Superintendent des Kirchenkreises Nauen-Rathenow Tutzschke im Interview zu Ostergottesdiensten

Vor einem Jahr, im April 2020, gab es keine Ostergottesdienste. Es war die Zeit der ersten Corona-Welle. Nun, in der mittlerweile dritten, dürfen Kirchen Gottesdienste unter strengen Regeln halten. Thomas Tutzschke, Superintendent des Kirchenkreises Nauen-Rathenow, sprach darüber mit der MAZ. Wie erleben Sie diese Osterzeit? Thomas Tutzschke: Ich bin froh, dass wir Gottesdienste in Präsenz und online feiern dürfen. Inzwischen sind die Gemeinden im Gestalten der Online-Gottesdienste geübt. So können wir dazu beitragen, dass sich die Menschen nicht anstecken. Gerade in diesen Zeiten müssen wir Hoffnung geben und Zuversicht. Wir empfehlen im Kirchenkreis, dass wir aufeinander acht geben, das ist das Gebot der Stunde. Wo es möglich ist, wo die Hygienekonzepte greifen, können Gottesdienste stattfinden. wo es zu risikoreich erscheint, wird empfohlen, darauf zu verzichten. So steht es im Osterbrief des Bischofs. Wir merken, dass sich die Menschen wirklich genau überlegen, ob sie zu einem Gottesdienst gehen und eher die Fernseh- und Onlinegottesdienste wahrnehmen. Bitte erzählen Sie von den geplanten Gottesdiensten. Am Ostersonntag findet der erste Online-Gottesdienst zum Mitfeiern um 6.36 Uhr zum Sonnenaufgang statt. Weitere Online-Gottesdienste sind ab 10 Uhr freigeschaltet. Die Gemeindekirchenräte entscheiden, ob sie an Präsenzgottesdiensten festhalten, meist sind diese unter freiem Himmel. Die Menschen müssen möglichst sicher vor Ansteckung sein. Wie hält es Ihre Kirchengemeinde Havelluch? Wir bieten einen Online-Gottesdienst mit Osterüberraschungen an, den wir zuvor in allen vier Kirchen unserer Kirchengemeinde aufnehmen werden. Unsere Gemeindeglieder erhalten vorab einen Gemeindebrief, in dem die Texte zum Mitfeiern des Gottesdienstes abgedruckt sind – eine Hausandacht sozusagen. Was raten Sie jenen, die einen Präsenzgottesdienst besuchen möchten? Wichtig ist, sich vor Ort zu informieren und sich anzumelden für die Gottesdienste, einige Gemeinden arbeiten damit. Die Politik hat zunächst die Kirchen in Deutschland gebeten, auf Gottesdienste zu verzichten. Wie hat das auf Sie gewirkt? Ich war überrascht, zumal die Kirchengemeinden schon zu Weihnachten bewiesen, dass Sie verantwortungsbewusst handeln und andere Möglichkeiten und Formen suchen und nutzen, um Gottesdienste miteinander zu feiern. Natürlich kann man auch auf die Fernseh- und Rundfunkgottesdienste verweisen, aber wir spüren selbst, wie sehr uns allen die Gemeinschaft fehlt. Deshalb ist es uns ein Anliegen, die Gemeinschaft, die Nähe der Menschen zu suchen und aufrecht zu halten, einige Gemeinden in präsenter Form, andere digital. Von Gründonnerstag bis Ostersonntag bieten die Kirchengemeinden Gottesdienste an. Einige sind in Präsenz, andere sind über das Internet zu verfolgen. Hier einige Beispiele: Schwanebeck: Es gibt Karfreitag einen Online-Gottesdienst aus der Dorfkirche in Schwanebeck. Premnitz: Gottesdienste in Präsenz Gründonnerstag 18.30 Uhr, Karfreitag um 1030 Uhr, Ostersamstag um 21 Uhr, Ostersonntag um 10.30 Uhr. Rathenow: Vor der Auferstehungskirche Karfreitag und Ostersonntag jeweils um 10 Uhr auf dem Kirchengelände. Retzow: Onlineandacht zum Ostersonntag. Buckow (Milower Land): Karfreitag 9 Uhr. 10.30 Uhr in Grütz. Ostersonntag 9 Uhr in Göttlin, 10.30 Uhr in Steckelsdorf. Rhinow und Stölln: Offene Kirchen mit Lesungen und Kirchenmusik zum stillen Gebet an Karfreitag 14-16 Uhr, Ostersonntag 9-11 Uhr. Weitere Informationen zu den Ostergottesdiensten gibt es auf Homepage des Kirchenkreises unter www.kirche-nauen-rathenow.de, in den Gemeindebriefen, den Aushängen und im MAZ-Serviceteil. Merken Sie auch als Pfarrer, dass die Infektionszahlen steigen? Ja. Ich höre immer öfter von Corona-Erkrankten im näheren Umfeld; in der Nachbarschaft, in der Familie, im Mitarbeiterkreis und in unseren Gemeinden. Ich bekomme zudem Informationen darüber von Pfarrinnen und Pfarrern aus anderen Kirchengemeinden, die schon in der zweiten Welle Menschen beerdigten, die an Corona verstarben. In der dritten Welle noch verstärkter. Ich selbst beerdigte in dieser Woche eine an Corona verstorbene Frau. Sind Online-Gottesdienste Beistand für Einsame? Ja. Es kann zum Beispiel ein wunderbares Ostergeschenk sein, wenn man seine Eltern besucht und sagt: „Guck mal, was ich hier auf dem Handy habe. Ich zeige dir den Gottesdienst, der in deiner Kirche aufgenommen wurde.“ Einsame haben die Möglichkeit zum Mitfeiern, Mitbeten und Mitsingen bei den Online-Gottesdiensten und immer mit der Gewissheit, dass sie das vor Ort zwar allein, aber dennoch in Gemeinschaft tun. Eine ältere Dame erzählte mir, dass sie einen in Berge aufgenommenen Online-Gottesdienst in ihrer Pflegeeinrichtung mit anderen zusammen anschaute. Sie war sehr ergriffen davon und freute sich sehr darüber, ihre Kirche mal wiedergesehen zu haben. Ich finde es großartig, wenn Alten- und Pflegeeinrichtungen das den Menschen dort anbieten und möglich machen. Wie geht es Ihnen bei Besuchen? Wenn ich gerufen werde oder das Gefühl habe, jemand besuchen zu müssen, gehe ich immer mit einem sehr unsicheren Gefühl dorthin. Die Sorge der Ansteckung mit dem Virus für beide Seiten ist doch groß. Inzwischen kann ich mich testen lassen, was ich auch schon gemacht habe, bevor ich jemanden besuchte, aber eine 100-prozentige Sicherheit ist es nicht. Es ist – wenn alles gut gegangen ist – nach wie vor ein gutes und glückseliges Gefühl für mich, wenn ich Menschen in schweren Zeiten begleiten oder alte, treue Wegbegleiter besuchen und mit meinem Besuch glücklich machen kann. Ich hoffe sehr, dass bald genug Impfstoff zur Verfügung steht und wir alle geimpft sind. Wie sehen Sie Kritik am Lockdown? Natürlich fehlt es auch mir, mich frei zu bewegen. Man kann sich darüber beklagen, dass man nicht in den Urlaub fahren kann oder nach Herzenslust einkaufen oder bummeln oder gemütlich essen gehen kann. Mir ist wichtig, dass wir einander haben. Es gibt so viele Menschen, die am Existenzminimum stehen, die verzweifelt sind und nicht wissen, wie es weitergehen kann und soll. Eine beängstigende, sorgenvolle und dunkle Zeit – dunkel wie der Karfreitag. Aber nach einer dunklen Zeit, kommt auch wieder eine helle, eine frohe Zeit – wie Ostern. Ich kann nur alle dazu aufrufen und ermuntern, sich während der Pandemie verantwortungsvoll zu bewegen und zu verhalten, um Menschenleben zu schützen und den Ärzten und dem Pflegepersonal in den Krankenhäusern und Intensivstationen, die schon so viele Monate um das Leben Kranker kämpfen und im Dauereinsatz sind, zu entlasten. Wir können dankbar sein, dass in den Krankenhäusern, auf den Intensivstationen durchgehalten wird. Ich bin davon überzeugt, dass wir bald wieder bessere und hellere Zeiten haben werden, aber es kommt auf das Verhalten und die Unterstützung jedes einzelnen an.Jeden Tag läuten bei uns in Berge um 12 Uhr die Kirchenglocken. Sie laden ein zum Innehalten. Ich denke dann an alle, denen ich Kraft und Zuversicht zusprechen und meinen Segen geben möchte. Was würde helfen? Impfen wird helfen. Bis dahin müssen wir uns den Verordnungen fügen und anpassen. Nur so kommen wir aus dieser Pandemie heraus und brauchen hoffentlich kein weiteres Jahr mehr, um Ostern wieder – wie in alten Zeiten – gemeinsam fröhlich feiern und laut singen zu können: Der Herr ist auferstanden! Daraus leben wir und darauf hoffen wir. Von Marion von Imhoff