Seit 30 Jahren Polizistin in Ratheow: Auf Streife mit Ines Strauß

Von wegen Polizisten verteilen nur Strafzettel und haben es auf Raser abgesehen. Ines Strauß ist der beste Beweis dafür, dass eine Uniform und ein nettes Lächeln sehr gut zusammen passen. Seit über 30 Jahren ist die Havelländerin Polizistin, obwohl das nie ihr Traumberuf war. Viel mehr hatte der Zufall sie zu dem Job gebracht, den sie inzwischen lieben gelernt hat. Am 1. Juli 1989 trat Ines Strauß ihren Dienst als Polizistin an. Zuvor hatte die gebürtige Magdeburgerin bereits eine Ausbildung als Verkäuferin absolviert. Weil sie nicht glücklich damit war, schaute sie sich nach etwas Neuem um. In Uniform und ohne Waffe: Ein Bekannter schlug ihr damals vor, sie solle sich bei der Polizei bewerben. Und obwohl sie sich gar nicht vorstellen konnte, dass das etwas für sie ist, wagte es Ines Strauß und bekam kurz vor dem Mauerfall eine Stelle bei der Rathenower Schutzpolizei. Eine Aufnahmeprüfung, so wie es heute üblich ist, musste sie nicht absolvieren. Stattdessen wurde sie nach einem Gespräch mit dem Stabschef und anderen Hochrangigen in eine Uniform gesteckt. „Ich lief erstmal nur mit. Ahnung vom Polizeidienst hatte ich damals noch nicht, dafür durfte ich auch keine Waffe tragen“, erinnert sich Strauß. 1990 begann sie mit der Ausbildung in Neustrelitz und stieg später in den Wach- und Wechseldienst ein. 20 Jahre blieb sie in diesem Bereich und war mit Ausnahme kurzer Abstecher nach Nauen stets in Rathenow im Einsatz. Zwischendurch leistete sie zudem Unterstützungsdienst für die Kriminalpolizei, die ebenfalls in der Rathenower Wache stationiert ist. Seit mittlerweile zehn Jahren ist Ines Strauß Revierpolizistin – „ein Sonnenschein-Job“, sagt die 52-Jährige. Wie jeder Revierpolizist ist sie für einen bestimmten Bereich zuständig. Früher mit Dienstfahrrad auf Streife: Dazu gehören ein Teil der Stadt Rathenow mit dem Ortsteil Rathenow West sowie die Ortsteile Böhne, Göttlin, Grütz und Steckelsdorf. Seit Kurzem ist Ines Strauß zudem Revierpolizistin für das Milower Land, das zugleich ihr Zuhause ist. Ein recht großes Gebiet für eine einzelne Polizistin, deshalb ist sie inzwischen nicht mehr mit dem Dienstfahrrad unterwegs, sondern nur noch mit dem Streifenwagen. Verstärkung ist derzeit aufgrund der dünnen Personaldecke nicht in Sicht, so Strauß. Sie hofft, dass sich das irgendwann ändert. Im Mai löste die 52-Jährige Lothar Wartke im Milower Land ab, ein Urgestein der Polizei im Havelland. Nun versucht sie, sich hier bekannter zu machen. Schließlich sollen die Menschen wissen, wer ihr Ansprechpartner bei der Polizei ist. Ihr Büro hat Ines Strauß in der Rathenower Wache in der Rudolf-Breitscheid-Straße 42. Hier ist sie unter Telefon: 03385/5 50 16 07 erreichbar. Außerdem hat Ines Strauß ein Büro in der Verwaltung in Milower Land (Milow). Jeden Donnerstag von 13 bis 15 Uhr sowie nach Vereinbarung steht sie den Bürgern hier zur Verfügung. Ansonsten können sich Bürger auch per E-Mail an die Polizistin wenden: ines.strauss@polizei.brandenburg.de Um Nähe zum Bürger zu schaffen, i st Ines Strauß regelmäßig in Schulen und Kitas zu Gast und stellt sich auch bei Seniorengruppen vor. Insgesamt würde sie sich aber mehr Kontakt zum Bürger wünschen, denn ihr ist klar, viele wissen gar nicht, wer ihr Revierpolizist ist und welche Aufgaben diese haben. Zweimal pro Woche arbeitet Ines Strauß in der Spätschicht, die in der Regel um 20 Uhr endet. Kommt wie in dieser Woche die Bergung eines LKW dazwischen, kann sich der Feierabend auch mal bis Mitternacht hinauszögern. Ansonsten ist Strauß in der Frühschicht von 7 bis 15 Uhr tätig. Viel Schreibtischarbeit gehört ebenfalls zu ihrem Job – Haftbefehle vollstrecken, Führerscheine beschlagnahmen oder Ermittlungstätigkeiten nach Unfällen und Straftaten. Die Erinnerungen an den schlimmste Einsatz bleiben: Was Ines Strauß an ihrer Arbeit liebt, ist der Kontakt zu den Menschen und die Abwechslung, die der Job mit sich bringt. „Man weiß zu Dienstbeginn nie, was einen erwartet. Es ist nie langweilig oder eintönig“, sagt die Polizistin. Natürlich gehören auch Dinge dazu, die an die Nieren gehen. „Der für mich schlimmste Einsatz war 2008 der Mord an einer jungen Frau im Treppenflur eines Wohnhauses in der Berliner Straße “, erinnert sich Ines Strauß. Der Ex-Partner hatte die 18-Jährige mit sechzig Messerstichen brutal getötet. Ines Strauß und zwei Kollegen waren als erste am Tatort. Mit Kollegen über das Erlebte sprechen: Um solche Erlebnisse zu verarbeiten, können sich die Beamten psychologisch beraten lassen. Die Revierpolizistin zieht es aber vor mit ihren Kollegen über das Erlebte zu sprechen. Wie viele Tote sie in all den Jahren gesehen hat, vermag Ines Strauß nicht zu sagen – es waren etliche. Aber auch das gehört zu ihrer Arbeit. Was sie besonders berührt, ist zu erleben, wie einsam manche Menschen sterben: „ Wenn eine ältere Dame schon ein dreiviertel Jahr tot in ihrer Wohnung liegt und niemand sie vermisst, obwohl sie Kinder hat, finde ich das schon sehr traurig.“ Der schöne Teil des Jobs: Termine in Schulen und Kitas: Ein Ausgleich dazu sind die Termine in den Schulen und Kitas. Die Begeisterung der Kinder zu sehen, wenn sie im Polizeiauto sitzen dürfen, ist für Ines Strauß der schönste Teil ihrer Arbeit. Sie weiß, um ein gutes Verhältnis zum Bürger aufzubauen, muss man bei den Jüngsten anfangen. Grundsätzlich würden ihr die Bürger freundlich begegnen, wohl auch, weil sie selbst offen und mit einem Lächeln auf andere zugeht. Allerdings musste sie sich auch schon beschimpfen lassen. Auch körperliche Auseinandersetzungen bleiben nicht aus. Dennoch sei es wichtig, niemanden vorzuverurteilen. Schließlich gebe es fast immer einen Grund für ein bestimmtes Verhalten. Von Christin Schmidt