Rathenower erinnern an die Opfer des NS-Regimes

75 Jahre ist es her, dass das Konzentrationslager Auschwitz befreit wurde. Seit 1996 ist der 27. Januar ein bundesweiter, gesetzlich verankerter Gedenktag, an dem an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gedacht wird. Auch in Rathenow sind die Spuren dieser unheilvollen Ära noch sichtbar. Man muss nur hinschauen. Darum, dass sie auch weiterhin sichtbar bleiben, haben sich Rathenower Bürger am Montag gekümmert. Stolpersteine gesäubert: In der Steinstraße hatte sich der Landtagsabgeordnete Christian Görke mit Parteifreunden eingefunden, um die Stolpersteine vor den Häusern mit der Nummer 7 und der Nummer 38 zu säubern. Im März 2007 hatte der Bildhauer Gunter Demnig, der im Jahr 2000 das weltweit beachtete Stolperstein-Projekt ins Leben rief, die vier messingfarbenen Steine im Pflaster des Gehwegs versenkt. Sie erinnern an Franziska und Alfred Kornblum, sowie Emmy Sinasohn und Berta Kadden, die hier einst lebten. Alle vier waren angesehene Rathenower Bürger, die einzig und allein wegen ihres jüdischen Glaubens verfolgt und drangsaliert wurden. Anfang der 1940er Jahre wurden sie von den Nazis deportiert. Letzter bekannter Aufenthaltsort der Kornblums und Emmy Sinasohns ist das Warschauer Ghetto, Berta Kaddens Lebensspur endete in Theresienstadt. „Wir werden niemals vergessen, was diesen Menschen in unserer Heimatstadt angetan wurde“, sagte Christian Görke. Erinnerung an das Außenlager: Diesem Zweck diente auch ein Termin, zu dem die havelländische Linke ins Gewerbegebiet Grünauer Fenn geladen hatte. Dort wurde eine neue Gedenktafel eingeweiht, die an das Außenlager des Konzentrationslagers Sachsenhausen erinnert, in dem in den letzten beiden Kriegsjahren Häftlinge mit brutalsten Methoden zur Zwangsarbeit in den nahe gelegenen Arado-Werken genötigt wurden. Christian Görke bezeichnete die Existenz dieses Lagers als „eines der finstersten Kapitel der Geschichte Rathenows“. Zwischen 500 und 800 Menschen – Holländer, Polen, Russen, Deutsche, Norweger Belgier und Italiener – seien dort unter menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht gewesen. Etliche hätten die ihnen von den Aufsehern zugefügten Qualen mit dem Leben bezahlt, so Görke. „Unsere Verantwortung besteht darin, dass die Opfer des menschenverachtenden Nazi-Regimes nie vergessen werden dürfen. Gerade vor dem Hintergrund des Erstarkens der Rechten in Deutschland und auch in anderen europäischen Ländern müssen wir allen Tendenzen von Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus entschieden entgegentreten“, sagte der Landtagsabgeordnete. Appell des Bürgermeisters: Am Nachmittag legten Landrat Roger Lewandowski, Rathenows Bürgermeister Ronald Seeger, der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Corrado Gursch sowie Vertreter von Parteien am Mahnmal für die Opfer des Faschismus Kränze nieder. „Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verhindern“, sagte Ronald Seeger. „Freiheit und Frieden sind nicht selbstverständlich“, fuhr er fort. „Wir und Generationen nach uns, die Diktatur und Gewaltherrschaft nicht selbst erlebt haben, müssen immer wieder daran erinnert werden, dass Wegschauen und Resignation unsere Demokratie gefährden.“ Von Markus Kniebeler

Rathenow - Zeichen der Erinnerung