Sommerempfang: Oppositionsgruppe von Gemeinde Glienicke geehrt

Neun Gründungsmitglieder einer Oppositionsgruppe, die sich im Sommer 1989 unter dem Dach der evangelischen Kirche formiert hatte, sind am Donnerstagabend beim Sommerempfang der Gemeinde Glienicke geehrt worden. Es handelt sich dabei um den „Konzilliaren Gesprächskreis“, dessen Mitglieder sich 1989 nicht mehr mit den Verhältnissen in der damaligen DDR abfinden wollten. Die Ehrenurkunden der Gemeinde erhalten Pfarrer a.D. Volkmar Gartenschläger, Andreas Lorenz, Heinz Ney, Sonnhild Müller, Ulrich Kurschnereit, Anselm Fitzkow, Ex-Bürgermeisterin Karin Röpke, Maria Andrae sowie Detlef Groth. Nicht alle allerdings konnten der Veranstaltung beiwohnen, unter ihnen Initiator Volkmar Gartenschläger. Ursprünglich sollten der Konziliare Gesprächskreis und der Archäologe Torsten Dressler zum Jahresempfang der Gemeinde am 25. März für ihr Wirken geehrt werden. Jedoch musste die Verwaltung die Veranstaltung wegen der Coronavirus-Pandemie absagen. Die Ehrungen wurden nun im kleinen Rahmen bei Kaffee und Kuchen im Partyzelt im Kirchgarten der evangelischen Gemeinde nachgeholt. „Wir wollen die Mitglieder ehren für ihren Mut“, sagte Bürgermeister Hans G. Oberlack in seiner Laudatio. Bei ihren Treffen seit dem September 1989 seien Forderungen nach Meinungs-, Presse- und Reisefreiheit geäußert worden. „Auch die Frage des Umweltschutzes und der Rechtsstaatlichkeit spielte eine große Rolle“, sagte der Bürgermeister. Es sei darum gegangen, sich die Verhältnisse sich nicht länger gefallen und sich vor allem nicht länger den Mund verbieten zu lassen. Die Kirchengemeinde sei dabei zum „Kristallisationspunkt“ geworden. Nach einem Gottesdienst am 17. September mit Andreas Lorenz als Vikar sei in einem anschließenden Treffen von 15 Glienickern eine Erkenntnis gereift: „Es muss etwas geschehen!“. Bei einem ersten Gesprächsabend zwei Tage später trafen sich 25 Gemeindeglieder, in der Woche darauf bereits 45 Teilnehmer. Die ersten Runden hätten dazu gedient, „Dampf abzulassen“ und die Zustände im Ort zu kritisieren. Beim Treffen am 3. Oktober 1989 hätten sich fast 100 Menschen zusammengefunden. Es habe sich um keine geschlossene Oppositionsgruppe gehandelt, die sich dienstags im Gemeinderaum getroffen habe, sagte Oberlack. Dennoch sei der damalige Pfarrer aufgefordert worden, „diesen staatsfeindlichen Kreis aufzulösen“. Aber davon habe man sich damals nicht einschüchtern lassen wollen. Und während in den Nebenstraßen Lkw mit Sicherheitskräften standen, seien am 24. Oktober bereits „Scharen“ in die Kirche geströmt. Die Themen: „Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung“ – letzteres als Umschreibung für Umweltschutz. „Sie haben ermöglicht, dass am 3. März 1990 die Grenze in Glienicke aufgemacht wurde und mit den ersten freien Wahlen im Mai eine neu Gemeindevertretung gewählt wurde“, sagte Hans G. Oberlack. „Dafür möchte ich Ihnen danken.“ Einige Geehrte ergriffen im Anschluss das Wort und steuerten zusätzliche Fakten und Anekdoten bei. Anselm Fitzkow stimmte mit kraftvoller Stimme einen Song aus der Wendezeit an. Allerdings habe man hinnehmen müssen, dass die Kirche nach der Grenzöffnung wieder leerer wurde. Das könnte Sie auch interessieren: Gemeinde ehrt Einwohner: „Ein Archäologe aus Leidenschaft“ Von Helge Treichel