Havelrenaturierung: Arbeiten rund um Strodehne im kommenden Jahr

Keine Frage: Die Havellandschaft zwischen Grütz und Rathenow hat sich in den vergangenen zwei Jahren verändert. Im Zuge der Havel-Renaturierung wurde bei Göttlin der Haveldeich an vier Stellen geöffnet, zwischen Albertsheim und Rathenow wurde ein alter Bahndeich an mehreren Stellen geschlitzt, es wurden Flutrinnen angelegt, Auwälder gepflanzt und Ufer entsiegelt. Bis auf einige Restarbeiten ist in diesem Abschnitt der Havel die Renaturierung abgeschlossen. Einzigartiges Vorhaben: Ziel des größten Fluss-Renaturierungsprojekt in Mitteleuropa ist es, dem Fluss wieder mehr Raum zu geben und die ökologische Qualität der Havel-Niederung zu verbessern. Zwischen Rathenow und Havelberg sind mittlerweile neun von zehn Maßnahmekomplexen umgesetzt worden. Einzig bei Strodehne sind noch Arbeiten zu erledigen. Im kommenden Jahr werden die Bagger dort anrollen, um die geplanten Renaturierungsmaßnahmen zu realisieren. Betroffen ist die so genannte Strodehner Insel, die von zwei Havelarmen – dem Wehrarm und dem Schleusenarm – umflossen wird. Nach Auskunft von Wasserbau-Ingenieurin Franziska Hörske, die das Vorhaben für den Nabu betreut, liegen die Planfeststellungsbeschlüsse für das Vorhaben vor. Derzeit werde die Ausführungsplanung erstellt, sodass im Sommer mit den Arbeiten begonnen werden könne. Altarm wird angeschlossen: Augenfälligste Veränderung wird der Anschluss eines Altarmes sein. Dieser Altarm, der nahe der sachsen-anhaltinischen Ortschaft Garz vom Schleusenkanal abgeht, wird bis zum Wehrkanal verlängert, sodass künftig eine permanente Durchströmung gewährleistet sein wird. Damit die Landwirte, die Flächen auf der Strodehner Insel bewirtschaften, diese auch nach Anschluss des Altarms erreichen können, wird dieser mit einer Brücke versehen. Anschluss von Flutrinnen: Zu den Arbeiten, die sich auf ein Gebiet zwischen Strodehne und den Ortschaften Garz und Warnau erstrecken, gehört außerdem der Anschluss von vier Flutrinnenkomplexen. Das heißt, dass an vier Stellen die Uferverwallungen weggebaggert werden, um es dem Fluss bei hohen Wasserständen zu ermöglichen, sich in der Aue auszubreiten. Auch in diesen Bereichen wird sicher gestellt, dass Landwirte auf ihre Flächen gelangen können. Außerdem sollen auf einer Gesamtlänge von 1,5 Kilometern die massiven Deckwerksteine entfernt werden. Und schließlich ist die Anpflanzung von Auwald auf einer Gesamtfläche von knapp vier Hektar geplant. Während die genannten Maßnahmen – Altarmanschluss, Auwaldpflanzung, Deckwerkbeseitigung und die Herstellung von Flutrinnen – zum Standard-Repertoire der Renaturierung gehören, gibt es in besagtem Gebiet eine Besonderheit. Bei Warnau wird eine mächtige stählerne Spundwand abgerissen, die ohne Funktion ein Ufer verschandelt. Zu DDR-Zeiten war das Monstrum errichtet worden, um die Kühlwasserversorgung für das geplante Atomkraftwerk in Arneburg zu sichern, das aber nie fertiggestellt wurde. „Läuft alles nach Plan, werden wir die Arbeiten im Jahr 2023 beenden“, sagt Franziska Hörske. Dann werde der Fluss auch in diesem Bereich wieder mehr Raum erhalten und zu einer ökologischen Aufwertung des Gebietes beitragen. Ganz konkret gibt es zum Beispiel die Hoffnung, dass auf der Strodehner Insel wieder Wiesenbrüter heimisch werden. „Wenn im Winter Teile des Gebietes für längere Zeit von Wasser umschlossen sind, gibt es die Chance, dass der Kiebitz, die Uferschnepfe oder die Bekassine dort wieder ungestört zur Brut kommen und sich diese Arten, die hier früher heimisch waren, wieder vermehren“, sagt Rocco Buchta, der Leiter des Renaturierungsvorhabens. Arbeiten am Süd-Abschnitt stehen noch aus: Sobald die Arbeiten in Strodehne beendet sind und damit die Renaturierung zwischen Rathenow und Havelberg abgeschlossen ist, rückt der südliche Flussabschnitt zwischen Rathenow und Pritzerbe in den Fokus. Dieser ist in fünf Maßnahmekomplexe unterteilt. Die Genehmigungsplanungen sind beim Landesamt für Umwelt eingereicht. Sobald die Planfeststellungsverfahren durch sind, kann mit den Ausführungsplanungen begonnen werden. Vor 2023 ist nach Auskunft aus dem Renaturierungsbüro mit einem Baubeginn aber nicht zu rechnen. Von Markus Kniebeler