Zootzen: Zootzen ist schöner als Thailand

„Endlich wieder zurück“, jubeln Renate Wiesner und Jürgen Ziebarth. 2019 hatten die beiden ihr Haus in Zootzen verkauft und sind mit Sack und Pack dem Sohn ins ferne Tailand nachgezogen. Eineinhalb Jahre später sind sie froh, wieder den Boden der Heimat unter den Füßen zu haben, Schnee zu sehen und märkische Wälder zu riechen. Gefehlt, so die 88-Jährige, haben in Südostasien vor allem zwei Dinge: Ruhe und Jahreszeiten. „Man hat ja keine Ahnung, ob es Juni oder Dezember ist“, sagt sie. Der einzige Unterschied bestehe in den Blumenarten, die gerade blühen. Und laut sei es immer, gleich ob durch frisierte Mopeds oder die allgegenwärtigen Mönche. Auf Spaziergänge an der Havel im bevorstehenden Frühjahr freue sie sich schon besonders, lacht Renate Wiesner. Wasser und Wald ringsum: Ruhe und Natur – das macht Zootzen aus. Mit dem Stolpsee im Norden der rund 270 Einwohner zählenden Siedlung und der Havel, die sich östlich von ihr vorbeischlängelt, ist mehr als genug Wasser vorhanden. Im Ort ist die „dicke Linde“ das Wahrzeichen von Zootzen. Um 1750 herum soll sie der erste Dorfschulze gepflanzt haben, ein Teerschweler namens Johann Christian Lexow. Beeindruckende 6,50 Meter Umfang misst der Stamm am Boden, die Krone ist von Blitzeinschlägen der vergangenen 270 Jahre gezeichnet. Wenn auch deformiert und ausgehöhlt, ist Stamm nach wie vor stabil und die Ausguck-Höhle in gut drei Metern Höhe für fast jeden, der hier aufgewachsen ist, ein fester Bestandteil der Kindheitserinnerungen. Reinhard Wernicke gehört zu diesem Kreis. Der 66-Jährige ist hier geboren und hat, mit Ausnahme von sechs Jahren, die er zur Ausbildung im Stahlwerk Hennigsdorf war und auch in dieser Stadt lebte, seinem Zootzen immer die Treue gehalten. Wie viele andere schätzt er Natur und Ruhe im Dorf. „Die Gegend ist einfach schön“, sagt er. Allerdings habe sich das Lebensgefühl in den vergangenen Jahren etwas eingetrübt. „Es kommen zu viele Fremde, die denken, dass mit ihnen nun alles anders werden muss“, kritisiert er. Ein Umstand, der auch Fritz Helm leicht sauer aufstößt. „Wenn die alten Leute sterben, sind ihre Kinder meist schon weggezogen, die Häuser werden verkauft“. Und bei den heutigen Immobilienpreisen habe kaum ein Einheimischer die Chance, zum Zuge zu kommen. Die neuen Eigentümer seien, wenn überhaupt, nur am Wochenende vor Ort. „Und so sieht es dann auch aus“, kritisiert er. Der Ausverkauf sei nicht gut für die Dorfgemeinschaft. Und wie die meisten Einwohner stört er sich am Zustand der Landesstraße 214, die von Bredereiche über Zootzen nach Fürstenberg führt. Deren Unebenheiten sorgen auch bei seinem Sohn Matthias öfter mal für Unbehagen. Nämlich dann, wenn auf einer der Ladeflächen seiner Lkw wieder etwas zu Bruch geht. Das 46-Jährige führt die von seinem Vater gegründete Tischlerei, beschäftigt mittlerweile knapp 30 Angestellte. Es gebe bestimmt bessere Standorte, schmunzelt er. Aber hier sei die Firma gewachsen, und die Mitarbeiter „wohnen alle um den Kirchturm herum“, zählt er die Vorzüge auf. Zudem würden auch umziehen und neubauen viel Geld kosten. Und da sein Unternehmen eher im größeren Stil produziere, sei man eher nicht auf Laufkundschaft angewiesen. Und was die Straße angeht: „Wir zählen auf die Regio Nord. Die sind dran am Thema“, sagt er optimistisch. Daher sei es nie eine Überlegung gewesen, Zootzen zu verlassen. Eine Überlegung, die Renate Wiesner und Jürgen Ziebarth zwar hatten, aber heilfroh sind, wieder zurück zu sein. Sie stellen klar, dass Thailand für einen Urlaub „wunderschön“ ist. Aber eben nicht, um dauerhaft dort zu leben. Dafür sei vieles zu verschieden. Und Palmen an traumhaften Sandstränden können eben keine märkischen Wälder ersetzen. Von Björn Bethe