Drei Jahrzehnte ist es nun her, dass die streng kontrollierte Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland fiel. Jeder hat zu diesem Ereignis eigene Erinnerungen, eigene Gefühle. Jetzt zeigen in einer Ausstellung im Rathaus sieben Maler und ein Fotograf mit ihren Bildern, was sie persönlich damit verknüpfen. Der MAZ erzählen drei von ihnen, was sie erlebt haben.
Fotografien von drüben
Hans-Joachim war Forstbeamter in Spandau, als die erste Grenzanlage errichtet wurde. Im Winter 1958 schritt er mit einer Kamera den Stacheldrahtzaun zwischen Spandau und Schönwalde ab: „Forstarbeiter mussten einen Mindestabstand von 100 Metern zur Grenze einhalten“, sagt der heute 90-Jährige. Der Abstand sei so festgelegt gewesen, weil Forstmitarbeiter meist Jagdwaffen dabei hatten.
Gillmeister legte seine Waffe ab und fotografierte, wie auf der Ostseite ein Haus im Grenzbereich abgerissen wurde. „Die vor dem Haus stehenden NVA-Männer haben mich gar nicht wahrgenommen.“ Dieses Bild hängt nun in der Ausstellung in Schönwalde, obwohl ihm ein großer Zeitungsverlag schon Geld für das Foto geboten hat.
Dann flossen auch Tränen
„Es war mir lieber, das Foto der Gemeinde zu überlassen“, sagt Gillmeister. Ein weiteres seiner Bilder zeigt die „Steinerne Brücke“ nahe dem ehemaligen Lindenhof. Spannend ist, dass ein Foto von der Ostseite der Brücke Gillmeisters Aufnahme gegenüber hängt. Es stammt vom schon verstorbenen Ekkehard Wagner, der für seine Fotos damals viel aufs Spiel setzte.
Ausstellung im Rathaus
Die Ausstellung anlässlich des Mauerfalls kann im ersten Stockwerk des Rathaus’ besichtigt werden.
Die Öffnungszeiten sind Dienstag von 9 bis 12 Uhr und von 15 bis 19 Uhr sowie Donnerstag von 7.30 bis 12 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Ab Ende November wird im Rathaus ein Kalender für 2020 erhältlich sein, der unter anderem die Mauerbilder der regionalen Künstler enthält.
Der Preis soll bei 5 bis 6 Euro liegen – abhängig von der Menge der nachgefragten Exemplare.
Als die Wende kam, kamen bei Gillmeister die Tränen: Im Fernsehen sah er, was im Land vor sich geht. In der Nähe war jedoch niemand, mit dem er den Moment hätte teilen können: „Meine Frau und ich wohnten im Wald. Die nächsten Nachbarn waren Wildschweine.“ Die Fernsehberichte rührten ihn zutiefst.
Der bewegende Moment
Wenn Juliane Gansen selber Mauern baut, dann nur solche, die Freude bereiten. Im Seniorenheim an der Ruppiner Straße steht so eine Mauer. Sie ist wellenförmig aus Ziegelsteinen gebaut und mit Mosaiken und glänzenden Kugeln versehen. Auch ihre Bilder zur innerdeutschen Trennung sind bunt.
Sie beschäftigte sich mit zwei gegensätzlichen Motiven: der Grenzanlage an der Steinernen Brücke und den Feierlichkeiten am Brandenburger Tor zum Mauerfall. „Ich habe mehrere Fotos von der Feier. Das fertige Bild enthält mehrere Elemente dieser Fotos“, sagt Gansen.
Die geöffnete und die gesicherte Grenze
Ihr Pastellbild der Steinernen Brücke hängt neben dem Werk von Christian Schlegel: „Herr Schlegel hat die geöffnete Grenze gemalt, ich die gesicherte“, sagt sie. Das Ende der Mauerzeit war für Gansen einer der emotionalsten Momente in ihrem Leben: „Es war eine Familienzusammenführung“, sagt sie. „Das werde ich nie vergessen.“
Waschen, Schneiden, Legen
Bereits zu Mauerzeiten malte Dieter Glathe Postkarten mit den Sehenswürdigkeiten Berlins darauf. „Amerikanische Soldaten gehörten zu meinen besten Kunden“, sagt der Künstler aus Berlin-Lankwitz, das zu Steglitz gehört. Oft reiste er mit Passierschein über die Grenze.
„Einmal hatte ich eine Cola-Dose mit einem Stöpsel verschlossen, um den restlichen Inhalt später zu trinken“, sagt Glathe. Die Grenzbeamten hielten die Dose für ein Spionagewerkzeug: „Da habe ich alles zur Demonstration ausgetrunken“, sagt er. Als er den Beamten weitere Dosenstöpsel schenken wollte, winkten sie ihn durch die Grenze.
Würstchen spendiert
Zum Mauerfall ging es dann fröhlich zu: „Am 9. November 1989 waren meine Frau Helga und ich auf dem Kurfürstendamm“, sagt der Maler. „Meine Schwester hatte dort einen Frisiersalon.“
Während ihres Besuchs im Salon seien den ganzen Abend über Ostberliner eingetreten, die zur Feier des Tages einen kostenlosen Haarschnitt bekommen haben. „Wir haben in der Nacht dann noch auf dem Ku’damm Würstchen spendiert.“
Von Vivien Tharun