Weg voller Müll im Wald – Privatmann ruft zu Aufräumaktion auf

Die Sonne strahlt, frische Waldluft strömt in die Lunge, die Vögel zwitschern und dann das: Der komplette Waldweg wird plötzlich von einem gewaltigen Haufen aus Trümmern blockiert. Aber es ist nicht nur eine Wagenladung, sondern auf etwa 30 Metern oder mehr reiht sich Haufen an Haufen. „Das sieht aus, als seien dort mehrere Fuhren illegal entsorgt worden“, sagt der Mühlenbecker Revierförster Carsten Voigt. Er war es auch, der den Umweltfrevel Ende Januar aufgenommen hatte. Zuvor hatte er bereits mehrere Hinweise von Wanderern und Jägern erhalten. Die Menge schätzt Voigt auf rund 50 Kubikmeter. Da Türrahmen, Fenster, Verschalungsteile und Möbelreste in dem Unrat zu finden sind, könnte es sich um einen ganzen Bungalow handeln. Die Oberförsterei Neuendorf habe zwar nahezu täglich mit illegalen Müllablagerungen zu tun, aber solche Mengen seien dann doch nicht alltäglich, sagt Voigt. Aber zum ersten Mal sei es auch nicht vorgekommen. Als Jogger und Besitzer von zwei Hunden ist Markus Hußner aus Birkenwerder häufig im Wald unterwegs. Über Müllhaufen ärgert er sich regelmäßig. Als Geschäftsführer der Firma Ernst Recycling hat er dann die Summen vor Augen, die eine reguläre Entsorgung gekostet hätte – zehn, 15, 20, 30 Euro. Eine winzige Summe im Vergleich zu der Bausumme des Hauses oder dem Schaden für die Natur. Doch der Riesenhaufen in Höhe des Waldparkplatzes hat auch ihn sprachlos gemacht und würde wegen Personalmangels bei der Forst und wegen bürokratischer Hürden wahrscheinlich doch längere Zeit dort liegen bleiben. Deshalb entschloss sich der junge Unternehmer dazu, mit seinen Mitteln selbst aktiv zu werden. Mit den größten Containern vor Ort: „Angesichts der großen Menge wollte ich einmal ein Zeichen setzen und die Aufmerksamkeit auf dieses Thema lenken“, sagt er. Hußner organisierte zwei seiner größten Container-Fahrzeuge mit je einem 40-Kubikmeter-Behälter samt Fahrer, stimmte seinen Plan mit der Gemeindeverwaltung und der Forstbehörde ab und rief zum Mitmachen auf. Freiwillige können nun mithelfen, den Müllberg in die beiden Container zu laden. Am kommenden Sonnabend, 27. Februar, soll es um 10 Uhr losgehen. Die erste Resonanz sei bereits überwältigend. Einige hätten sogar angeboten, vor Ort für einen Imbiss zu sorgen. Deshalb sollten die Freiwilligen neben Arbeitshandschuhen und festem Schuhwerk auch einen Mund-Nasenschutz mitbringen, so Hußner, der auch persönlich vor Ort sein will. Die Firma Ernst Recycling hat sich bereiterklärt, den gewaltigen Müllberg auf eigene Kosten abzufahren und zu entsorgen. Es werden allerdings freiwillige Helfer gesucht, um die etwa 50 Kubikmeter in den Container zu laden. Die Aktion beginnt am Sonnabend, 27. Februar 2021, um 10 Uhr im Wald zwischen Summt und Briese. Treffpunkt ist der ausgewiesene Waldparkplatz an der Einmündung zur im Bau befindlichen Autobahnbrücke Richtung Heideplan Bergfelde. Der Müll liegt in Verlängerung dieser Zufahrt und noch hinter der Stromtrasse mitten im Wald. Der Geschäftsführer von Ernst Recycling appelliert an alle Mitbürgerinnen und Mitbürger, dabei mitzuhelfen, dass Oberhavels Wälder sauber werden und auch bleiben. Der Müll beeinträchtige den Waldboden, das Grundwasser und schade den im Wald lebenden Tieren. Markus Hußner: „Unsere Wälder sind Multitalente: Erholungsort, Sauerstofflieferant, Wirtschaftsraum und das Zuhause vieler Tier- und Pflanzarten – aber keine Müllhalde. Zusammen müssen wir daran arbeiten und die illegale Entsorgung vermeiden!“ Die umliegenden Recyclinghöfe und so auch die Firma Ernst böten die Abfallentsorgung vorschriftsmäßig und umweltschonend an. Alles begann als Sero-Annahmestelle: Die Firma Ernst Recycling ist ein Familienunternehmen, das sich bereits seit Oktober 1984 mit dem Recycling von Altstoffen befasst. Begonnen wurde in der André-Pican-Straße in Oranienburg mit einer Sero-Annahmestelle. In der ehemaligen DDR hatte die Altstoffsammlung einen hohen Stellenwert, da die Ressourcen gebraucht wurden. Zunächst ging es im Betrieb nur um die Verwertung von Papier, Pappe, Altglas und Dosen – später kam das Recycling von Kraftfahrzeugen und der Schrotthandel hinzu. Inzwischen zählt der Betrieb 30 Mitarbeiter. Jeder Helfer ist willkommen: Carsten Voigt ist froh über das private Engagement. Mit dem wachsenden Müllaufkommen und ihrer schwindenden Zahl von Waldarbeitern sei die Forst nicht in der Lage, derartige Müllstellen zeitnah zu beräumen. Ein wachsendes Problem sei der Sondermüll wie Dachpappe und Wellasbest. Dieser dürfe von den Waldarbeitern aus Arbeitsschutzgründen gar nicht angefasst werden. Und so freue er sich über jeden, der mithilft, Müll aus dem Wald zu holen – am kommenden Sonnabend und auch darüber hinaus. Von Helge Treichel