Wie Rathenower Einzelhändler und Gastronomen dem Lockdown trotzen

Die Rathenower Innenstadt an einem nasskalten Dienstagmorgen: Viele Läden geschlossen, kaum Passanten unterwegs, die Stimmung könnte besser sein. Und die Nachrichten aus Berlin machen die Sache nicht besser. Der Mitte Dezember beschlossene Lockdown wird bis Ende Januar verlängert. „Ich habe es befürchtet“, sagt Petra Sandbrink, Inhaberin des gleichnamigen Modegeschäfts in der Berliner Straße. Nach den coronabedingten Verlusten der Vorweihnachtszeit ist nun auch die Hoffnung auf einen schnellen Neustart dahin. Die Händler sitzen auf ihrer Ware: „Wirtschaftlich ist das eine riesige Herausforderung“ , sagt die Einzelhändlerin. Die Winterware hängt im Laden, die Frühjahrskollektion ist längst geordert – aber verkaufen tut sie so gut wie nichts. Zwar können die Kunden bei Mode Sandbrink – wie bei fast allen Einzelhändlern in der Innenstadt – Ware ordern und an der Ladentür abholen. Aber das tut fast niemand. „Die Leute wollen die Sachen begutachten und anprobieren“, sagt sie. „Der persönliche Kontakt ist ja gerade unsere Stärke.“ Aber dieser Kontakt ist momentan auf ein Minimum reduziert. Auch Modehändlerin Antje Wendt vermisst die Kunden. Hin und wieder verkauft sie ein Stück über die Theke an der Eingangstür hinweg. Aber das, was sie auf diese Weise verdient, ist weniger als der sprichwörtliche Tropfen auf dem heißen Stein. Dennoch ist sie fast täglich im Laden, dekoriert die Schaufenster um, telefoniert mit Kunden und Lieferanten. „Ich will den Menschen zeigen, dass wir noch da sind“, sagt sie. Genau so sieht es Petra Sandbrink. Obwohl das Geschäft seit Wochen zu ist, bekommt man in ihrem Schaufenster regelmäßig neue Ware zu Gesicht. Zum einen hat sie die Hoffnung nicht aufgegeben, so doch noch den einen oder anderen Kunden zu gewinnen. Zum anderen kann sie einfach nicht anders. „Ich bin seit 30 Jahren im Geschäft“, sagt sie. „Schon mein Stolz verbietet es mir, mich nicht um den Laden zu kümmern – auch wenn derzeit keine Kunden hineindürfen.“ Verunsicherte Kundschaft: Allzu viele sind derzeit aber nicht unterwegs. „Es fehlt die Laufkundschaft“, sagt Katharina Mirsch, die Anfang November Kathy’s Candy World in der Berliner Straße 76 eröffnet hat. Sie darf zwar keine Kunden in ihrem Café bewirten, aber das gesamte Angebot – süße Törtchen, herzhafte Panini, amerikanische Spezialitäten und vieles mehr – kann gekauft und mitgenommen werden. Allerdings ist die Nachfrage seit dem Lockdown im Dezember rapide gesunken. „Die Kunden sind extrem verunsichert“, sagt Katharina Mirsch. „Viele wissen gar nicht, dass wir noch geöffnet haben.“ Um das zu ändern, lassen sich die Gründerin und ihre Mitarbeiter fast jeden Tag etwas Neues einfallen. Man kann Torten für den Kindergeburtstag bei ihr bestellen, in der Weihnachtszeit verkaufte sie Glühwein von einem Straßenstand vor ihrem Laden, jetzt will sie frische, selbst gemachte Milkshakes zum Mitnehmen anbieten. Die Lage ist prekär, aber Katharina Mirsch kämpft. So schnell will sie sich ihren Traum von einem eigenen Laden nicht kaputt machen lassen. „Irgendwann muss es doch besser werden“, sagt sie tapfer. Geschäft weggebrochen: Auch Vasile Chifan kämpft. Dem Betreiber vom Blockhaus am Wolzensee ist, wie allen Gastronomen, das lukrative Weihnachts- und Silvestergeschäft komplett weggebrochen. Keine Weihnachtsfeiern, keine Familienessen, kein Partyservice. Und nun geht das bis Ende Januar so weiter, mindestens. Zwar bietet auch das Blockhaus einen Außer-Haus-Verkauf an. Aber der läuft mehr schlecht als recht. Wenn schon die Händler in der Innenstadt über fehlende Laufkundschaft klagen, was soll Chifan dann sagen, zu dessen Lokal sich höchstens mal ein Spaziergänger verirrt? Hoffnung auf bessere Zeiten: Doch der Blockhaus-Wirt denkt nicht daran, aufzugeben. Von mittwochs bis sonntags kann man bei ihm Essen bestellen, das er für die Abholung frisch zubereitet. Meist decken die Einnahmen die Unkosten nicht, aber auch Chifan will, wie seine Kollegen in der Innenstadt, der Misere nicht tatenlos zusehen. Und wie seine Leidensgenossen setzt er seine ganze Hoffnung auf die Zeit nach der Krise. Pläne hat er jede Menge. Kultur will er im Sommer an den See holen, Jazz, Rockabilly, Tanzmusik. Und Kinoabende unter freiem Himmel soll es auch geben. „Im Moment ist es schwer“, sagt Chifan und seufzt. „Aber wir leben noch. Und wir werden überleben.“ Von Markus Kniebeler