Pendlerhoffnungen enttäuscht: Keine Zusatzzüge von Rathenow nach Berlin

Die Hoffnungen auf eine schnelle Taktverbesserung im Bahnverkehr zwischen Rathenow und Berlin erfüllen sich nicht. Im Winterfahrplan, der jetzt veröffentlicht wurde und am 13. Dezember in Kraft tritt, ist von den erwünschten Zusatzverbindungen keine Spur. Wie bislang verkehrt der RE 4 zwischen Rathenow und Berlin im Stundentakt. Der Ausbau der Lehrter (Stamm)Bahn ist im Bundesverkehrswegeplan 2030 verbindlich festgeschrieben. Rund 530 Millionen Euro sind veranschlagt, um die in Teilen stillgelegte Stammbahn zwischen Vorsfelde (Niedersachsen) und Wustermark wieder flott zu machen. Dieser 141 Kilometer lange Abschnitt soll durchgehend elektrifiziert und für Geschwindigkeiten von 160 km/h ausgebaut werden. Zwischen dem Abzweig Bamme und dem Abzweig Ribbeck soll ein drittes Gleis errichtet werden. Derzeit befinden sich dort nur zwei Streckengleise, die sich die Züge des Güter-, Regional- und Fernverkehrs teilen müssen. Die Lehrter Bahn soll 2034 in Betrieb genommen werden. Die Forderung nach mehr Zügen auf der wichtigsten Pendlerstrecke im Westhavelland wird von den Bahnanrainer-Kommunen seit Jahren erhoben. Dass ein Bedarf besteht, wurde auch von der großen Politik längst erkannt: Der Ausbau der Lehrter Stammbahn ist beschlossene Sache. Neben der Hochgeschwindigkeitsstrecke soll die Stammbahn zwischen Rathenow und Berlin instand gesetzt werden. Ein durchgehendes zusätzliches Gleis würde mehr Verkehr auf dem viel befahrenen Streckenabschnitt ermöglichen. Das Problem: Die Fertigstellung dieses Millionen-Projektes ist im Jahr 2034 geplant. Da sind viele der Pendler, die jetzt auf eine Entlastung hoffen, längst in Pension. Deshalb drängen Kommunalpolitiker auf schnellere Lösungen. Anfang des Jahres hatten die Verwaltungschefs der Städte Premnitz und Rathenow, der Ämter Rhinow und Nennhausen und der Gemeinde Milower Land das Land in einer gemeinsamen Erklärung aufgefordert zu prüfen, ob sich eine Taktverdichtung in pendlerstarken Zeiten früher realisieren lasse. Pragmatischer Vorschlag: Im Sommer dann hatte Christian Görke, verkehrspolitischer Sprecher der Linken im Brandenburger Landtag, einen ganz pragmatischen Vorschlag gemacht und damit die Hoffnungen auf eine schnelle Lösung genährt . Er regte an, die Linie RB 13, die von Berlin-Jungfernheide nach Wustermark verkehrt, bis Rathenow zu verlängern und zumindest zu den Hauptverkehrszeiten einen Halb-Stunden-Takt einzurichten. Görke hatte sogar in Erfahrung gebracht, dass die Deutsche Bahn in Erwägung gezogen hatte, nicht benötigtes Wagenmaterial aus Mecklenburg-Vorpommern einzusetzen, um die Verlängerung der RB 13 hinzubekommen. Ministerium dämpft Erwartungen: Das Infrastrukturministerium, das die zusätzlichen Verbindungen beim Verkehrsverbund Berlin Brandenburg (VBB) bestellen muss, dämpfte allerdings mit einer unverbindlich-bürokratischen Aussage allzu hochfliegende Erwartungen. „Entsprechend den Zielvorgaben des Landesnahverkehrsplans 2018 prüft der VBB zu jedem Jahresfahrplan, ob im Vorlauf auf den Ausbau bereits verkehrlich sinnvoll und wirtschaftlich vertretbare Verstärkerzüge in der Hauptverkehrszeit realisierbar sind“, lautete die Antwort auf eine Anfrage der MAZ. Verärgerung beim Abgeordneten: Nun ist diese Prüfung für den anstehenden Winterfahrplan negativ ausgefallen. Nach Auskunft des Ministeriums „steht für eine Taktverdichtung auf der Strecke Rathenow-Berlin (RE4) aktuell kein Fahrzeugmaterial zur Verfügung“. Ein Grund hierfür sei, dass immer wieder Fahrzeuge für den für 2022 geplanten Netzwechsel umgebaut werden. „Es wird gegenwärtig jedoch geprüft, ob auf Linie RB13 von Berlin Jungfernheide nach Wustermark eine Verdichtung und Verstärkung bis Rathenow möglich und sinnvoll ist“, heißt es aus der Pressestelle. Eine Entscheidung hierzu liege noch nicht vor „Das Ministerium prüft und prüft und kommt wie immer zu keinem Ergebnis“, schimpft Görke. „Entweder ist das Land nicht gewillt oder nicht in der Lage, Infrastruktur, die dringend benötigt wird, zu bestellen.“ Görke bezeichnete das Verhalten des Landes als „politischen Affront“ gegenüber den havelländischen Kommunen. Er frage sich, wie dieses Handeln mit dem erklärten Ziel der Landesregierung, mehr Menschen in Busse und Bahne zu bringen, vereinbar sei. Hoffnung auf eine Lösung: Jörg Zietemann, stellvertretender Bürgermeister von Rathenow, ist trotz des unveränderten Winterfahrplans zuversichtlich, dass es Verbesserungen auf der Strecke zwischen Rathenow und Berlin geben wird –und zwar nicht erst im Jahr 2034. „Ich weiß, dass auf Landesebene an dem Thema gearbeitet wird“, sagt er. Eine Verdichtung des Taktes werde Pendlern mehr Flexibilität bescheren. Außerdem sei eine gute Bahnverbindung ein wichtiges Argument, wenn man – wie Rathenow – neue Bürger gewinnen wolle. Von Markus Kniebeler