Wie Rathenower Modehändlerinnen sich durch die Corona-Krise kämpfen

Bei Janine B. brennt noch Licht. Jeden Tag ist Janine Fürstenberg in ihrem Modeladen im City-Center anzutreffen. Zu normalen Zeiten wäre dies keiner Erwähnung wert. Aber die Zeiten sind alles andere als normal. Seit Mitte Dezember sind fast alle Geschäfte in der Rathenower Innenstadt wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Und werden es bis Mitte Februar bleiben. Doch obwohl keine Kunden in die Läden dürfen, halten Janine Fürstenberg und ihre Kolleginnen die Stellung. Dekorieren die Schaufenster um, telefonieren mit Lieferanten, versuchen den Kontakt zu den Kunden zu halten. „Wir wollen einfach zeigen, dass wir noch da sind“, sagt Janine Fürstenberg. Ware liegt unverkauft in den Regalen: Der gesamte Einzelhandel leidet unter der Schließung, doch die Modeläden trifft diese besonders hart. Während die Winterkleidung noch unverkauft in den Regalen liegt, werden bereits die Kartons mit der Frühjahrsware geliefert. Die wurde lange vor dem zweiten Lockdown bestellt und muss bezahlt werden – egal ob sie verkauft wird oder nicht. Andrea Grün etwa, Inhaberin des Ladens Mode Trend, ist volles Risiko gegangen. Während sie die Winterbestellung wegen der unsicheren Lage gedrosselt hatte, kommt nun die Frühjahrskollektion in dem gewohnten Umfang. Grün setzt darauf, dass die Schließung nicht ewig dauert. Und will gerüstet sein, wenn die Kunden nach wochenlanger Abstinenz ihre Kauflust ausleben wollen. Lieferservice für die Kunden: Bis es so weit ist, versuchen die Ladenbesitzerinnen sich mit Lieferservice über Wasser zu halten. In jedem Innenstadtladen hängen Zettel mit Telefonnummern und Mail-Adressen aus. Wer in den ständig neu dekorierten Schaufenstern etwas entdeckt, nimmt Kontakt auf. Dann holt er das gewünschte Teil an der Tür des Ladens ab und nimmt es mit nach Hause, um es in aller Ruhe anzuprobieren. Bei Gefallen behält er es und überweist das Geld. Bei Nichtgefallen bringt er es zurück. Ohne Vertrauen funktioniert es nicht: Grundlage eines solchen Austauschs ist Vertrauen. „Bislang habe ich es noch nicht erlebt, dass jemand versucht hat, zu betrügen“, sagt Janine Fürstenberg. „Das ist der Vorteil, wenn man eine große Stammkundschaft hat.“ Seit 20 Jahren ist die Modehändlerin im Geschäft. Aber so etwas wie die Coronakrise hat sie noch nicht erlebt. „Doch die Not macht erfinderisch“, sagt Janine Fürstenberg. „Wenn ich die Ware nicht im Laden verkaufen kann, muss ich es auf anderem Weg versuchen.“ Treue Stammkundschaft: Konkret bedeutet dies, dass Fürstenberg – wie nahezu alle ihrer Kolleginnen – den erwähnten Kundenservice aufgebaut hat. Darüber hinaus fotografiert sie Kleidungsstücke und stellt die Fotos ins Netz. Kunden können sich so per Handy oder Computer durch Teile der Kollektion klicken und bestellen, was ihnen gefällt. Manchmal bitten Kundinnen Janine Fürstenberg sogar um Rat. Schicken ein Foto von einem anprobierten Kleidungsstück und wollen wissen, was die Expertin dazu sagt. „Es ist schön zu sehen, dass die Kunden einen trotz aller Schwierigkeiten nicht vergessen.“ Natürlich sind den Bemühungen, die Kunden online mit Informationen zu versorgen, Grenzen gesetzt.“ Die Modehändlerin Petra Sandbrink etwa sagt ganz klar, dass der Aufbau eines echten Online-Shops für einen Einzelhändler nicht zu bewerkstelligen sei. Nicht nur, weil eine professionelle Verkaufsseite richtig Geld koste. Sondern vor allem, weil diese permanent und professionell betreut werden müsse. „Das kann ein traditioneller Einzelhändler nicht leisten“, sagt sie. Das sieht Janine Fürstenberg ähnlich. Sie ist froh, wenn sie mit ihrem Service rund 20 Prozent des normalen Umsatzes erreicht. Aber lohnt sich der Aufwand dann überhaupt? „Darum geht es nicht“, sagt sie. „Ich bin seit 20 Jahren im Geschäft. Da kann man nicht plötzlich zu Hause bleiben und nichts tun.“ Von Markus Kniebeler