Fürstenberg: Olaf Bechert hatte Corona: „Ich hätte keine 20 Jahre älter sein wollen“

Olaf Bechert (55), CDU-Kreistagsabgeordneter und Chef der Regio-Nord, erkrankte Dezember am Corona-Virus und hat noch heute mit den Folgen der Erkrankung zu kämpfen. Im Gegensatz zu seiner Frau musste er aber nicht ins Krankenhaus. MAZ: Herr Bechert, bei der Kreistagssitzung im Dezember forderten Sie per Änderungsantrag den Bau einer Oberschule in Gransee am künftigen Campusstandort Oberhavel-Nord. Allerdings musste Ihre Fraktionskollegin Katrin Gehring den Antrag für Sie verlesen, weil Sie schwer an Corona erkrankt waren. Wie ging es Ihnen damals? Olaf Bechert: Zunächst möchte ich mich für alle erhaltenen Genesungswünsche bedanken. Es hatte mich wirklich ernsthaft erwischt. Ich hatte 14 Tage lang eine akute Phase mit 39 Grad Fieber. Das ist schon heftig, wenn man sonst eine Körpertemperatur von 36,2 Grad hat. Ich war mit meiner Frau zeitgleich krank. Sie musste zeitweise ins Krankenhaus, ich konnte glücklicherweise zuhause bleiben. Meine Hausärztin hatte mir einen Medikamentenmix empfohlen, den ich einnehmen sollte. Natürlich musste ich auch viel trinken und Hühnersuppe essen – wie man das so kennt. Ansonsten war viel ausruhen auf der Couch angesagt, wirklich viel konnte ich ja nicht tun. Auch im Namen meiner Frau bedanke ich mich für die Hilfsangebote auch aus unserem entfernterem Umfeld. Das berührte uns sehr. Sie sind offen mit Ihrer Corona- Erkrankung umgegangen, haben via Facebook einige Fotos geteilt. Ja, ich habe schon versucht, über die Sozialen Medien Kontakt zur Außenwelt zu halten. Ich wollte ein Zeichen senden, dass es mich zwar erwischt hat, aber es so schlimm dann auch nicht ist. Ich muss aber zugeben, dass ich zwischenzeitlich Sorgen hatte, dass es mir auch noch schlechter gehen würde – zumal meine Frau akute Luftnot hatte. Meine Hausärztin hatte mich aber sehr gut für den Fall der Fälle vorbereitet. Wie hätten Sie denn in diesem Fall der Fälle reagiert? Ich hätte sofort den Notruf verständigt, wäre ins Krankenhaus gekommen und hätte vermutlich Sauerstoff bekommen. In diesem Fall soll man sofort reagieren, die Verläufe sind sehr dynamisch. Ich muss rückblickend auch sagen, in der akuten Phase hätte ich keine 20 Jahre älter sein wollen. Waren auch andere Menschen in Ihrem Umfeld betroffen? Ja, ich hatte in dieser Phase Kontakt mit vielen Menschen, es gab eine Liste von etwa 50 Leuten. Meine Hoffnung war natürlich, dass ich niemanden angesteckt habe. In diesem Zusammenhang möchte ich auch mit einem Gerücht aufräumen, das besagt, ich hätte viele infiziert: Es waren zwar einige Menschen in Quarantäne, aber es wurde niemand angesteckt. Ich habe mich immer an alle Vorschriften gehalten, Maske getragen, Abstand gehalten und ständig desinfiziert. Was glauben Sie, wie Sie sich dann anstecken konnten? Es muss bei meiner Frau auf der Arbeit passiert sein, sie war eine von mehreren Mitarbeitern, die betroffen waren. Wahrscheinlich haben sie es von einer Kollegin bekommen, die selbst gar keine Symptome hatte. Herr Bechert, Sie arbeiten mittlerweile wieder. Sind Sie wieder bei 100 Prozent? Nein, die Nachwirkungen schlagen jetzt leider voll durch. Ich habe Gliederschmerzen, absolute Mattigkeit, meine Hand ist taub und mein Geruchs- und Geschmackssinn funktionieren nicht richtig. Ich bin aber seit Montag nicht mehr krankgeschrieben und versuche, wieder in den Arbeitsalltag hereinzukommen. Ich hoffe, die Symptome gehen alle wieder weg. Ich versuche auch, den Körper durch leichte Anstrengungen zu fordern. Ich bin sonst sportlich, mache gern Fitness und Kraftsport. Das kann ich noch nicht machen, aber einfach spazieren gehen und sich auf der Arbeit etwas bewegen geht schon. Was denken Sie, wenn Sie mit dieser Erfahrung Coronaleugner sehen, die wieder ohne Abstand demonstrieren wollen? Trotz meiner Erkrankung bin ich kein Fan von Panikmache. Ich hatte Pech und die Erkrankung war heftig. Dennoch meine ich, alle Maßnahmen müssen moderat sein und dahingehend geprüft werden, ob sie zu den gewünschten Zielen führen. Wenn man Abstand hält, Maske trägt und immer desinfiziert, ist alles andere Schicksal. Aber sicherlich, ohne den Lockdown hätten wir vermutlich noch vollere Intensivstationen und vielleicht 50 000 bis 60 000 Infizierte pro Tag. Wir dürfen den Lockdown aber nicht ohne Weiteres ausdehnen. Dann würden die Grundlagen unserer Gesellschaft kippen. Worauf ich wütend bin, das ist das Chaos mit der Impfstrategie. An dieser Stelle versagt das Land. Unser Deutschland mit all seinem Potenzial muss doch wohl dazu in der Lage sein, für alle Bürger Impfstoff zu beschaffen. Die Impfungen sind ja in der Bevölkerung nicht unumstritten. Würden Sie sich sofort impfen lassen? Ja, ich würde mich ohne Weiteres impfen lassen, da würde ich nicht warten. Das sehen die Menschen in meinem Umfeld übrigens ähnlich. Wie viele Monate bis dahin noch ins Land gehen, vermag niemand seriös zu sagen. Wie werden Sie sich in der Zwischenzeit verhalten? Ich vermeide es, jetzt nach meiner Erkrankung, dienstliche oder gesellschaftliche Besprechungen mit einer größeren Personenanzahl durchzuführen. Wir sind heute höchstens 5 bis 6 Leute – und das mit großem Abstand. Alles andere machen wir jetzt nur noch virtuell. Zwar kann ich vielleicht nach meiner Erkrankung gerade keine Leute anstecken, aber das ist auch ein bisschen Selbstschutz. Ich möchte in dieser Phase, wo ich so geschwächt bin, nicht nochmal eine Infektion bekommen. Herr Bechert, kommen wir zurück zur Eingangsfrage. Glauben Sie, Ihr Antrag zum Oberschul-Bau für Gransee könnte eine Mehrheit finden? Die dafür veranschlagten 17 Millionen Euro sind ja kein Pappenstiel, zumal in Corona-Zeiten. Ja, gefühlt könnte es eine Mehrheit geben. Ich werde als Kreistagsabgeordneter – und zwar auf Bitten der Stadt Gransee – über den Vorgang aufklären und auch die Strategie der Stadt in diesem Zusammenhang erklären. Wir wollen den Bildungsausschuss nach Gransee holen, damit sie sich ein Bild machen können. Unsicherheiten sollen genommen und Informationen geliefert werden: Es geht hier immerhin um einen Schulersatzneubau für eine bestehende Oberschule, die 1:1 in diesen Bau umziehen soll, auch um am jetzigen Standort eine städtische Strategie für die notwendige und wünschenswert vorbildliche Weiterentwicklung des Grundschul- und Hortangebotes in einer Stadt mit Bildungsauftrag nach Landesentwicklungsplan umsetzen zu können. Mein Unterstützungsangebot für Bemühungen auch in Fürstenberg wieder ein SEK1- Schulangebot anbieten zu können, bleibt bestehen. Seit drei Jahren bin ich dort unterwegs und habe nun endlich auch vernehmen können, dass Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung, die bisher immer eine Zusammenarbeit mit bürgerlichen Ideengebern ablehnten, auch fraktionsübergreifend denken wollen. Das ist doch ein guter Start in 2021 und wird meinen Genesungsprozess bestimmt fördern. Von Marco Paetzel