In Gransee wird an Paul Bartsch erinnert – der Priester fiel einem Raubmord zum Opfer

Passanten, die in Gransee die Grünstraße entlang gehen oder fahren, fällt an der Fassade des Hauses Nummer 2 eine Gedenktafel ins Auge, die zwei Namen aufweist: Albert Willimsky und Paul Bartsch. Beide waren dereinst Pfarrer in der hiesigen (römisch)-katholischen Gemeinde. Paul Bartsch, der am 31. März 1901, vor 120 Jahren, in Borek/Provinz Posen das Licht der Welt erblickte, studierte an der Universität Breslau katholische Theologie. Zum Ausbildungsprogramm gehörten vier Semester Polnisch als Vorbereitung für die Seelsorge an polnischen Minderheiten in Oberschlesien oder Hinterpommern sowie an polnischen Saisonarbeitern in diversen Gebieten Deutschlands. Am 15. Februar 1925, kurz vor seinem 24. Geburtstag, empfing der junge Paul Bartsch die Priesterweihe. Er ging nach Berlin und wirkte dort als Kaplan in der Gemeinde St. Mauritius in Lichtenberg, danach in den Gemeinden Heilig Kreuz in Frankfurt/Oder und Mariä Himmelfahrt in Berlin-Charlottenburg. Kümmerte sich um deportierte polnische Zwangsarbeiter: Nach gut neun Jahren, im Oktober 1934, übernahm Bartsch als Kuratus die Seelsorge im gesamten Landkreis Cammin in Pommern. Nach der Besetzung Polens kümmerte er sich während des zweiten Weltkriegs um die in seinem Amtsgebiet hauptsächlich in der Landwirtschaft und im ländlichen Handwerk eingesetzten, nach Deutschland deportierten polnischen Zwangsarbeiter. Wegen dieser unerwünschten und offiziell nicht geduldeten „Polenseelsorge“ wurde Paul Bartsch mehrmals verhaftet, erstmals im Januar 1941 und zuletzt Anfang Mai 1943 wegen der Taufe eines polnischen Kindes. Er verbrachte von Juni 1943 bis April 1945 fast zwei Jahre im Konzentrationslager Dachau. Nach der Befreiung am 29. April 1945 blieb er zunächst im Bistum Augsburg. 1947 übertrug man ihm die Pfarrei St. Hubertus in Petershagen, gelegen östlich von Berlin im heutigen Landkreis Märkisch-Oderland. Aufgrund der Rückkehr des überaus beliebten Amtsbruders Eduard Heurich nach Petershagen erfolgte vor nunmehr 70 Jahren die Versetzung des Pfarrers Paul Bartsch nach Gransee. Hier fand er ab Januar 1948 im Alter von 46 Jahren seine neue Wirkungsstätte an einer katholischen Kirchengemeinde, die die Stadt Gransee und ihr Umland umfasste. Einheimische haben Erinnerungen an Paul Bartsch hinterlassen: Auch einige Schulzendorferinnen katholischer Konfession, die im Frühjahr 1945 als Flüchtlinge im Schloss Rauschendorf Unterschlupf fanden, nach Schulzendorf kamen und bis zu ihrem Tode dort lebten, nahmen am Gemeindeleben der Granseer Gemeinde Mariä Himmelfahrt aktiv teil und durften die innige Bekanntschaft mit Pfarrer Paul Bartsch schließen, so beispielsweise die ehemalige Schulleiterin Elisabeth Appel sowie Hedwig Gladisch und ihre kränkelnde Mutter Franziska Prüfert sowie Johanna Genschow. In ihren Erinnerungen, die schriftlich fixiert worden sind, erscheint der Geistliche Paul Bartsch als warmherziger, liebenswürdiger, einfühlsamer Mensch und Seelsorger, der über eine besondere rhetorische Begabung und begnadetes sängerisches Talent verfügte. Vor allem aber blieben seine Bescheidenheit, seine Natürlichkeit und sein unerschütterlicher Gottesglaube als Kraftquell in Erinnerung. Doch leider war Paul Bartsch nur eine kurze Zeit in seinem Amt als katholischer Pfarrer in Gransee vergönnt, denn er fiel am 23. März 1950, genau eine Woche vor seinem 49. Geburtstag, auf dem Rückweg von einer Seelsorgefahrt einem feigen Raubmord zum Opfer. Nur wenige Kilometer von Gransee entfernt wurde der Leichnam des Erschlagenen gefunden. Dieser heimtückische Mord, noch dazu an einem Geistlichen der katholischen Kirche verübt, sollte in der noch jungen DDR ein Tabu bleiben. Doch der Fall ließ sich nicht verheimlichen. Er sorgte für großes Aufsehen und Empörung in der Öffentlichkeit. Ein endlos scheinender Trauerzug mit 60 Priestern, 11 evangelischen Geistlichen und hunderten Christen und Nichtchristen begleitete nach dem Pontifikalrequiem seinen Sarg von der Grünstraße bis zum außerhalb der Altstadt gelegenen städtischen Friedhof an der Templiner Straße. Das Grab des Seelsorgers wird noch heute gepflegt: Der oder die Täter wurden, so die offizielle Version, nicht ermittelt und blieben, ob gewollt oder ungewollt, unerkannt. Die Ermittlungen wurden bereits nach wenigen Monaten am 15. August 1950 eingestellt. Das Grab von Paul Bartsch, bestehend aus einer Grabplatte mit Inschrift, befindet sich auf dem Granseer Friedhof linkerseits des Hauptweges zur Leichenhalle. Das Grundstück des einstigen katholischen Pfarramtes in der Grünstraße 2 in Gransee, an dem die Gedenktafel für Paul Bartsch befestigt ist, gehörte einst einem Granseer Ackerbürger, der es an die katholische Kirche verkaufte. Das dort im neoromanischen Stil erschaffene Gotteshaus bestand aus einem Betsaal sowie einem Glockenturm mit Glockenstuhl und zwei Glocken. Es wurde 1911 eingeweiht. Von Carsten Dräger