Havelland: Pferdehöfe bangen um ihre Existenz

Erst muss der Name in die Liste, dann ist Hände desinfizieren dran: Pferdebesitzer, die auf dem Landgut Schönwalde ihr Tier stehen haben, müssen die Seuchenschutzbestimmungen einhalten. „Seit ein paar Wochen darf niemand mit Schnupfensymptomen mehr zu uns“, sagt Hofbesitzerin Inge Schwenger-Holst. Seit zehn Tagen gibt es Namensliste, Desinfektionsmittel und eingeschränkte Besuchszeiten für die Pferdefreunde. „Es dürfen auf dem Hof maximal fünf Personen zur gleichen Zeit sein und jeder kann höchstens anderthalb Stunden bleiben“, sagt Schwenger-Holst. Familienangehörige dürfen nicht mitgebracht werden. Jeder muss allein kommen. Stets nur eine Person in der Futterkammer: In Sattel- und Futterkammer darf immer nur eine Person. „Neben dem Schutz der Kunden, ist es uns sehr wichtig, dass das Personal sich nicht ansteckt“, sagt die Hofbetreiberin. Ohne die Helfer könnten die Pferde nicht mehr versorgt werden – und die Reha-Pferde müssen regelmäßig geritten werden. Gut findet die Ärztin Inge Schwenger-Holst, dass die Pferdebesitzer mit Verständnis auf die Situation reagieren: „Bis jetzt halten sich alle an die Vorgaben“, sagt sie. Seit dem Corona-Ausbruch ist die Lage für viele Pferdehofbetreiber schwer geworden. Das ist im pferdehofreichen Havelland besonders zu spüren. Wer eine größere Zahl Einstellboxen vermietet, kann sich halten, wer überwiegend Unterricht anbietet langfristig nicht. „Und nach der Coronazeit wird keine Nachholwelle kommen“, sagt Schwenger-Holst. Es gebe nun einmal nur eine begrenzte Anzahl an Pferden und Reitlehrer. „Ich wünsche mir daher von der Politik für diese Krisensituation ein Aussetzen der Mehrwertsteuer.“ Zwei Pferdelängen Abstand: Gabriele Selke-John führt das Pferdesportzentrum Pausin. Dort läuft es seit den letzten zehn Tage ähnlich wie auf dem Landgut. „Wir haben Listen, in die alle Namen der Besucher müssen und Desinfektionsmittel“, sagt Selke-John. Die Besuchszeiten seien von 8 bis 21.30 Uhr auf 8 bis 19 Uhr verkürzt. „Das ist nicht sehr viel weniger, hilft aber, den Überblick besser zu behalten“, sagt sie. Das Pferdesportzentrum hat unterschiedliche Stalltrakte, in denen unterschiedliche Zielgruppen ihre Pferde haben. „Dadurch verläuft sich alles recht gut auf dem Gelände. Wir können den Mindestabstand einhalten.“ Die Besucher würden nur kurz kommen, um ihre Tiere zu versorgen und die nötige Grundbewegung zu ermöglichen. „Wer sein Pferd beispielsweise zum Putzen anbindet, muss mindestens zwei Pferdelängen Abstand zum nächsten Pferd halten“, sagt Gabriele Selke-John. Über die „Whatsapp“ verschickt ihr Team Nachrichten an Boxenmieter und Reitsportler zum aktuellen Stand der Lage. „So sind immer alle gleich informiert“, sagt sie. Futter ist genug da: Selke-John fragt sich, wie lange diese Situation noch anhalten wird. „Die freiberuflichen Reitlehrer dürfen nicht mehr unterrichten“. Einige Züchter hätten ihre Pferde nach Hause geholt. „Ein kleiner Lichtblick war, dass der Futterlieferant Vorräte für drei Monate gebracht hat und von sich aus einen genauso langen Zahlungsaufschub anbot“, sagt Selke-John. Sehr kleine Betriebe treffen die Schutzmaßnahmen hart. Silke Wagenlechner aus Dallgow-Rohrbeck ist Reittherapeutin und allein erziehende Mutter dreier Kinder. Sie hat nur zwei Einstellmieter. Ihre Haupteinnahmequelle sind die Therapiestunden. „Und die fallen jetzt flach“, sagt Wagenlechner. „Bei autistischen Kindern oder solchen mit fetalem Alkoholsyndrom muss ich gelegentlich Hilfestellungen geben können.“ Und weil sie dabei den Mindestabstand von 1,5 Metern nicht einhalten kann, gibt es momentan kein Therapieangebot. „Das ist für mich existenzbedrohend“, sagt Wagenlechner. Alle müssen sich anmelden: Am Tor zu ihrem Hof hängt ein Warnschild. Darauf steht, wer noch auf das Gelände darf und welche Bestimmungen einzuhalten sind. „Wer kommt, muss sich als erstes die Hände waschen“, sagt Silke Wagenlechner. Das betrifft vor allem die zwei Mitarbeiterinnen, die beiden Einsteller und die Teenager, die helfen, die 14 Pferde und Ponys in Bewegung zu halten. „Alle müssen sich anmelden“, sagt die Reittherapeutin. Die 15 bis 16 Jahre alten Nothelfer dürfen maximal zu zweit da sein und müssen viel Abstand von einander wahren. Um immer auf dem Stand der Dinge in punkto Corona und Pferdehöfe zu bleiben, informiert sich Silke Wagenlechner regelmäßig auf dieser Internetseite: www.pferd-aktuell.de/coronavirus. Dort sind umfangreiche Notbewegungspläne und Futterpläne hinterlegt. Von Vivien Tharun

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