Interview mit Birkenwerders Bürgermeister Stephan Zimniok

Stephan Zimniok ist seit dem 20. Mai 2015 Bürgermeister der Gemeinde Birkenwerder. Über Zehdenick, wo er geboren wurde, Dannenwalde, wo er aufwuchs und Berlin, wo er 20 Jahre Polizist war, kam der Verwaltungschef schließlich nach Birkenwerder. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Birkenwerder liegt unmittelbar vor den Toren Berlins – Fluch oder Segen? Stephan Zimniok: Beides. Zunächst mal partizipieren wir von der geografischen Nähe. Viele Leute aus Birkenwerder arbeiten in Berlin, was uns Einnahmen über die Einkommenssteuer beschert. In der nahen Hauptstadt ist alles zu haben, was die Leute hier momentan noch vermissen. Im gleichen Atemzug übt die Berlinnähe Druck auf uns aus. Die Leute möchten hier herziehen und drängen auf den Wohnungsmarkt. Zuzug bedeutet, dass wir uns dem auch bezüglich der Infrastruktur stellen müssen. In den Schulen und Kitas werden die Plätze knapp und wir sind zu Erweiterungen gezwungen. Die Förderung für solche Maßnahme stockt jedoch. Es wäre schön, wenn wir für solche Aufgaben Zuschüsse bekommen würden. Immerhin sind die Umlandkommunen, so wird gesagt, gewissermaßen die Herzkranzgefäße Berlins, ohne deren Funktionieren das Herz der Hauptstadt nicht schlagen würde. Rund 20 000 Fahrzeuge, die sich täglich auf der B 96 durch den Ort quälen – hat Birkenwerder ein Verkehrsproblem? Zimniok: Das ist in der Tat eine gewaltige Blechlawine. Gerade haben wir gemeinsam mit den Umlandkommunen Hohen Neuendorf, Glienicke/Nordbahn und der Gemeinde Mühlenbecker Land die Erarbeitung eines interkommunalen Verkehrskonzeptes in Auftrag gegeben. Im Ergebnis sollen die Verkehrsströme zwischen uns und den angrenzenden Berliner Bezirken optimiert und möglichst auch reguliert werden. Wir müssen in dieser Frage einfach aufeinander zugehen. Eine Kommune alleine kann da gar nichts ausrichten. Das geht nur gemeinsam. Parallel haben wir gerade die Ausarbeitung eines kommunalen Verkehrskonzeptes ausgeschrieben. Nach meinem Dafürhalten gibt er vor allem ein Zauberwort. Und das lautet? Zimniok: ÖPNV, ÖPNV und nochmals ÖPNV. Der Öffentliche Personennahverkehr muss gut sein, um Autos von der Straße zu bekommen. Voraussichtlich ab Dezember wird deshalb eine Buslinie in Betrieb gehen, die vom Waldfriedhof in Birkenwerder bis zur Havelbaude nach Hohen Neuendorf reicht. Es ist das erste Mal, dass auf Initiative der Gemeinde eine Buslinie durch Birkenwerder führen wird. Auf der Strecke liegen alle wichtigen Orte und zentralen Anlaufpunkte wie beispielsweise unser Bahnhof oder die Haltepunkte der Heidekrautbahn. Das Projekt kostet uns jährlich eine halbe Million Euro. Nicht gerade ein Pappenstiel. Eigentlich wäre das eine Aufgabe des Landkreises gewesen, aber der hat bislang in dieser Frage nicht reagiert. Deshalb bin ich froh, dass die Gemeindevertreter Birkenwerders der Investition in diese Buslinie zugestimmt haben. Gibt es einen Konflikt zwischen alteingesessenen Leuten aus Birkenwerder und zugezogenen Leuten? Zimniok: In den Gemeindevertretersitzungen kommt das ab und zu mal hoch. Ich hoffe nicht, dass sich das fortsetzt und werde persönlich alles dafür tun, derartige Konflikte abzubauen. Wir sind doch alle Birkenwerderaner. Ich bin auch in Zehdenick geboren und Dannenwalde aufgewachsen und fühle mich trotzdem hier daheim. Birkenwerder ist jetzt meine Heimat. Gerade beim gemeinsamen Feiern, wie zum Beispiel während des traditionellen Birkenfestes erlebe ich immer wieder, wie die Menschen hier zusammenkommen und sich als eine große Familie fühlen – von der Fleischereifachverkäuferin bis hin zum Klinikdirektor. So muss es sein. Und wenn ich das spüre, macht es gleich noch einmal so viel Spaß, als einstiges Dorfkind, das ich war, hier Bürgermeister zu sein. Denn auch Birkenwerder ist sehr ländlich geprägt. Man hört, dass sich wieder etwas im alten Wasserwerk tut. Was steckt dahinter? Zimniok: Es hat sich ein Verein gebildet, der Kulturpumpe e. V., der in dem denkmalgeschützten Gebäude, dass schon Jahre nicht mehr genutzt wird, eine kulturgeprägte Begegnungsstätte einrichten möchte. Ich finde das eine tolle Idee und wünsche den Leuten bei der Umsetzung das dafür notwendige Glück und Geschick. Die Gemeinde könnte die Aufgabe, das Gebäude instand zu setzen und auf Niveau zu bringen nicht stemmen. Wir haben einen Nutzungsvertrag mit dem Verein und hoffen, dass dieser irgendwann dort stabil aktiv sein wird. Das geht auch sicherlich nur über die Kraft des Ehrenamtes. Apropos Ehrenamt – das spielt in Birkenwerder vermutlich auch eine ganz große Rolle. Zimniok: Das kann man so sagen. Wir führen deshalb im März einen Ehrenamtsempfang durch. Das machen wir so, seit ich hier Bürgermeister bin und verzichten dafür auf den obligatorischen Neujahrsempfang. Aus jedem Verein der Gemeinde wird jemand eingeladen. Und dann können die Leute einen Abend lang nach Herzenslust netzwerken und sich bei Kultur, Musik und Essen und Trinken miteinander austauschen und verständigen. Wenn ich Ihnen 20 Millionen Euro für Ihre Gemeinde sponsern könnte, was würden Sie damit tun? Zimniok: Könnten Sie mir vielleicht auch 80 Millionen geben? Es gibt noch so viele Dinge zu tun. Zum Beispiel wollen wir das Bahnhofsumfeld gestalten und attraktiv für die Leute machen. Aber das ist ein langwieriger Prozess. Von drei Flächen, die wir dazu benötigen, konnten wir als Kommune erst eine erwerben. Aber wir bleiben am Ball und werden nicht locker lassen. Unser Motto lautet: Erfolg durch Penetranz. Und wer weiß, wenn Bahnhof und Umfeld erstmal aufgepeppt sind, vielleicht hält dann auch mal ein Regionalexpress bei uns in Birkenwerder. Von Bert Wittke

Birkenwerder - Erfolg durch Penetranz