Corona-Lockdown: Eltern zahlen für nicht erbrachte Leistungen bei Betreuung

Die Corona-Beschränkungen führen bei Familien zum Teil zu auch finanziellen Doppelbelastungen, da Kinder zwar zu Hause bleiben, Kita- und Hortbeiträge sowie Beiträge für das Essengeld aber trotzdem fällig werden. Aus diesem Grund hat sich Nadja Kneiske aus Hohen Neuendorf an das Sorgentelefon der MAZ gewandt. Die 35-Jährige und ihr Mann sind im öffentlichen Dienst beschäftigt und aktuell beide im Homeoffice tätig. Neben der neunjährigen Tochter wird bereits seit Anfang Dezember zusätzlich der sechsjährige Sohn aus der Kita „Zauberstein“ freiwillig zu Hause betreut, „um uns und unsere Umwelt bestmöglich zu schützen und das Gemeinwohl zu unterstützen“, so Nadja Kneiske. Damit glauben die Eltern auch im Sinne der Landesregierung zu handeln, die unter anderem zu umsichtigem und solidarischem Handeln aufgerufen hat. Freier Träger kassiert weiter Essengeld: Als sich die Mutter aber beim freien Träger Independent Living nach der Möglichkeit erkundigte, Beiträge zu reduzieren, wurde sie enttäuscht. „Auf die Frage an unsere Kita, ob ich dann nun die Zahlung für das Essengeld für meinen Sohn einstellen könnte, da er diese Leistung ja zurzeit nicht mehr nutzt, wurde ich mit einer Antwort konfrontiert, die mich sehr verärgert hat“, so Nadja Kneiske. „Da es sich bei der Betreuung meines Kindes zu Hause um eine Freiwilligkeit handelt, müssen die Kosten der Verpflegung weiter gezahlt werden.“ Immerhin 40 Euro pro Monat. Andere Weisungen seitens des Ministeriums bestünden nicht. Die Mutter hält das für kontraproduktiv beim Bekämpfen der Pandemie. „Ganz ehrlich: Da wundert es wohl kaum, dass die Kitas weiterhin gut besucht werden. Wie kann das bitte sein, dass wir weiterhin für Essen bezahlen sollen, dass während dieser Zeit nicht verzehrt wird?“ Schließlich müssten ja wegen der fehlenden Kinder auch weniger Lebensmittel beschafft werden. Theoretisch müsste somit Geld übrig bleiben. Und für die Familie bedeute das doppelte Kosten, weil stattdessen zu Hause gegessen wird. Mutter spricht von „verwirrendem Zustand“: Außerdem zieht Nadja Kneiske die Freiwilligkeit der privaten Betreuung ihrer Kinder in Frage. „Viel lieber hätte auch ich für mein Kind Vorschularbeit in der Kita und soziale Kontakte für jedermann. Aber das ist eben nun einmal nicht die Zeit dafür“, sagt sie. Ganz klar sieht sie die Politik bei diesem Thema in der Pflicht. Ohnehin sei es für sie ein verwirrender Zustand, „dass mein Schulkind nicht in der Schule lernen darf, aber mein sechsjähriger Sohn die Kita besuchen darf, in der das volle Leben tobt als wenn es kein Corona gäbe.“ Den Unterschied zwischen den größeren Kindern, die sich an AHA-Regeln halten können und kleinen Kindern, die nicht mal verstehen um was es geht, könne ihr „vermutlich keiner wirklich nachvollziehbar erklären“, mutmaßt sie. Landeskitaelternbeirat fordert Beitragserstattung: Dass die Eltern für eine nicht erbrachte Leitung zahlen sollen, empfindet auch Danilo Fischbach als Landeselternsprecher für die Kinderbetreuung als Ungerechtigkeit. Schließlich habe die Bildungsministerin dazu aufgerufen, die Kinder freiwillig möglichst zu Hause zu lassen. „Wir als Landeskitaelternbeirat fordern, dass die Elternbeiträge für den Hort erstattet werden – und auch für Krippe und Kita“, sagt Fischbach auf MAZ-Nachfrage. Kommunen, Land und Bund müssten dies miteinander regeln. „Der aktuelle Zustand zeigt das Dilemma, in dem sich die Eltern befinden, wenn keine der Ebenen Verantwortung übernimmt“, so Fischbach. Er sieht die Eltern aktuell „als Spielball der einzelnen Instanzen“ und verweist zugleich auf eine ältere Forderung: „Wir hätten das Problem nicht, gäbe es die Beitragsfreiheit wie in Berlin.“ Stadt verweist auf Landesregelungen: Die Stadt Hohen Neuendorf warte ihrerseits auf die neue Eindämmungsverordnung des Landes und dann ebenso auf die Allgemeinverfügung des Landkreises, informiert Pressesprecher Daniel Dinse auf Nachfrage. Beim ersten Lockdown habe es eine Kofinanzierung durch das Land über die Landkreise gegeben. Den Eltern, die keine Notbetreuung in Anspruch nahmen, seien die Elternbeiträge erstattet worden. „Bestenfalls gibt es wieder eine analoge Regelung“, so Dinse. Im Laufe dieser Woche erwartet er „mehr Klarheit dazu“. Für eine freiwillige Beitragsfreistellung indes sei die Stadtverwaltung nicht ermächtigt. „Hierfür müsste eine politische Entscheidung getroffen werden, da sonst die Kosten von der Kommune übernommen werden müssten, ohne die finanzielle Absicherung durch das Land“, so der Sprecher mit Blick auf einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung und die noch fehlende Landesregelung. Landtagsfraktion diskutiert über Thema: Dass diese aktuell diskutiert wird, teilte Katrin Molkentin im Namen der SPD-Landtagsfraktion mit. „Das Thema Elternbeiträge steht in unmittelbaren Zusammenhang zur Frage von Kitaschließungen“, sagt sie. Die SPD-Fraktion habe sich des Themas bereits angenommen. „Allerdings sind die Beratungen noch nicht abgeschlossen“, so Molkentin mit Bitte um etwas Geduld. Das könnte Sie auch interessieren: Zahlen ohne Gegenleistung: Freier Kita-Träger kündigt Essengeld-Regelung an Von Helge Treichel