Wohnmobile überrollen die Region um Havelaue

Ein schöner Sommertag neigt sich dem Ende entgegen. Ein Mann mittleren Alters aus Teltow macht es sich vor seinen Wohnmobil bequem im Liegestuhl. Er und seine Frau genießen den lauen Sommerabend an der Havel in Strodehne. Die Atmosphäre sei entspannend und der Platz biete einen schönen Blick auf die Havel, sagt der Mann. Geparkt hat er das Wohnmobil vor der Naturbadestelle in unmittelbarer Ufernähe. So ist es im Dorf allerdings nicht gewünscht und auch nicht erlaubt, weil der Platz in einem Landschaftsschutzgebiet liegt. Mit Ferienbeginn kommen noch mehr Camper: Ortsvorsteherin Edeltraud Massow hat das Problem schon mehrmals in der Gemeindevertretung von Havelaue angesprochen und Lösungen gefordert. Verändert hat sich allerdings kaum etwas. Dabei ist das Gebiet um die Naturbadestelle kein Einzelbeispiel. Camper parken mit ihren Wohnmobilen in Strodehne fast überall, wo dafür ein geeigneter Platz an der Havel ist – aber auch in den Dörfern des Amtes Rhinow, die am Wasser liegen. So stehen zum Beispiel Camper mit Wohnmobilen am Schöpfwerk Witzke, in der Landschaft um Parey und Gülpe sowie hinter dem Nadelwehr Gülpe an der Gülper Havel. In diesem Jahr besonders häufig, weil viele Camper wegen der Coronakrise in Deutschland bleiben. Sie machen in heimischen Gefilden Urlaub – also auch an der Havel oder einem der zahlreichen Seen im Havelland. Mit Beginn der Sommerferien dürfte sich diese Tendenz nun noch verstärken. Schilder allein nützen nichts: Die Gemeinden im Amt Rhinow haben mit dem zuzunehmenden Wohnmobil-Tourismus ein Lenkungsproblem. Die Gemeindevertreter von Havelaue haben sich erneut damit beschäftigt und erste Ansätze gefunden. Die Diskussion machte deutlich, dass allein mit Kontrollen in Schutzgebieten und Schildern das Problem nicht zu lösen ist. „Die Gemeinde muss Möglichkeiten zur Ausweisung neuer Wohnmobilstellplätze suchen“, sagte Bürgermeister Guido Quadfasel. Die Ortsbeiräte sollten sich nun damit beschäftigen und Vorschläge machen. Gülpe hat bereits solche Stellplätze auf dem Sportplatz, die vor allem auch von Sterne-Guckern genutzt werden. Für den Biwakplatz und Badegäste wurden neue Parkplätze eingerichtet. „Es funktioniert“, sagte Ortsvorsteher Wolfgang Radtke. Lenkungssystem mit mehreren Gemeinden: Strodehne wird prüfen, ob die Umfahrung der Anlegestelle an der Havel und die Sandkuhle am Wasserwanderrastplatz für Wohnmobile genutzt werden können. Den Vorschlag der Naturparkverwaltung Westhavelland, auf dem Gahlberg einen Wohnmobilplatz auf einer gemeindeeigenen Fläche einzurichten, hat der Ortsbeirat bisher abgelehnt. Ob darüber dennoch noch mal geredet wird, hat die Gemeindevertretung offen gelassen. Ein Lenkungssystem müsse langfristig angelegte Lösungen im Verbund mit den anderen Gemeinden aufzeigen, sagt Amtsdirektor Jens Aasmann. Dazu sind die Gemeinden bereit. „Das Lenkungssystem ist unbedingt erforderlich“, meint der Bürgermeister von Seeblick, Ulf Gottwald. Höfe für Touristen öffnen: Weil die Saison begonnen hat, müssen aber – so Aasmann – schnell Wohnmobilplätze geschaffen werden. Er schlägt vor, die Gemeinde sollte mit Grundstückseigentümern sprechen, ob sie bereit wären, ihre Höfe für Touristen mit Wohnmobilen zu öffnen oder für sie andere geeignete Flächen vorzuhalten. Ein Stromanschluss wäre sicherlich vorteilhaft, aber keine Bedingung, und die Standgebühr sei frei verhandelbar. Die Gemeinden setzen dabei auch auf die Unterstützung und Zusammenarbeit mit dem Tourismusverband Havelland. Von Norbert Stein