Wie sich Frisörmeisterin Nicole Krebs aus Ketzin auf den Start vorbereitet

Die Ketzinerin Nicole Krebs führt seit vielen Jahren das inzwischen 102 Jahre alte Frisörgeschaft „Hausknecht“, das sie von ihren Vater übernommen hat. „Nebenbei“ ist die 53-Jährige auch die Innungsobermeisterin des Frisörhandwerks im Innungsbezirk Potsdam, zudem auch Betriebe in Potsdam-Mittelmark und im Osthavelland gehören. Die MAZ sprach mit ihr über die Situation der Innungsbetriebe in Folge der Corona-Krise und über den bevorstehenden Neustart. Noch wenige Tage sind es, bis Sie und ihre Kolleginnen wieder arbeiten dürfen. Sind die Vorbereitungen abgeschlossen? Nicole Krebs: „Ich spüre schon das Kribbeln in meinen Fingern. Ich kann es kaum erwarten, wieder im Laden zu stehen und für die Kunden da zu sein. Zehn Wochen war unser Geschäft noch nie geschlossen. Ähnlich geht es allen Frisörbetrieben, die Mitglied der Innung sind und mit denen ich gesprochen habe. Das Hygienekonzept steht, so wie es auch im ersten Lockdown funktioniert hat. Und das Terminbuch für die ersten 14 Tage ist rammelvoll. Wie haben Sie und ihre Angestellten die Zeit seit dem 17. Dezember überstanden? In meinen Betrieb sind alle Angestellten in Kurzarbeit. Sie bekommen etwa 60 Prozent ihres Lohnes, dazu null Trinkgeld. Da kann man sich ausrechnen, wie es ihnen geht. Als Unternehmerin habe ich überhaupt keine Einnahmen, aber Fixkosten wie Miete, Leasingkosten und Versicherungen. Wir haben alle kein dickes Polster, das ist nicht lange auszuhalten. Wo bleiben wir als Steuerzahler? Aber es gibt doch Überbrückungshilfen vom Staat. Haben Sie die beantragt? Ja und der Abschlag ist seit Freitag auf dem Konto. Aber was ist in der Zeit vom 17. Dezember bis jetzt? Von irgendwas muss man doch leben? Für Dezember gibt es gar nichts. Und für Januar und Februar konnten wir, besser gesagt der Steuerberater, erst nach der neuen Anordnung zu den Überbrückungshilfen, die seit wenigen Tagen gilt, einen Antrag stellen. Dann ging es wirklich schnell. Insgesamt sollen 90 Prozent der Fixkosten erstattet werden, zunächst aber gab es nur einen Abschlag. Wann der Rest des Geldes kommt, kann keiner sagen. Das ist unbefriedigend. Sie sind Oberinnungsmeisterin. Konnten Sie oder die Geschäftsführung der Innung, nicht mehr Druck machen auf die Politik, damit Frisören schneller geholfen wird? Wir haben ja Druck gemacht, haben Protestbriefe geschrieben, ich habe mit der Bundestagsabgeordneten Saskia Ludwig (CDU) gesprochen, die hier ihren Wahlkreis hat. Ich sage mal, wenn es das und die Proteste des gesamten Verbandes wie die Aktion „Licht an“ nicht gegeben hätte, könnten wir wahrscheinlich noch nicht öffnen. Mussten aufgrund der schwierigen finanziellen Situation Frisöre im Innungsbezirk aufgeben? Bisher ist mir nichts bekannt. Ich weiß, dass vielen der kleinen unserer 37 Mitgliedsbetriebe das Wasser bis zum Hals steht. Wir sind eben kein Restaurant, wir haben nichts to go. Wir haben in zehn Wochen null Euro verdient. Das schein in der großen Politik nicht richtig angekommen zu sein. Haben Sie während der Zwangsschließzeit den Kontakt mit anderen Innungsmitgliedern gehalten und sich ausgetauscht? Natürlich. Meistens per Telefon. Kürzlich hatten wir auch eine Videokonferenz. Man hilft sich mit Ratschlägen, zum Beispiel zur Hygiene. Montag geht es also wieder los. Wie voll ist das Terminbuch, was erwartet die Kunden, wenn sie in den Ketziner Salon kommen? Klar ist: Nur wer einen Termin hat, kommt dran. Bis Mitte März ist fast alles belegt, vielleicht passt der eine oder andere Herrenschnitt noch dazwischen. Ansonsten gelten die „normalen Regeln“: Maske, Abstand, Hände desinfizieren am Eingang, Corona-Zettel ausfüllen. Wir werden nach jedem Kunden die Umhänge tauschen, die gebrauchten werden sofort gewaschen. Jeder zweite Frisörstuhl bleibt frei. Für alle diese Auflagen nehmen wir einen Corona-Zuschlag von zwei Euro. Das halte ich für vertretbar. Wir danken unseren Kunden für das Verständnis, das nicht alle in der ersten Woche einen Termin bekommen können. Der Salon „Hausknecht“ betreut ja auch die Bewohner im Ketziner Seniorenzentrum „Kurt Bohm“. Dürfen Sie dort auch wieder loslegen? Ja, dort sind alle Bewohner inzwischen geimpft. Ich freue mich sehr auf die beiden ersten Montage im März, weil ich dann vor Ort, nach hoffentlich negativem Corona-Test, den Bewohnern neben der Pflege wieder ein kleines Stück Lebensqualität zurück geben kann. Von Jens Wegener