Wolfsrisse im Havelland: Für 2020 zehn Vorfälle gemeldet

Die vor wenigen Tagen vom Brandenburger Landesamt für Umwelt veröffentlichte Statistik zu den im Jahr 2020 dokumentierten Wolfsrissen im Land Brandenburg ließ aufhorchen. Der Grund: Die Anzahl ist im Vergleich zum Vorjahr erheblich angestiegen, verdoppelte sich von 417 Fällen im Jahr 2019 auf 813 dokumentierte Tötungen im Jahr 2020 nahezu. Festzuhalten ist, dass nicht alle der gemeldeten Tötungen tatsächlich auch dem Wolf als Verursacher zugeordnet werden können. Erfasst wird jedoch jeder einzelne gemeldete Fall. In der Statistik aufgeführt worden sind all jene Nutztiere, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Wolf angegriffen wurden, darunter Schafe, Ziegen, Damwild, Alpakas, Rinder und Pferde. Die Risszahlen sind bei allen aufgeführten Tierarten gestiegen. Besonders betroffen jedoch sind in Brandenburg offenbar die Halter von Schafen. Sie meldeten 2020 landesweit insgesamt 625 gerissene Tiere im Vergleich zu 279 Tieren im Vorjahr. Im Havelland vornehmlich Rinderhalter von Wolfsrissen betroffen: Ein genauerer Blick ins Havelland zeigt – auch hier kamen etliche Schafe durch Wölfe zu Schaden. Deutlich größer jedoch sind die Verluste von Rindern durch Wolfsrisse. Insgesamt wurden 2020 im Havelland zehn Fälle gemeldet. Dabei kamen insgesamt 14 Tiere zu Schaden: Neben fünf Schafen zudem acht Rinder sowie ein Damwild. Erfasst wurden vom Umweltamt sowohl Fälle, in denen Wölfe als Verursacher für die Risse sicher oder wahrscheinlich sind, als auch Fälle, in denen Wölfe als Verursacher nicht ausgeschlossen werden können oder eine Bewertung aufgrund fehlender Indizien nicht möglich ist. Nur in einem gemeldeten Fall aus dem Havelland – einem gerissenen Rind in Gülpe –, konnte der Wolf hingegen als Verursacher klar ausgeschlossen werden. Drei Vorfälle wurden hingegen klar als Wolfsriss eingeordnet: Ein Rinderriss bei Paaren im Glien Anfang März, fünf gerissene Schafe in Garlitz Ende April sowie ein gerissenes Damwild in Pessin Mitte Oktober. In drei weiteren Fällen, die zwischen Ende Februar in Paaren im Glien sowie Mitte März und Anfang April jeweils in Jerchel stattfanden und bei denen in allen drei Fällen ein Rind zu Schaden kam, konnten Wölfe als Verursacher zumindest nicht ausgeschlossen werden. Bei zwei im Mai 2020 gemeldeten Fällen aus Neu Dessau und Zootzen war indes laut Umweltamt keine Bewertung hinsichtlich des Einwirkens von Wölfen möglich. Auch hier kam jeweils ein Rind zu Schaden. Ein im März aus Nauen gemeldeter Fall eines Rindes ergab schließlich, dass hier offenbar eine Krankheit ausschlaggebend für den letztlichen Verlust des Tieres war. Vornehmlich hauptberufliche Landworte von Vorfällen betroffen: Spannend bei Durchschau der Statistik sind zwei weitere Erkenntnisse: Betroffen waren im Havelland in neun der zehn gemeldeten Vorfälle Tiere, die zum Haupterwerb gehalten wurden. Allein die fünf gerissenen Schafe aus Garlitz wurden aus einer Hobbyhaltung gemeldet. Der Schafhalter war zugleich der einzige Besitzer, der angab, sich an Mindeststandards und Empfehlungen der Brandenburgischen Wolfsverordnung (BbgWolfV) gehalten und seine Tiere somit in ordnungsgemäß gekoppelten, wolfsgeschützten Bereichen gehalten zu haben. In den neun weiteren gemeldeten Fällen aus dem Havelland hatten die Besitzer angegeben, dass die Mindeststandards und Empfehlungen der Wolfsverordnung nicht eingehalten worden waren. Acht der zehn Vorfälle fanden im ersten Halbjahr des Jahres 2020, zwischen Ende Februar und Ende Mai, statt. Zwei weitere Fälle waren Mitte September (Gülpe) und Mitte Oktober (Pessin) gemeldet worden. Landesjagverbands-Präsident: Maßnahmen der Wolfsverordnung allein schützen vor den Tieren nicht: Dirk-Henner Wellershoff, Präsident des Landesjagdverbandes Brandenburg (LJVB), erklärte im Zuge der nun veröffentlichten Zahlen des Landesamtes für Umwelt: „Es führt kein Weg an der Festlegung eines ,Akzeptanzbestandes’ und einer Bestandsregulierung vorbei. Niemand will den Wolf ausrotten, aber sein Bestand muss reguliert werden. Der günstigste Erhaltungszustand ist längst erreicht!” Mit Blick auf die Maßnahmen durch die Wolfsverordnung erklärte er zudem: „Der Schutz der Weidetiere durch angemessene Maßnahmen ist ein Mittel der Wahl, um Wolfsübergriffe zu begrenzen. Verhindert werden sie damit nicht, wie die Rissstatistik zeigt.“ Von Nadine Bieneck