eingerichtet. Und auch der Elektroanschluss, der das neue Wehr mit Strom versorgen soll, wird bereits in diesem Jahr installiert. Nach Fertigstellung des Hinterarchenwehrs wird die Stauregulierung der Havel über zwei moderne Wehre erfolgen. Das im Jahr 2006 sanierte Mühlenwehr und das baugleiche Hinterarchenwehr können zusammen 360 Kubikmeter Wasser pro Sekunde abführen. Selbst beim Ausfall eines der vier 22 Meter breiten Wehrfelder würde das reichen, um die Stadt Rathenow vor einem so genannten Jahrhunderthochwasser zu schützen. Von Markus Kniebeler