Oberhavel Verwaltungschefs zwischen Krisenmanagement und Auszeit

Sie haben das Kommando in den Kommunen des Landkreises Oberhavel. In diesen Tagen noch mehr als vor der Corona-Krise. Die Zeit verlangt beinahe täglich neue und schnelle Entscheidungen und längst ist es kaum noch möglich, zuvor den Rat zu kontaktieren oder gar Beschlüsse von Gemeindevertretern oder Stadtverordneten einzuholen. Die Rede ist von den Bürgermeistern und dem Granseer Amtsdirektor. Wie meistern diese Frauen und Männer die steigenden Anforderungen der Verwaltungsarbeit. Womit beschäftigen sie sich, wenn trotz der Arbeit und der Bereitschaftsdienste mal Zeit zum Ausruhen und Abschalten ist? „Ich bin täglich in der Verwaltung“, sagt Amtsdirektor Frank Stege. Um 9 Uhr tage regelmäßig der Krisenstab. Dann werde die aktuelle Lage im Gebiet des Amtes Gransee und Gemeinden erörtert und die Situation in den Kitas und Schulen sowie bei den freiwilligen Feuerwehren besprochen. Außerdem lade man sich immer Gäste zu den Sitzungen ein, die berichten, wie es in ihren Zuständigkeitsbereichen aussieht. Olaf Bechert von der Regio Nord war bereits da sowie der Vorstand des Unternehmervereins, Mitarbeiter des Amtswirtschaftshofes oder auch Revierpolizist Thomas Schröder. „Wir wissen doch, wie es ist, rund um die Uhr da zu sein“, sagt Frank Stege. Schließlich praktiziere man seit Jahren einen 24-Stunden-Bereitschaftsdienst. Was dem Amtsdirektor fehlt, sind die persönlichen Kontakte. „Eigentlich sitze ich meinen Gesprächspartnern lieber direkt gegenüber, wenn es etwas zu besprechen gilt“, sagt der Verwaltungschef des Amtes. Dann könne man sich gegenseitig in die Augen schauen und Probleme oft viel schneller klären, als über den Umweg von E-Mails oder Telefonaten. Allein die gegenwärtige Situation verbiete dies nun jedoch oftmals. „Wir sind dennoch bestens vorbereitet“, sagt Frank Stege. Und man habe beim Erarbeiten der Notfallpläne Hilfe gehabt. Jörg Blumenthal, Ruheständler aus Altlüdersdorf, habe früher mal beim Katastrophenschutz gearbeitet – erst im Altkreis Gransee, später im Kreis Oberhavel. „Super, dass wir diesen Mann haben“, freut sich der Amtsdirektor. Jörg Blumenthal habe beim Aufstellen der Krisenpläne entscheidende Hilfe geleistet. Erreichbarkeit der Leute, Ansprechpartner, zur Verfügung stehende Fahrzeuge – der Mann habe einfach alles im Blick. Abschalten in den Wäldern rings um Dollgow: Da kann dann auch der Amtsdirektor tatsächlich mal abschalten, wenn er nicht im Dienst ist oder Bereitschaft hat. „Wir haben es gut“, sagt Frank Stege. „Wir wohnen in Dollgow. Wasser und Wald sind nicht weit entfernt. Da bieten sich Spaziergänge mit der Familie und dem Hund geradezu an. Ansonsten nutze er die Zeit, um das kleine Wäldchen, was zum heimischen Anwesen gehört, mal richtig durchzuforsten. Außerdem hat sich Frank Stege vorgenommen, mal den Rasentraktor auseinanderzunehmen, zu säubern und wieder zusammenzusetzen. „Als gelernter Landmaschinenschlosser sollte ich das eigentlich schaffen“, sagt der 59-Jährige. Immerhin funktioniere bei diesem Gerät immer noch alles mechanisch und sollte daher problemlos zu durchschauen sein. Bernd-Christian Schneck: Stolz auf die Verwaltungsmannschaft: Auch bei Bernd-Christian Schneck tagt inzwischen täglich der Krisenstab. „Vieles muss jetzt ausschließlich über das Handy funktionieren“, sagt der Bürgermeister der Gemeinde Löwenberger Land. Zudem tausche er sich so oft es geht mit dem Vorsteher der Gemeindevertretung, Axel Klicks, aus, der zugleich auch Direktor der Schule ist. Die Notbetreuung in den Kitas, Kontrollfahrten mit Blick auf die Einhaltung der Eindämmungsverordnung, Gewerberegisterauszüge für Firmen, die finanzielle Hilfen beantragen wollen – dies seien jetzt nur einige Schwerpunkte der Arbeit. Er sei stolz, sagt der Bürgermeister, dass seine Verwaltungsmannschaft so prima mitziehe und, dass sich auch andere gesellschaftliche Kräfte aufopferungsvoll um gegenseitige Hilfe und Solidarität unter den Einwohnern bemühen. David und der Sandkasten müssen warten: Der Während der Auszeiten von der Krise, bemüht sich Bernd-Christian Schneck, viel an der frischen Luft zu sein. Gartenarbeit sei ein Gebot der Stunde. Dort habe er gerade einen Sandkasten gebaut. Der sollte eigentlich am 31. März, wenn Enkel David seinen ersten Geburtstag feiert, gemeinsam eingeweiht werden. Nun aber sei Tochter Nora mit ihrer Familie daheim in Berlin geblieben. Zudem kümmert sich der Gemeindebürgermeister gemeinsam mit seinem Bruder und dessen Familie um die Eltern. Die haben die 80 Jahre bereits überschritten und sollten dieser Tage besser nicht aus dem Haus gehen müssen. Kein normaler Arbeitstag mehr im Rathaus: Die knapp bemessende Freizeit versucht auch Martina Schnur mit Spaziergängen in der Natur zu genießen. Seit dem 9. März ist Schnur kommissarische Bürgermeisterin der Ackerbürgerstadt Liebenwalde, da der amtierende Bürgermeister Jörn Lehmann krankgeschrieben ist und voraussichtlich am 6. April zurückkehren soll. Von einem „normalen“ Arbeitstag im Liebenwalder Rathaus ist laut Martina Schnur keine Rede mehr: „Die Hälfte der Verwaltung ist im Rathaus, die andere Hälfte arbeitet von zu Hause. Wir treffen uns jeden Morgen um 8 Uhr zu einem Meeting, um aktuell auf die Umstände reagieren zu können.“ Dabei werden alle machbaren Vorsichtsmaßnahmen eingehalten, erklärt Schnur: „Er gilt seit einiger Zeit ein Betretungsverbot für das Rathaus, wir sind aber per Briefweg und Mail zu erreichen. Wir haben zudem ausreichend Desinfektionsmittel und Handschuhe im Haus.“ Ein großer Rückhalt für Martina Schnur ist dabei ihr Ehemann, der ihr im heimischen Haus den Rücken frei hält und immer an ihrer Seite steht. Von Bert Wittke

Oberhavel - Verwaltungschefs: Wie gelingt ihnen der Spagat zwischen Krisenmanagement und Erholungspausen