Rathenow: Dieser Pfarrer verbreitet in der Krise Hoffnung mit Gesang

Abenddämmerung auf dem Kirchberg in Rathenow. Die Abendsonne taucht die Häuser in warmes Licht und über das Pflaster hallt Gitarrenmusik. Sie kommt aus einem Wohnzimmer in der zweiten Etage. Dort sitzt Pfarrer Wolf Schöne und singt mit kräftiger Stimme den Beatles-Hit „Let it be“. Er singt nicht für sich oder seine Familie, er singt für die gesamte Nachbarschaft. Für Spaziergänger, die vor dem Haus stehen bleiben und ihm zuhören. Für Menschen, die allein zu Hause sind und sich in diesen Tagen besonders einsam fühlen. Wolf Schöne singt, um Hoffnung zu machen und das jeden Abend. Mitsingkonzert auf dem Kirchberg in Rathenow Zusammenhalt in der Corona-Krise: Um 18.45 Uhr hat Pfarrer Wolf Schöne am Dienstagabend sein Wohnzimmerfenster am Kirchberg in Rathenow geöffnet und zu einem Mitsingkonzert eingeladen. Knapp 20 Menschen lauschten ihm auf der Straße, andere öffneten ihr Fenster. Pünktlich um 19 Uhr stimmte Schöne dann in ein deutschlandweites Konzert für alle Helfer ein. Am Ende halte Applaus über den Kirchberg bis zum Alten Hafen. Posted by MAZ Havelland on Tuesday, March 24, 2020 Er hat sich damit der deutschlandweiten Aktion angeschlossen, die die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ins Leben gerufen. Unter dem #Balkonsingen ruft die EKD in sozialen Medien dazu auf, jeden Tag gemeinsam um 19 Uhr auf dem Balkon, am Fenster oder im Garten „Der Mond ist aufgegangen“ zu singen. Auf diese besondere Art und Weise sollen sich die Menschen gegenseitig Mut machen, in Zeiten, in denen das Coronavirus den Alltag völlig auf den Kopf stellt, in denen Verunsicherung herrscht und der Kontakt zu Freunden und Familie sich auf Anrufe beschränken muss. Bereits seit dem 19. März beteiligt sich Wolf Schöne am Balkonsingen. Zunächst beschränkte er sich darauf „Der Mond ist aufgegangen“ zu singen. Seit Montag hat er das Ganze erweitert. Seither öffnet er bereits um 18.45 Uhr sein Fenster, platziert einen Verstärker auf dem Fensterbrett und legt los. Die Beatles, „We shall over come“ und der irische Segen „Möge die Straße“ tönten am Dienstagabend über den Kirchberg. Erstmals waren auch Zuhörer mit dem Auto gekommen, um dem Pfarrer bei geöffneten Fenster zu lauschen. Wolf Schöne möchte Mut machen: Andere machten einen Abendspaziergang und blieben stehen. Dabei erinnerte Wolf Schöne mehrfach daran, den Mindestabstand einzuhalten, was seine Zuhörer ohnehin von sich aus taten. In Zeiten, in denen sich die Menschen nicht treffen können, will Schöne mit dieser Aktion das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken und vor allem möchte er Mut machen und Danke sagen. >>HIER KÖNNEN SIE DAS VIDEO ANSEHEN „Ich bedanke mich bei allen allen, die unermüdlich, oft bis an die Belastungsgrenzen hinaus, arbeiten für andere: Verkäuferinnen, Verkäufer, Krankenschwestern, Ärztinnen und Ärzte, die Pflegekräfte, Polizisten und Feuerwehrleute, Seelsorgerinnen“, rief Wolf Schöne in die Abendämmerung. Pünktlich um 19 Uhr stimmte Schöne dann in das deutschlandweite Balkonsingen ein um ließ musikalisch den Mond über Rathenow aufgehen. Es dürften etwa 20 Menschen gewesen sein, die ihm am Dienstagabend lauschten und sich am Ende mit kräftigem Applaus bedankten, der vom Kirchberg bis zum Alten Hafen halte. Mitgesungen, so wie es sich Schöne gewünscht hat, haben die meisten zwar nicht, aber ermutigend hat das kleine Konzert auf die Zuhörer vermutlich dennoch gewirkt. Virtuelle Ausstellung geplant: „Ich habe schon sehr viel positives Feedback bekommen. Immer wieder filmen Menschen das Ganze mit ihrem Handy und schicken mir die Videos. Wir werden dazu eine virtuelle Ausstellung machen, an der sich dann später alle erfreuen können“, sagt Wolf Schöne. Er wird sein Balkonsingen in der Corona-Krise fortsetzen und zwar immer im Wechsel. Am Dienstag hat er sein Fenster zum Kirchberg geöffnet, am Mittwoch in Richtung Alter Mühle und am Donnerstag singt er wieder zum Kirchberg, um so möglichst viele Menschen mit seinem Konzert Mut zu machen. „Denn Singen verbindet und tut gut“, ist sich der Pfarrer sicher. Von Christin Schmidt

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