Hennigsdorf: Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) schaut sich das „schnellste Fahrrad der Welt“ an

Und dann rauscht er in seiner schwarzen Limousine auf den Gewerbehof Nord. Vor dem Firmensitz von E-Rockit wartet schon eine Traube Medienvertreter aus der ganzen Republik. Großer Bahnhof für das kleine Hennigsdorf: Am Dienstagvormittag war Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer zu Besuch, der CSU-Mann wollte sich eine echte Innovation made in Hennigsdorf anschauen: Das E-Rockit. Das sei nicht mehr und nicht weniger als die Mobilität der Zukunft, frohlockte Gründer Andreas Zurwehme, der dem CSU-Minister die Kreuzung aus Fahrrad und Motorrad vorstellte. Dabei steht der Mensch im Mittelpunkt: Tritt der Fahrer in die Pedale, wird je nach Fahrverhalten seine Muskelkraft gemessen und um den Faktor 50 verstärkt. So kann das E-Rockit auf bis zu 90 Stundenkilometer beschleunigen – bei einer Reichweite von 120 Kilometern. „Ich bin schnell, wendig, agil und emissionsfrei. Das heißt, ich löse damit das Problem der Verkehrsdichte von Berlin über Shanghai bis nach Mexiko-City. Dafür suchen alle Städte eine Lösung“, erklärt Zurwehme. Indien ist auf das E-Rockit gekommen: Rund 1400 Anfragen aus aller Welt habe das Hennigsdorfer Unternehmen derzeit vorliegen. „Darunter sind auch mehrere große Zweiradkonzerne aus dem asiatischen Bereich, mit denen wir aktuell in Gesprächen über Kooperationen sind“, so der Gründer weiter. Im Mai 2018 haben sich Andreas Zurwehme und seine Co-Gründer Sebastian Bruch und Monika Haupt im Gewerbepark-Nord eingemietet, um das E-Mobil zur Marktreife zu bringen. Verkehrsminister Scheuer erklärte, dass etwa 20 Prozent der Lasten in einer Metropolregion mit Lastenfahrrädern oder ähnlichen Vehikeln abgebildet werden. Gut sei, dass das E-Rockit vom Chassis her veränderbar sei – also etwa auch eine Rikscha oder ein Dreirad werden könne. Das E-Rockit sei auch nur das erste Produkt des 2014 gegründeten Unternehmens, es sollten viele weitere entwickelt werden – das sei die Vision. „Wir sind ja nicht nur auf den Asphalt beschränkt, wir können auch über das Wasser nachdenken. Man denke mal ein bisschen an Jetski“, erklärte Andreas Zurwehme. Es sei auch nicht so, dass immer nur eine Person auf dem Gefährt unterwegs sein könne. Damit wird es für viele Märkte interessant: alleine Indien avanciere gerade zum größten Elektromobilitätsmarkt der Welt. „Die wollen innerhalb von zehn Jahren ihre Zweiräder elektrifizieren. Wir sprechen da über mehrere hundert Millionen Fahrzeuge in diesem Land“, so Andreas Zurwehme. Corona hat dem Unternehmen zugesetzt: Das Potenzial hat auch Roland Schatz von der UNGSII-Stiftung erkannt, die sich für die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen einsetzt. „Für uns ist es wichtig, dass in Indien, Indonesien oder Vietnam die Busse, die Abgas in die Luft pesten, ersetzt werden.“ Man spreche bei der nachhaltigen Entwicklung der Städte immer von der „letzten Meile“, möglichst ohne Lkw in die Innenstadt zu lassen. „Wie sollen aber die Güter zum Restaurant oder zu den Läden kommen? Auch hier kann der Antrieb aus Hennigsdorf in einer Art Kleinlaster Güter in die Städte bringen – sauber und mit einer smarten Technologie“, erklärte Schatz. Dass die Innovation aus Brandenburg komme und das Potenzial für diese großen Märkte habe, sei es, was die Vereinten Nationen interessiere und weshalb man sich gerne dafür engagiere. Doch die Corona-Pandemie hat auch das Hennigsdorfer Unternehmen mit voller Wucht getroffen. „Aber jammern gilt nicht. Wir arbeiten hier alle an der Belastungsgrenze“, so Andreas Zurwehme, der derzeit 15 Mitarbeiter hat. Eigentlich wollte er in diesem Jahr schon neue Leute einstellen, nun soll es 2021 klappen – es könnten bis zu 60 Mitarbeiter werden. „Wenn man auch in Deutschland noch ein bisschen mehr für die Elektromobilität tut, wäre das möglich“, so Zurwehme. Der Besuch des Ministers habe ihn gefreut. „Er hat den Führerschein für die 125er-Klasse gegen Widerstände durchgedrückt, für uns ist das toll.“ Andreas Scheuer, dem er in einer kleinen Führung auch noch die Produktion zeigte, interessiere sich sehr für das Thema E-Mobilität. „Das hat man an seinem Vokabular gemerkt“, so Zurwehme. Freuen würde er sich über eine Anschubfinanzierung, damit die Technik ihren Siegeszug in die Welt antreten könne. Die konnte der Minister freilich noch nicht zusagen. Von Marco Paetzel