Hinter Grünefeld ist für Berliner Schluss

Von wummernden Bässen und ausgelassener Partystimmung ist am kleinen See in Grünefeld derzeit nichts zu spüren. Wo sich sonst jedes Jahr tausende Fans elektronischer Musik zur Nation of Gondwana treffen, um gemeinsam zu feiern, herrscht idyllische Winterruhe. Klar, derzeit ist keine Festivalsaison, noch dazu machen die Corona-Einschränkungen Veranstaltungen dieser Art auf noch unbestimmte Zeit unmöglich. Doch selbst wenn es die Nation of Gondwana geben würde, würden die vielen Berliner Technofans das Festivalgelände gar nicht erreichen. Hinter Grünefeld ist Schluss: Denn steigt die Sieben-Tage-Inzidenz in Berlin über 200 tritt die 15-Kilometer-Regel in Kraft. Ganz klar ist der Grenzverlauf nicht. Doch vor, in oder spätestens hinter dem Schönwalder Ortsteil ist für Berliner Ausflügler Schluss. Dort irgendwo endet die 15 Kilometer Marke, gemessen von der Stadtgrenze. Und die Festivalwiese mit See liegt genau hinter dem Ortsausgang. In Grünefeld ist von der potenziellen Grenzlage derzeit noch nichts zu spüren. Im Ort herrscht eine idyllische Ruhe. Die Kirche steht da wie eh und je und auch, rund um den Dorfteich herrscht nichts als Stille. Nicht mal ein Vogel ließ sich Mittwochvormittag dort blicken. An einem Baum vor dem Pfarrhaus hängen noch Weihnachtskugeln. Die alte Dorflinde, nur wenige Meter davor, strahlt eine Gelassenheit aus, die auch einige Menschen dieser Tage gut gebrauchen könnten. Immerhin steht der Baum dort schon seit mehr als 400 Jahren, wie auf einem kleinen Hinweis zu erfahren ist. Ein Bauer hatte ihn einst vor der Fällung bewahrt, heute ist die Linde ein Naturdenkmal und eine Sehenswürdigkeit im Ort. Wie viele Hauptstädter im Ernstfall tatsächlich alle Möglichkeiten ausschöpfen und den 15-Kilometer-Speckgürtel erkunden, wird sich zeigen. Berlin hat am Dienstag 15-Kilometer-Radius beschlossen: Die Berliner Landesregierung hatte am Dienstag beschlossen, dass bei höheren Corona-Infektionszahlen die Bewegungsfreiheit der Bürger weiter eingeschränkt wird. Den Bereich außerhalb des 15-Kilometer-Kreises, der erst ab der Stadtgrenze gilt, darf dann nur noch aus triftigem Grund verlassen werden. Dazu zählt etwa die Fahrt zur Arbeit, zum Arzt, für Behördengänge oder die Pflege von Angehörigen, nicht aber der Verwandtschaftsbesuch am Wochenende. Eine Ausnahme soll es ebenso für Datschen- oder Laubenbesitzer geben. Lesen Sie auch: 10.000 feiern ausgelassen in Grünefeld Nicht erlaubt, so Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), seien aber Fahrten für sportliche Aktivitäten oder einen Einkaufsbummel. Ziel der Maßnahme sei es, Reisen und damit auch Kontakte zu minimieren und so die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Für die Kontrolle wird nach jetzigem Kenntnisstand die Brandenburger Polizei zuständig sein, die dann auch nach triftigen Gründen für die Überschreitung des Radius fragen wird. Wer sich nicht an die Vorgaben hält und erwischt wird, muss mit einem Bußgeld rechnen. So sollen die Personalien von der Polizei erfasst und an die zuständigen Behörden weitergeleitet werden. Noch ist die Regelung jedoch nicht in Kraft getreten, auch wenn Berlin am Mittwoch einen Inzidenzwert von 199,9 aufwies und somit nur haarscharf am Grenzwert von 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche vorbeischrammt. Fest steht aber mittlerweile, dass die Regelung frühestens am kommenden Wochenende erstmalig umgesetzt wird. Das gilt auch, wenn der Grenzwert schon früher überschritten wird. Dann erst gilt die aktualisierte Infektionsschutzverordnung. 2020 musste das Festival ausfallen: 2020 mussten die Festivalmacher ihr Event in Grünefeld absagen. Auf der Internetseite wird hoffnungsvoll ein neuer Termin verkündet: 23. bis 25. Juli 2021. Sollte, wie von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigt, jeder Bürger bis zum Sommer ein Impfangebot erhalten, könnte dies vielleicht sogar klappen. Dann würde in Grünefeld wieder Leben einziehen und der Ort nach der 25. Auflage in 2019 eine weitere Nation of Gondwana erleben. Von Danilo Hafer