Imkerin und Bienenfrau in Hohen Neuendorf

Zur Bienenstadt Hohen Neuendorf gehört natürlich auch ein Imkerverein. Den Vorsitz des bereits im Jahr 1948 gegründeten Vereins führt seit 2005 Christine Meinhardt. Viele Besucher des Länderinstituts für Bienenkunde kennen die 75-Jährige als die Frau, die stets Besuchergruppen betreut hat und den Honigverkauf organisiert. Bienen sind aus ihrem Leben nicht wegzudenken. Nach ihrem Landwirtschaftsstudium nahm Christine Meinhardt im Jahr 1975 ihre Arbeit im Hohen Neuendorfer Bieneninstitut auf, das ab 1974 der Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) Saat- und Pflanzgut der DDR unterstellt war. Innerhalb der Zuchtabteilung hatte sie sich auf die künstliche Besamung spezialisiert. Noch bis zu ihrem Ruhestand 2006 war sie in verschiedenen Projekten in dem 1992 gegründeten Länderinstitut für Bienenkunde tätig. Danach hat sie bis 2018 immer noch Führungen gemacht. Aktuell bringt sie Expertise noch für einige Stunden bei den Merkmalsuntersuchungen von Bienen ein. Seit 1987 ist Christine Meinhardt Mitglied im Imkerverein. Zu dieser Zeit hatte sie sich auch privat einige Bienenvölker zugelegt, die sie im Garten eines seinerzeit noch kommunalen Mehrfamilienhauses in der Hohen Neuendorfer Friedrichstraße hielt. Noch immer zeugt eine kleine gepflasterte Stelle von dieser Zeit. Die Bienenkästen allerdings stehen nicht mehr dort. Dem Verein ist Christine Meinhardt jedoch treu geblieben – so wie viele der älteren Mitglieder, welche die Imkerei irgendwann altersbedingt oder aus anderen Gründen aufgegeben haben. Nicht weniger als 98 Mitglieder zählt der Imkerverein aktuell, davon 31 Frauen. Ältestes Mitglied ist Professor Günter Pritsch aus Lehnitz, unter dessen Leitung das Länderinstitut für Bienenkunde 1992 in der Gesellschaftsform eines eingetragenen Vereins gegründet wurde. Das jüngste Mitglied zählt gerade einmal 13 Lenze, berichtet die Vorsitzende stolz. Das Durchschnittsalter liege trotzdem bei 60 Jahren. Mitarbeiter des Instituts waren von jeher sehr angesehene Mitglieder im Imkerverein, denn sie hatten Zugang zu den neuesten Forschungsergebnissen rund um die Honigbiene, zu DDR-Zeiten sogar aus dem Westen. Der Imkerverein betreut aktuell mehrere Arbeitsgemeinschaften an den beiden Hohen Neuendorfer Grundschulen sowie am Naturschutzturm in Bergfelde. Als 100. Vereinsmitglied war vor zwei Jahren Holger Mittelstädt begrüßt worden, Schulleiter der Waldgrundschule. Neun Veranstaltungen hatte der Vereinsvorstand für dieses Jahr organisiert, fast alles musste coronabedingt abgesagt werden. Christine Meinhardt bedauert das sehr. Immerhin laufe die Beratungsarbeit wieder an. Sie selbst nehme Schadensbegutachtungen bei Diebstahl, Vandalismus oder Giftschäden vor. Um letztere zu verhindern oder sich über Trachtflächen abzustimmen, stünden die Vereinsmitglieder mit den hiesigen Landwirten in Kontakt. Begrüßt würden Projekte wie Blühstreifen entlang der Felder. Aber auch der Kontakt zur Bevölkerung werde über die Internetseite des Vereins gehalten, so Christine Meinhardt. Regelmäßig gebe es Anfragen zu ausgeschwärmten Bienenvölkern oder Nestern der Fluginsekten. Im Moment werde häufig Rat zu Wespen gesucht. Gern schaut sich die 75-Jährige das bei den Betroffenen an. Ihr erster Rat gefällt allerdings nicht allen: „Versuchen Sie damit klarzukommen.“ Denn Wespen und Hornissen sind geschützt. Und ihr häufiges Auftreten sei zumeist auf den Zeitraum zwischen Ende Juli und Anfang September begrenzt. Aber gerade für Familien mit Kindern und Allergikern würden individuelle Lösungen gefunden. Andererseits bringe das Leben abseits der Großstädte zwangsläufig auch „Gefliege und Gekrabbel“ mit sich, wie Christine Meinhardt es mal bewusst unwissenschaftlich ausdrückt. Das müsse man bedenken, wenn man aus der Metropole ins Grüne zieht. Deshalb werbe sie immer für Toleranz – Bienen und auch Wespen gegenüber. In einer Radiosendung habe sie kürzlich von einem angeblich effektiven Hausmittel gegen allzu lästige Wespen erfahren: Dazu werden Kaffeebohnen oder Kaffeepulver auf einer feuerfesten Unterlage angezündet. Der Kaffee glimmt nur, aber der entstehende Rauch soll die Insekten fernhalten. In einer örtlichen Eisdiele sei diese Methode praktiziert worden. „Es war auf jeden Fall erträglich“, bilanziert Christine Meinhardt, die auch bei ihren beiden Kindern und dem Enkelkind auf mehr Gelassenheit im Angesicht von Bienen, Hummeln und Wespen hinarbeitet: „Als Erwachsener Vorbild zu sein, ist das Beste“, sagt sie. Bienenhaltung und Bienenwissenschaft sind in Hohen Neuendorf fester Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. Sowohl der am 15. Februar 1948 gegründete Imkerverein wie auch das seit 1952 in Hohen Neuendorf ansässige Bieneninstitut tragen zur Wahrung und Verbreitung von Kenntnissen in der Bienenkunde bei. Bei der Gründung des Vereins wirkten Mitglieder aus den Vereinen Oranienburg und Berlin-Hermsdorf mit. Erster Vereinsvorsitzender war August Neureiter aus Stolpe-Süd. Der Verein hat in seiner Geschichte viele namhafte Mitglieder aufzuweisen. Besonders geprägt wurde das Vereinsleben durch den hohen Anteil an aktiven Frauen, allen voran die mehr als 40 Jahre als Vorsitzende wirkende Vera Fabeck. 2018 wurde die Marke von 100 Mitgliedern erreicht. Besonders in den letzten Jahren konnten viele neue Mitglieder von den Erfahrungen langjähriger Imker aus dem Verein profitieren. Inzwischen wurden durch bürgerschaftliches Engagement mehrere Schularbeitsgruppen gegründet. Diese vermitteln imkerliches Wissen nicht nur an interessierte Schüler sondern auch, unabhängig vom Alter, an alle interessierten Hobbyimker. Kontakt und nähere Informationen unter www.imkerhohenneuendorf.de Von Helge Treichel