Stadtbibliothek Rathenow: Buchausleihe trotz Corona möglich

Den Fenstern der Stadtbibliothek Rathenow kommt in Corona-Zeiten eine besondere Bedeutung zu. Oder, richtiger gesagt: Einem Fenster kommt in Corona-Zeiten eine besondere Bedeutung. Es handelt sich um das Fenster zum Hof. Das ist seit dem Lockdown Mitte Dezember zur Schnittstelle geworden zwischen den Mitarbeitern der Bibliothek und deren Kunden. Denn nur an diesem Fenster können Bücher und andere Medien ausgeliehen und zurückgebracht werden. Eigentlich ist die Bibliothek seit Mitte Dezember geschlossen. Um das Infektionsgeschehen einzudämmen, ist – wie anderswo – auch in den Räumen am Schleusenplatz der Publikumsverkehr untersagt. Lesen macht Mut: In Zeiten, in denen die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung ohnehin sehr eingeschränkt sind, fällt die Schließung der Bibliothek schwer ins Gewicht. „Das Lesen ist für viele Menschen derzeit wichtiger denn je“, sagt Bibliotheksleiterin Ulrike Wünsch. Lektüre könne ablenken von der Tristesse des Corona-Alltags, sie könne aufheitern, Mut machen, Trost spenden. Und nun kommt die gute Nachricht: Die Rathenower müssen auf diese wohltuende Wirkung der Literatur nicht verzichten. „Wir haben uns entschlossen, die Ausleihe aufrecht zu erhalten“, sagt Ulrike Wünsch. Zwar sei es derzeit nicht möglich, durch die Regale zu stöbern. Aber es gebe die Möglichkeit, Ausleihwünsche kontaktlos zu formulieren. Dazu genügt ein Anruf oder eine Mail. Wer zu den üblichen Öffnungszeiten die Nummer 03385/512683 wählt oder eine Nachricht schreibt (bibliothek@stadt-rathenow.de), kann dem Bibliotheksmitarbeiter seine „Bestellung“ mitteilen. Wenn das Buch/die Bücher vorhanden sind, wird ein Abholtermin vereinbart. Und weil der Sims des besagten Fensters zum Hof niedriger ist als alle anderen, können dort die Bücher bequem herein- und herausgereicht werden. Stammleser sind dabei: Der Ansturm hält sich derzeit noch in Grenzen, aber einige Stammleser haben diese Art der Ausleihe bereits genutzt. „Es muss sich noch herumsprechen, dass es diese Möglichkeit gibt“, sagt Ulrike Wünsch. Viele hätten noch gar nicht mitbekommen, dass die Bücherei geschlossen ist. Bei der Bestellung geht es ganz unterschiedlich zu. „Manche wissen ganz genau, was sie ausleihen wollen“, sagt die Bibliotheksleiterin. Andere bäten um „irgendetwas Schönes“. Ein weites Feld. Aber weil die Mitarbeiter die Vorlieben vieler Leser kennen, gelingt es ihnen fast immer, etwas Passendes zu finden. Natürlich ersetzt diese Art der Ausleihe nicht das normale Prozedere. Die nette Plauderei, die viele Kunden schätzen, muss auf ein Minimum beschränkt werden. „Dieser persönliche Austausch fehlt uns allen“, sagt Ulrike Wünsch. Aber auf ein paar freundliche Worte am offenen Fenster darf man dennoch hoffen. Ansonsten ist es still in den Räumen am Schleusenplatz. Die Mitarbeiter nutzen die Ruhe, um sich Arbeiten zu widmen, die sonst so nebenher erledigt werden müssen. Neue Bücher, die Ende des vergangenen Jahres angeschafft wurden, werden in den Katalog eingepflegt und einsortiert. Außerdem ist jetzt die Zeit vorhanden, um im Bestand zu arbeiten. Um Platz für Neues zu schaffen, werden Bücher ins Magazin aussortiert. Andere müssen vielleicht repariert werden. Und was im Lauf der vergangenen Monate versehentlich falsch einsortiert wurde, kommt wieder an seine angestammte Stelle. Vorbereitung auf den Lesesommer: Und weil der Publikumsverkehr so reduziert ist, hat Ulrike Wünsch sogar Zeit, den Lesesommer vorzubereiten – so früh wie noch nie. Auf ihrem Tisch stapeln sich die Verlagsprospekte und Empfehlungslisten der Kinderbuchverlage. Die wird sie in den kommenden Wochen durchforsten, um den Kindern, die in den großen Ferien an der beliebten Leseaktion teilnehmen, eine schöne Bücher-Auswahl zu präsentieren. Dass der Lesesommer stattfindet, daran zweifelt Ulrike Wünsch nicht. Auch im vergangenen Jahr habe man das trotz Corona sehr gut hinbekommen. „Und das werden wir auch in diesem Jahr wieder schaffen“, sagt sie. Von Markus Kniebeler